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Alice im Wunderland

Alice im Wunderland

Titel: Alice im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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die ein sehr wahrheitsliebendes Kind war; »aber kleine Mädchen essen Eier eben so gut wie Schlangen.«
     
    »Das glaube ich nicht,« sagte die Taube; »wenn sie es aber thun, nun dann sind sie eine Art Schlangen, so viel weiß ich.«
     
    Das war etwas so Neues für Alice, daß sie ein Paar Minuten ganz still schwieg; die Taube benutzte die Gelegenheit und fuhr fort: »Du suchst Eier, das weiß ich nur zu gut, und was kümmert es mich, ob du ein kleines Mädchen oder eine Schlange bist?«
     
    »Aber mich kümmert es sehr,« sagte Alice schnell; »übrigens suche ich zufällig nicht Eier, und wenn ich es thäte, so würde ich deine nicht brauchen können; ich esse sie nicht gern roh.«
     
    »Dann mach', daß du fortkommst!« sagte die Taube verdrießlich, in dem sie sich in ihrem Nest wieder zurecht setzte. Alice duckte sich unter die Bäume so gut sie konnte; denn ihr Hals verwickelte sich fortwährend in die Zweige, und mehrere Male mußte sie anhalten und ihn losmachen. Nach einer Weile fiel es ihr wieder ein, daß sie noch die Stückchen Pilz in den Händen hatte, und sie machte sich sorgfältig daran, knabberte bald an dem einen, bald an dem andern, und wurde abwechselnd größer und kleiner, bis es ihr zuletzt gelang, ihre gewöhnliche Größe zu bekommen.
     
    Es war so lange her, daß sie auch nur ungefähr ihre richtige Größe gehabt hatte, daß es ihr erst ganz komisch vorkam; aber nach einigen Minuten hatte sie sich daran gewöhnt und sprach mit sich selbst wie gewöhnlich. »Schön, nun ist mein Plan ausgeführt! Wie verwirrt man von dem vielen Wechseln wird! Ich weiß nie, wie ich den nächsten Augenblick sein werde! Doch jetzt habe ich meine richtige Größe: nun kommt es darauf an, in den schönen Garten zu gelangen – wie kann ich das anstellen? das möchte ich wissen!« Wie sie dies sagte, kam sie in eine Lichtung mit einem Häuschen in der Mitte, ungefähr vier Fuß hoch. »Wer auch darin wohnen mag, es geht nicht an, daß ich so groß wie ich jetzt bin hineingehe: sie würden vor Angst nicht wissen wohin!« Also knabberte sie wieder an dem Stückchen in der rechten Hand, und wagte sich nicht an das Häuschen heran, bis sie sich auf neun Zoll herunter gebracht hatte.
     
     
Sechstes Kapitel - Ferkel und Pfeffer.
 
    Noch ein bis zwei Augenblicke stand sie und sah das Häuschen an, ohne recht zu wissen was sie nun thun solle, als plötzlich ein Lackei in Livree vom Walde her gelaufen kam – (sie hielt ihn für einen Lackeien, weil er Livree trug, sonst, nach seinem Gesichte zu urtheilen, würde sie ihn für einen Fisch angesehen haben) – und mit den Knöcheln laut an die Thür klopfte. Sie wurde von einem andern Lackeien in Livree geöffnet, der ein rundes Gesicht und große Augen wie ein Frosch hatte, und beide Lackeien hatten, wie Alice bemerkte, gepuderte Lockenperücken über den ganzen Kopf. Sie war sehr neugierig, was nun geschehen würde, und schlich sich etwas näher, um zuzuhören.
     
    Der Fisch-Lackei fing damit an, einen ungeheuren Brief, beinah so groß wie er selbst, unter dem Arme hervorzuziehen; diesen überreichte er dem anderen, in feierlichem Tone sprechend: »Für die Herzogin. Eine Einladung von der Königin, Croquet zu spielen.« Der Frosch-Lackei erwiederte in demselben feierlichen Tone, indem er nur die Aufeinanderfolge der Wörter etwas veränderte: »Von der Königin. Eine Einladung für die Herzogin, Croquet zu spielen.«
     
    Dann verbeugten sich Beide tief, und ihre Locken verwickelten sich in einander.
     
    Darüber lachte Alice so laut, daß sie in das Gebüsch zurücklaufen mußte, aus Furcht, sie möchten sie hören, und als sie wieder herausguckte, war der Fisch-Lackei fort, und der andere saß auf dem Boden bei der Thür und sah dumm in den Himmel hinauf.
     
    Alice ging furchtsam auf die Thür zu und klopfte.
     
    »Es ist durchaus unnütz, zu klopfen,« sagte der Lackei, »und das wegen zweier Gründe. Erstens weil ich an derselben Seite von der Thür bin wie du, zweitens, weil sie drinnen einen solchen Lärm machen, daß man dich unmöglich hören kann.« Und wirklich war ein ganz merkwürdiger Lärm drinnen, ein fortwährendes Heulen und Niesen, und von Zeit zu Zeit ein lautes Krachen, als ob eine Schüssel oder ein Kessel zerbrochen wäre.
     
    »Bitte,« sagte Alice, »wie soll ich denn hineinkommen?«
     
    »Es wäre etwas Sinn und Verstand darin, anzuklopfen,« fuhr der Lackei fort, ohne auf sie zu hören, »wenn wir die Thür zwischen uns hätten.

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