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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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bewundern dürfen. Kriminalrat Alexander Gerlach: nicht der Held des Tages, sondern der Versager des Jahres. Der Mann, der es mit seinen vielen Beamten und modernster Technik nicht schaffte, in zweieinhalb Monaten auch nur eine winzige Spur eines vermissten Sechsjährigen zu finden. Nein, eines Siebenjährigen, denn vor zwei Wochen, am siebten Oktober, hatte Gundram Sander Geburtstag gehabt. Hätte er Geburtstag gehabt, musste man nach so langer Zeit wohl sagen, auch wenn sich alles in mir gegen diesen Gedanken sträubte.
    Auf dem gut ausgebauten Waldweg, der etwa zwanzig Meter hinter uns fast schnurgerade von Süden nach Norden führte, bremste ein grauer Mercedes und kam hinter unseren Fahrzeugen schlingernd zum Stehen. Ein älterer und offensichtlich sehr wütender Mann warf die Tür zu und marschierte zu uns herüber. Da er die falschen Schuhe trug, rutschte er mehr, als er ging. Mehrmals rettete ihn nur ein rascher Griff nach dem nächsten Baum vor dem Sturz ins trockene Laub. Seine Laune wurde dadurch nicht besser.
    Mit grimmigem Nicken grüßte er in die Runde, reichte mir die Hand.
    »Hültner mein Name, Tag allerseits. Sorry, aber mein Navi hat mal wieder seine Tage. Ich habe mich mindestens fünf Mal verfahren.«
    Professor Hültner mochte zehn Jahre älter sein als ich, Mitte fünfzig, trug einen silbergrauen Dreitagebart zu Designerbrille, Bluejeans und einem eisblauen Poloshirt von René Lezard. Sein Händedruck war schmerzhaft kräftig. Vermutlich spielte er Golf mit gutem Handicap.
     
    Gundrams Eltern waren nicht unvermögend, weshalb wir anfangs von einer Lösegelderpressung ausgegangen waren. Der Vater war Inhaber und Chef einer kleinen Werbeagentur und schien damit nicht schlecht zu verdienen. Ich hatte das Übliche veranlasst: lückenlose Überwachung aller Festnetzanschlüsse und Handys, zwei Beamte, immer ein Mann und eine Frau, die den Eltern rund um die Uhr Gesellschaft leisteten. Nebenbei hatten wir diskret das Umfeld durchleuchtet. Gab es Angestellte der Werbeagentur, die Grund hatten, auf ihren Chef sauer zu sein? Entlassene Angestellte? Nachbarn, mit denen man im Streit lag? Missgünstige Verwandte? Aber natürlich auch: bekannte Pädophile in der näheren oder weiteren Umgebung?
    Es kam jedoch keine Lösegeldforderung. Stattdessen die üblichen Briefe und Anrufe von Witzbolden und Trittbrettfahrern – kein Wunder in Anbetracht des Aufsehens, das die Eltern erregten. Als Fachmann für Marketingangelegenheiten verfügte Mike Sander über vorzügliche Kontakte zu den Medien. Und zu meinem Leidwesen machte er in den Wochen nach dem Verschwinden seines Sohnes überreichlich Gebrauch davon.
     
    Der Gerichtsmediziner hangelte sich auf seinen glatten Ledersohlen weiter von Baum zu Baum den Hang hinab. Endlich war er bei den beiden Spurensicherern angekommen, die einen Schritt zurücktraten, und ging neben der blauen Plane in die Hocke. Wir hörten ihn eine Weile maulen und schimpfen, konnten jedoch nichts verstehen.
    Das Grab war aufgewühlt gewesen, als das Paar mit dem Pudel es vor etwa drei Stunden fand. Wer immer es angelegt hatte, hatte nicht tief genug gegraben. Wildtiere hatten sich daran zu schaffen gemacht, vermutlich auch schon das eine oder andere daraus verschleppt.
    Mit der Achtlosigkeit des Profis kramte der Professor in den schmutzigen Knochen herum. Schließlich richtete er sich auf, drückte stöhnend sein Kreuz durch und begann, den Hang wieder hinaufzusteigen, den er vor kaum zwei Minuten hinabgeschlittert war.
     
    Wenn nach einer Kindesentführung kein Lösegeld gefordert wird, dann bleiben erfahrungsgemäß zwei Möglichkeiten: Bei der Entführung ist etwas furchtbar schiefgegangen, und das Kind ist tot. Oder aber wir hatten es mit einem Sexualdelikt zu tun. Auch im zweiten Fall war nach so langer Zeit die Wahrscheinlichkeit gering, dass Gundram noch lebte. Längst waren die Alibis aller einschlägig Vorbestraften im Umkreis von zweihundert Kilometern überprüft. Es war nichts dabei herausgekommen.
    Aber all diese Überlegungen waren letztlich Spekulation. Noch immer wussten wir nicht einmal, ob wir es tatsächlich mit einer Entführung zu tun hatten. Noch immer bestand die Möglichkeit, dass Gundram einen Unfall gehabt hatte und wir aufgrund irgendwelcher seltsamer Umstände seine Leiche nicht finden konnten. Wir wussten im Grunde nichts, außer dass das Kind am Abend des fünften August nicht nach Hause gekommen war.
    Und das war das Schlimmste, nicht nur für die

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