Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
Vom Netzwerk:
ihrer Wange, die sich gegen die gesunde Röte ihrer Haut stärker abhob, schien eine tiefere Bedeutung anzunehmen.
    »Eine Seele gerettet?« fragte ich, als sie zu uns zurückkehrte.
    Alicia sah mich böse an, ärgerlich über meine Leichtfertigkeit.
    Doch Rosalie blieb ruhig.
    »Das können Sie getrost sagen«, erklärte sie und setzte sich wieder. »Martins Tag für die Erneuerungskammer ist gekommen. Er muß sich morgen zum Abtransport melden. Er brauchte geistliche Hilfe, um den Mut dazu zu finden.«
    »Dann haben Sie ihm geraten, sich zu stellen?«
    »Ja, natürlich.«
    »Warum haben Sie ihm nicht geraten davonzulaufen? Schließlich tun das viele.«
    »Das ist wahr, aber es wäre nicht das Richtige für ihn. Wer sich der Botschaft St. Ethels verschrieben, wer sich entschlossen hat, ihr sein Leben zu opfern, muß die Reise ins Beinhaus antreten.«
    »Selbst wenn er wie dieser junge Mann vor Angst fast vergeht?«
    »Heiligkeit schließt Feigheit nicht aus. St. Ethel gestand ihre Furcht ein, bevor sie sich vor dem Beinhaus anstellte.«
    »Er ist also zu Ihnen gekommen, um seine Feigheit behandeln zu lassen.«
    »Es ist normal, am Abend vor der Hinrichtung den Trost eines Priesters zu suchen. Der Mensch braucht dann die Versicherung, daß seine Seele erhalten bleibt, wenn sein Körper vernichtet wird.«
    »Und das glauben Sie? Sie glauben, daß die Seele überlebt, wenn der Körper wiederverwertet wird?«
    Rosalie lächelte. Es war ihr priesterliches Lächeln.
    »Sie verstehen die Prinzipien unserer Religion besser als die meisten von uns.«
    »Sie sind mir … äh … einmal erläutert worden.«
    »Sehr gut. Nun zu Ihrer Frage: Nein, ich bin nicht immer überzeugt davon, daß die Seele das Beinhaus, die Wiederverwertung und schließlich den Tod des Körpers überlebt. Das ist Teil der Lehre St. Ethels, aber ich bin nicht immer überzeugt davon, daß sie wirklich eine Heilige war. Trotzdem scheint der Kampf um meinen Glauben es der Mühe wert zu sein, daß ich ihm mein kurzes Leben widme. Schließlich ist es das, was die Priester immer für die Leute getan haben – sie haben um ihren Glauben gekämpft, damit die anderen die Freiheit haben, den Glauben zu ignorieren.«
    »Rosalie«, fiel Alicia ein, »diese Diskussion ist ja sehr interessant, aber wir haben …«
    »Darauf kommen wir noch, meine Liebe. Ich muß über Ihren Freund hier Bescheid wissen, bevor ich eine Entscheidung fällen kann.«
    »Welche Entscheidung?« fragte ich.
    »Ob ich Sie auffordern soll, sich uns anzuschließen.«
    »Ich soll mich Ihnen anschließen? Inwiefern? Soll ich die Doktrinen St. Ethels predigen?«
    »Nicht gerade das. Allerdings in gewisser Beziehung doch. Wir brauchen Ihr Fachwissen. Wir könnten Ihre Erfahrung brauchen, wenn Sie sich entschlössen, bei uns mitzumachen.«
    Bei diesen Worten verdrängte die brüske Art, die ich zuvor an Rosalie bemerkt hatte, den heiligmäßigen Klang ihrer Stimme.
    »Mein Fachwissen. In welchem Fach? Ich habe überhaupt keine Talente, ich …«
    »Alicia deutete an, daß Sie – nun, nicht besonders schnell begreifen. Das ist gut. Bei einem Helden ist das eine vorteilhafte Eigenschaft. Und, kurz gesagt, wir könnten die Dienste eines Helden brauchen.«
    »Machen Sie keine Witze darüber«, mahnte Alicia. »Dazu ist jetzt nicht die richtige Zeit.«
    Ich hatte Alicia noch nie so angespannt gesehen. Andauernd berührten ihre Hände Gegenstände oder Teile ihres Körpers oder Möbel und hielten niemals inne. Im Gegensatz dazu war Rosalie vollkommen ruhig.
    »Ich mache keine Witze, meine Liebe. Für unsere Sache kämpfen viele tapfere Männer und Frauen, viele, die den Tod willkommen heißen, viele, die ihn von sich aus suchen. Aber wir sind knapp an Helden, besonders an solchen, die genügend Verständnis für Psyche und Philosophie der Erneuerten haben, daß sie Pläne entwerfen können, die mehr als Augenblickserfolge zeitigen. Um es einfach auszudrücken, Mr. Geraghty, nicht viele Leute Ihrer Art kümmern sich um die Behandlung der Ausgemusterten. Einige wenige schon, aber nicht viele.«
    »Das ist ganz normal.«
    »Normal? Nicht das Wort, das ich benutzt hätte.«
    »Sie mögen recht haben. Aber Erneuerte – und jetzt haben Sie mich dazu gebracht, daß ich das Wort ausspreche, als sei ich keiner –, Erneuerte glauben im tiefsten Herzen daran, daß das System richtig ist. Die Erhaltung der besten Eigenschaften der Menschheit durch …«
    »Wir kennen die Rechtfertigungen, Mr. Geraghty. Haben Sie

Weitere Kostenlose Bücher