All the lonely people
Beziehung schürt einige lang verborgene Sehnsüchte nach bedingungsloser Liebe, Loyalität, Unterstützung.« 26
Das Vertrackte ist, dass unsere Wünsche zu Beginn der Beziehung tatsächlich in Erfüllung gehen und wir dadurch erfahren, wie sich das Glück mit diesem Menschen anfühlt. Im Stadium der Verliebtheit sind wir für einander die Größten, Schönsten, Interessantesten. Dieser Traum verwirklicht sich aber leider nur für begrenzte Zeit, dann vertreibt ihn die Realität. Normalerweise passen wir uns allmählich den Gegebenheiten an. Wir akzeptieren, dass unser Partner auch nur ein Mensch mit Fehlern und Schwächen ist und kein Märchenprinz, und dass die Frau an unserer Seite nicht so perfekt ist, wie wir es gerne hätten. Trotzdem leben wir glücklich miteinander. Wenn der andere allerdings starke eigene Probleme hat oder Verhaltensweisen zeigt, die bei uns alte Wunden aus der Kindheit aufreißen, dann gelingt |116| uns diese Anpassung an die Realität nicht mehr. Wir fühlen uns wie ein verstoßenes Kind, einsam und verlassen. Unser Wert, unsere Liebenswürdigkeit, unsere Weiblichkeit oder Männlichkeit wird in Frage gestellt. Wir haben das Gefühl, als Person ausgelöscht zu werden. Dieser Schmerz geht unendlich tief, besonders bei Frauen, die sich noch mehr als die meisten Männer eine erfüllende Beziehung wünschen und einen direkteren Zugang zu ihren Gefühlen haben. Von daher ist die Einsamkeit in der Partnerschaft oft schlimmer als die Einsamkeit, die wir allein durchstehen.
Der Kampf um eine Veränderung
W enn Sie unter Einsamkeit in der Partnerschaft leiden, dann haben Sie mit Sicherheit schon einiges versucht, um diesen Zustand zu beenden. Vielleicht finden Sie sich in einer der folgenden Strategien wieder:
Als
Frau
haben Sie
•
das Problem angesprochen.
•
die Adresse eines guten Psychotherapeuten herausgefunden und ihm auf den Schreibtisch gelegt, damit er sein Problem endlich einmal angeht.
•
einen Termin für eine Paarberatung gemacht, weil Sie selbst nicht mehr weiterwissen.
•
sich stillschweigend angepasst und gehofft, dass er dann zufrieden ist.
•
Ratgeberbücher zu dem Problem gelesen, um Hinweise für den Umgang mit ihm zu erhalten.
•
die Ursachen seines Verhaltens analysiert und mit Verständnis reagiert.
•
ihn verwöhnt, ihn liebevoll behandelt.
•
geweint, ihn angebrüllt, getobt, gestritten.
•
ihn mit Liebesentzug, Schweigen, sexueller Verweigerung bestraft.
|117| Als
Mann
haben Sie
•
ihr Geschenke gemacht.
•
etwas Besonderes für sie getan.
•
nachgegeben, in der Hoffnung, dass sie dann zufrieden ist.
•
gestritten.
•
sie mit Schweigen, Liebesentzug, Seitensprung bestraft.
Darf ich raten, was Sie bisher erreicht haben? Allerhöchstens eine leichte Veränderung. Über kurz oder lang war alles wieder beim alten. Dass Sie sich vergeblich bemüht haben, hat Ihr Gefühl der Ohnmacht noch verstärkt. Zurück bleibt der Eindruck: »Ich kann tun, was ich will, es nutzt ja doch nichts.« Diese Hilflosigkeit führt dazu, dass wir immer heftiger reagieren.
Mord im Kopf
I ch möchte Ihnen eine Frage stellen, die Sie möglicherweise schockieren wird: Haben Sie sich schon einmal vorgestellt, Ihr Partner oder Ihre Partnerin hat einen tödlichen Unfall – und Sie fühlen sich erleichtert? Der amerikanische Psychotherapeut Dan Kiley hat auf zahlreichen Vortragsreisen zum Thema Partnerschaft und in seiner eigenen Praxis festgestellt, dass solche Todesfantasien ein deutliches Anzeichen für eine länger andauernde Einsamkeit ist. 27 Dahinter steckt für ihn keineswegs verdrängte Mordlust, sondern ein kindlich-magisches Denken. Man wünscht sich den anderen weg, weil man nicht weiß, wie man das Leid auf andere Weise beenden kann.
Ohnmacht und Hilflosigkeit machen bitter. Wir fragen uns, warum andere glücklich sind, und warum uns das Leben das vorenthält. Dieses Gefühl sprach aus einer Klientin, die sich beklagte: »Bitte sagen Sie mir, womit habe ausgerechnet ich verdient, dass ich in so einer frustrierenden Beziehung stecke und keine Liebe kriege? Bin ich vielleicht ein Monster? Ich bin nett, ich bin freundlich, ich bin hübsch, ich ziehe mich gut an, ich bin tüchtig. Andere bestätigen mir das. Nur mein Mann ist niemals zärtlich und lieb zu mir. Er behandelt mich wie eine Fremde.«
|118| Wenn diese Bitterkeit in uns verborgen bleibt,
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