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Alibi für einen König

Alibi für einen König

Titel: Alibi für einen König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Tey
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sind Sie mit der Essex-Sache fertig. Was macht denn Chummy?«
    »Ein ausgekochter kleiner Mistkäfer. Dem ist es sein Leben lang zu gut gegangen. Seit er anfing, im Alter von neun Jahren seiner Mama das Kleingeld zu klauen. Hätte man den mit zwölf Jahren ordentlich versohlt, dann hätte ihm das vielleicht das Leben gerettet. Nun wird er baumeln, noch ehe die Mandeln blühn. Diesmal kommt der Frühling zeitig. In den letzten Tagen habe ich jeden Abend im Garten gearbeitet. Die Tage werden schon länger. Sie werden auch froh sein, wenn Sie wieder frische Luft schnuppern können.« Und damit ging er, rosig, gesund und ausbalanciert, wie es sich für einen Mann geziemt, der zu seinem eigenen Wohl in der Jugend versohlt worden ist.
    Und Grant sehnte sich nach einem neuen Besucher aus der Außenwelt, an der er schon so bald wieder teilhaben sollte. Er war entzückt, als er das vertraute zögernde Klopfen an seiner Tür hörte.
    »Kommen Sie ’rein, Brent!« rief er fröhlich.
    Und Brent kam herein.
    Aber es war nicht der Brent, der sich das letztemal von ihm verabschiedet hatte.
    Verschwunden war die triumphierende Stimmung, verschwunden der neugewonnene Brustumfang.
    Das war nicht mehr Carradine, der Pionier, Carradine, der temperamentvolle Pfadfinder im Dschungel der Geschichtswissenschaft.
    Das war nur noch ein magerer Junge in einem sehr langen, sehr weiten Mantel. Er wirkte knabenhaft, entsetzt und gebrochen.
    Grant musterte ihn bestürzt, als er mit müden, schleppenden Schritten auf ihn zukam. Heute lugte kein Bündel Aufzeichungen aus seiner Riesentasche.
    Na schön, dachte Grant philosophisch. Es war hübsch und unterhaltsam, solange es eben gedauert hat. Irgendwo mußte ja schließlich ein Haken sein. Auf diese frivole dilettantische Art konnte man eben keine ernsthafte Forschungsarbeit verrichten und auch noch Beweise erbringen. Man erwartete ja auch nicht von einem Amateurdetektiv, daß er in Scotland Yard zur Tür hereinkam, um einen Fall zu klären, an dem die Berufskriminalisten sich die Zähne ausgebissen hatten. Weshalb sollte ausgerechnet er schlauer sein als die Historiker? Eigentlich hatte er nur vor sich selbst beweisen wollen, daß er das Porträt richtig hatte deuten können. Er hatte die Schande tilgen wollen, daß er den Verbrecher auf dem Richterstuhl, statt auf der Anklagebank vermutet hatte. Nun aber mußte er seinen Irrtum erkennen und dafür einstehen. Geschah ihm vermutlich ganz recht. Vielleicht war ihm seine Begabung fürs Gesichterlesen allmählich zu Kopf gestiegen.
    »Tag, Mr. Grant.«
    »Tag, Brent.«
    Für den Jungen war es eigentlich viel schlimmer. In seinem Alter glaubte man noch an Wunder. In seinem Alter war man immer noch überrascht, wenn ein Luftballon platzte.
    »Sie blicken ein bißchen betrübt drein«, sagte er heiter zu Brent. »Ist was schiefgegangen?«
    »Alles.«
    Carradine setzte sich auf den Stuhl und blickte aus dem Fenster. »Machen diese verdammten Spatzen Sie nicht verrückt?« fragte er irritiert.
    »Was ist denn schiefgegangen? Haben Sie herausgefunden, daß man doch vor Richards Tod über die kleinen Prinzen gemunkelt hat?«
    »Ach, viel schlimmer.«
    »Oh! Ist es was Gedrucktes? Ein Brief?«
    »Nein, nichts dergleichen. Es ist etwas viel Schlimmeres. Etwas – Fundamentales. Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll.« Er blickte finster auf die zankenden Sperlinge. »Diese verdammten Vögel. Ich werde das Buch nun nie, nie, nie mehr schreiben, Mr. Grant.«
    »Weshalb nicht, Brent?«
    »Weil es niemandem etwas Neues sagen wird. Diese Sachen sind längst bekannt.«
    »Was ist längst bekannt?«
    »Daß Richard die Knaben überhaupt nicht getötet hat und so weiter.«
    »Das weiß man? Seit wann denn?«
    »Ach, seit Hunderten von Jahren.«
    »Na, nun reiß dich mal zusammen, Freund. Die Sache ist ja erst vor vierhundert Jahren passiert.«
    »Weiß ich. Aber das ändert nichts dran. Die Leute wissen von Richards Unschuld seit Hunderten und Hunderten –«
    »Hören Sie jetzt bitte mit dem Unsinn auf und reden Sie vernünftig. Wann fing man mit dieser – dieser Rehabilitierung zum erstenmal an?«
    »Wann sie anfing? Im erstmöglichen Moment.«
    »Und der war?«
    »Als die Tudors fort waren und man wieder reden konnte.«
    »Zur Zeit der Stuarts?«
    »Ja. Ich glaube – ja. Ein Mann namens Buck schrieb im 17. Jahrhundert eine Rechtfertigung, und Horace Walpole eine im 18. Jahrhundert, und ein gewisser Markham eine im 19. Jahrhundert.«
    »Und im 20.

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