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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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blödsinnigen Schlußfolgerungen wieder zum Vorschein, die sie mit eigens dafür recherchierten Daten untermauern.«
    »Aber an einem Testergebnis läßt sich nicht rütteln.«
    »Nein. Testergebnisse lassen sich manipulieren. Übrigens, wir alle sind manipulierbar.«
    »Das verstehe ich nicht, Sir.«
    »Natürlich nicht. Wenn Sie gerade erst in einen – wie Sie es nennen – Wiederverwertungskörper geschlüpft sind, glauben Sie an die Dauerhaftigkeit der Dinge. Im Augenblick gleichen Sie Narzissus, der nichts als sein Spiegelbild betrachtet und sich mit einem einzigen Teich zufriedengibt. Ach, mit Alicia wird schon alles gutgehen, davon bin ich überzeugt.«
    »Sollten Sie nicht ständig mit ihr arbeiten, damit sie den Wiederholungstest auch wirklich besteht?«
    »Sie ist erst neun.«
    Die endgültige Antwort.
     

 
3
     
    Ich weiß nicht, wie oft ich versuchte, Alicias Vater mit einem Trick dazu zu bringen, daß er über ihre Mutter sprach, wie oft ich in diesen kalten grauen Augen nach einer Reaktion auf meine schlauen Fragen forschte. Ich hatte mich auch an Alicia selbst gewandt, doch sie hatte keine Erinnerung an ihre Mutter mehr. Ich verstehe nicht, warum ich es wissen mußte. Vielleicht lag es nur daran, daß ich als Erneuerter in einem sechsundzwanzig Jahre alten Körper die romantischen Ideen meiner fast ein Jahrhundert zurückliegenden Jugend wieder aufgriff.
    Es war nicht schwer, Informationen über Alicias Mutter zusammenzutragen. Dem unternehmenden Schnüffler sind Informationen immer zugänglich.
    Sie, die erste Alicia, hatte Claude Reynals Aufmerksamkeit errungen, weil sie eine Fröhlichkeit ausstrahlte, der keine Spur der häufig bei Ausgemusterten anzutreffenden ironischen Bitterkeit anhaftete. Sie hatte nur einige wenige Lebensjahre – nun, da wollte sie diese wenigen Jahre auch voll genießen. Die Zeit damals war freizügiger. Eskapismus war das Losungswort. Qualifizierte amüsierten sich mit Ausgemusterten, und Erneuerte gaben bei geräuschvollen Belustigungen und zweifelhaften Gewohnheiten den Ton an.
    (Ich erinnere mich an mich selbst zu jener Zeit. Ich war ein alter Sonderling mit purpurnen Adern und Pockennarben, kaum imstande, den Löffel mit dem weichgekochten Ei-Ersatz zu heben, und ich zeterte gegen diese Freiheiten, die in meiner Jugend nicht erlaubt gewesen waren.) Alicias Vater und Mutter heirateten ohne große Umstände, und die Welt, die die Wichtigkeit von Prioritäten noch nicht entdeckt hatte, nahm sehr wenig Notiz davon. Sie war achtzehn und strahlte vor Lebensfreude. Er war ein gutaussehender Mann, der sich den mittleren Jahren näherte.
    Wegen einiger politischer Pamphlete, die er geschrieben hatte, war er in Ausgemusterten-Kreisen recht beliebt. Mir wurde berichtet, daß die Hochzeitsgäste ihn in ein Schwimmbecken voller Champagner warfen und daß er lachend wieder in die Höhe kam. Aber ich bezweifele diese Anekdote. Nicht nur, weil darin gewissenlos mit einer so seltenen Ware wie Champagner umgegangen wird (allerdings war damals oder ist vielleicht immer eine Begleiterscheinung des Eskapismus der Hang zum Zerstören), sondern weil ich mir unmöglich vorstellen kann, wie Alicias Vater lachend – oder auch nur lächelnd – aus jener sprudelnden Flüssigkeit auftauchte.
    Es gelang mir schließlich, aus ihm herauszuholen, daß er sie nach einigen Jahren der Kinderlosigkeit kurz vor dem Ende der ihr zugestandenen Lebensspanne absichtlich schwängerte. Nur damit er sie bei sich behalten durfte. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, erstaunt es mich, wie gut er in diesen undisziplinierten Zeiten politischen Druck auszuüben verstand.
    Er muß eine einflußreiche Persönlichkeit gekannt haben, die Erlaubnis zur Geburt des Kindes gab, statt eine Abtreibung oder eine Verpflanzung des Fötus anzuordnen. Wer mag es gewesen sein? Oder, und das ist wahrscheinlicher, waren die Leute damals so wild darauf, neue Wiederverwertungskörper zu erzeugen, daß sie auf ein Baby hofften, das sich zur gegebenen Zeit nicht qualifizieren würde? Jede politische Abweichung kann verziehen werden, wenn ein Wiederverwertungskörper auf dem Spiel steht.
    Als der Tag näherrückte, an dem Alicia I in die Erneuerungskammer geschickt werden mußte, arbeitete Claude Reynal sich durch Berge von Akten. Er suchte nach einem Schlupfloch, nach einer Sondererlaubnis. Ein besonders widerwärtiger Bürokrat sagte ihm, er könne sich glücklich schätzen, Alicias Schwangerschaft wegen eine zusätzliche Zeitspanne

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