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Alle lieben Emma

Titel: Alle lieben Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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war.
    Mama hatte sich mal darüber aufgeregt, dass Rudi einen Brief, auf dem ihr Name stand, einfach aufgemacht hatte. Da hatte sie ihm was von einem Briefgeheimnis erzählt. Und dass man nicht einfach Sachen lesen darf, die für jemand anders bestimmt sind. Ich hab mir das Wort gemerkt, weil ich es so schön fand. Briefgeheimnis. Das klingt so spannend und geheimnisvoll. Wie aus einem Fall der Drei Fragezeichen.
    »Das ist doch etwas völlig anderes, Emma«, sagte Mama. »Hier geht es nicht um einen Brief, sondern um einen Zettel voll mit den schlimmsten Gemeinheiten.«
    Ich presste die Lippen aufeinander. Das war mal wieder typisch. Erwachsene durften ein Briefgeheimnis haben, aber Kinder nicht. So was von ungerecht!
    »Was hast du dir bloß dabei gedacht?«, wiederholte Mama. »›Vertreibungsplan‹, ›unerwünschte Eindringlinge‹, ›Auf in den Kampf‹ – ich kann gar nicht glauben, dass du das geschrieben hast. Gesa und Mona sind doch keine unerwünschten Eindringlinge!«
    »Für mich schon«, murmelte ich und biss mir gleich danach so doll auf die Zunge, dass es richtig wehtat. Aber das hatte die blöde Zunge jetzt davon. Warum musste sie auch immer alles ausplaudern?
    Mama schüttelte den Kopf. »Ich fass es einfach nicht. Dass du so gemein sein kannst. Die arme Mona so zu quälen!«
    Mamas Stimme war ganz ruhig. Das war viel schlimmer, als angeschrien zu werden. Wenn Mama so leise redete, war sie nicht mehr sauer, sondern enttäuscht. Von ihrer Stimme wurde mir ganz kalt.
    »Dabei hat Mona dir doch gar nichts getan«, sagte Mama. »Oder?«
    Ich antwortete nicht. Was soll man auf so eine Frage schon antworten? Mama fragte noch einmal: »Oder, Emma?«
    Ich schüttelte den Kopf und biss fest die Zähne zusammen, damit meine Zunge nicht entwischen und wieder alles ausplaudern konnte.
    Aber in meinem Kopf war die richtige Antwort. In meinem Kopf schrie ich: Klar hat Mona mir was getan. Sie hat mir mein Zimmer weggenommen und alles mit hässlichen Grünpflanzen voll gestellt. Außerdem nervt sie mich jeden Tag mit ihrem blöden Flötengedudel. Und jetzt will sie mir auch noch Tim wegnehmen!
    Aber würde Mama das verstehen? Nein. Deshalb hielt ich lieber den Mund. Wenn ich nichts sagte, konnte ich zumindest auch nichts Falsches sagen.
    »Pinki ist gestern nicht alleine in den Schuppen gelaufen, oder?« Mama sah mich scharf an und ich schaute schnell auf den Boden. »Du hast Monas Kaninchen versteckt! Und dann hast du dir seelenruhig angesehen, wie wir uns alle halb tot gesucht haben. Ist dir eigentlich klar, wie fies das ist?«
    Ich starrte immer noch auf den Boden. Mamas Stimme hatte mich eingefroren. Mein Körper war so starr und kalt wie einer der Steinklötze aus Papas Atelier. Steine können sich nicht bewegen. Und sprechen können sie auch nicht.
    Mama seufzte. »Ich verstehe ja, dass du durcheinander bist. Es ist bestimmt nicht leicht für dich, mit der neuen Situation klarzukommen. Aber deswegen darfst du doch nicht so gemein zu Mona zu sein. Verstehst du das?«
    Ich wusste nicht genau, ob ich das verstand. Vielleicht ein bisschen. Auf jeden Fall ruckte mein Steinkopf einmal vor und wieder zurück.
    »Versprich mir, dass du so etwas nie wieder machst, Emma.«
    Mein Kopf ruckte wieder. Keine Ahnung, wie er das machte. Ich konnte mich doch gar nicht bewegen. Ich war doch aus Stein. Aber vielleicht war das gar keine schlechte Idee von meinem Kopf, denn Mama sah schon nicht mehr ganz so böse aus.
    »Du musst dich natürlich bei Mona entschuldigen«, sagte sie.
    »Waaas?«, rief ich. »Nein! Auf keinen Fall!«
    Plötzlich war ich nicht mehr aus Stein. Nie im Leben würde ich mich bei der Nebelkrähe entschuldigen!
    Mama sah mich nachdenklich an. »Vielleicht ist es wirklich besser, wenn Mona nichts von der ganzen Sache erfährt. Das Kaninchen ist ja wieder aufgetaucht. Und es bringt niemandem etwas, wenn Mona auch noch sauer auf dich ist. Aber du musst das trotzdem wieder gutmachen. Keine Gemeinheiten mehr! Kein einziges böses Wort!« Mama nahm mir den Zettel aus der Hand, knüllte ihn zu einem kleinen Ball zusammen und warf ihn in den Mülleimer. »Ab sofort bist du nett zu Mona und kümmerst dich ein bisschen um sie. Für sie ist die Situation nämlich auch nicht gerade leicht.«
    Ich stöhnte. »Muss das sein? Wie soll ich mich denn um die Nebel..., äh, ich meine, um Mona kümmern? Ich bin doch nicht ihr Kindermädchen!«
    »Nein, natürlich nicht. Aber du könntest doch mal was mit ihr zusammen

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