Alle lieben Emma
»Vielleicht hörst du dann besser.«
In dem Moment kam Bastian auf seinem roten Fahrrad angeflitzt. Er winkte und fuhr zu den Fahrradständern.
»Geht der nicht auch auf unsere Schule?«, fragte Tim. »Bastian irgendwas. Woher kennst du den denn?«
»Aus dem Schwimmverein«, sagte ich widerwillig.
Mona sah aus, als wäre ihr gerade ein Licht aufgegangen. »Bastian? Der mit der netten Stimme? Der letztens bei uns angerufen hat? Mann, das ist doch Emmas Freund!«, erklärte sie Tim. »Wusstest du das gar nicht?«
Tim schüttelte den Kopf und sah mich überrascht an. »Nö. Seit wann das denn?«
Ich hätte Tim und Mona am liebsten in eine Rakete gesetzt und zum Mars geschossen. Der Mond war noch viel zu nah. Die beiden gingen mir gerade furchtbar auf die Nerven.
»Bastian ist nicht mein Freund!«, fauchte ich. »Wir trainieren nur zusammen, klar?«
»Klar«, sagte Mona. Aber sie grinste dabei so, als ob sie es eigentlich besser wüsste als ich.
Dafür hätte ich sie glatt erwürgen können.
Doch da kam Bastian auf uns zu und ich ließ es lieber bleiben.
»Hi«, sagte er und strahlte mich an.
Sein Lächeln haute mich beinahe um. Ich kenne niemanden, der so nett lächeln kann wie Bastian. Mir wurde ganz warm im Bauch und ich fing automatisch auch an zu lächeln. Obwohl ich doch gerade noch stinksauer gewesen war. Aber Tim und Mona waren mir plötzlich total egal. Genau genommen hatte ich sogar völlig vergessen, dass es sie überhaupt gab und dass sie direkt neben mir standen.
Bis Mona den Mund aufmachte und ihre Stimme mich in die Wirklichkeit zurückholte. Ich hörte auf zu lächeln.
»Hi, ich bin Mona und das ist Tim. Du bist Bastian, richtig? Wir haben letztens telefoniert. Ich wohne gerade bei Emma und ihrer Familie. Zusammen mit meiner Mutter. Wir mussten aus unserer Wohnung raus, deshalb sind wir erst mal nach Tupfingen gezogen. Da haben wir alle zusammen so eine Art WG gegründet, das ist richtig klasse.«
»Eine WG?«, fragte Bastian. »Klingt ja witzig.«
Mona nickte. »Ist es auch. Emma und ich teilen uns ein Zimmer. Meine Mutter kocht, dafür kauft Emmas Mutter ein und macht die Wäsche ...«
»Das interessiert Bastian doch überhaupt nicht«, sagte ich. Musste sie gleich alle Einzelheiten unseres WG-Lebens ausplaudern?
Zum Glück hielt Mona jetzt erst mal den Mund. Wir kamen zur Kasse und bezahlten unsere Eintrittskarten.
»Wollen wir uns da drüben hinlegen?«, fragte ich und zeigte auf die Wiese neben dem Kiosk. Das ist mein Lieblingsplatz, weil man sich da immer schnell ein Eis, Lakritzstangen oder Pommes holen kann.
»Da gibt's ja gar keinen Schatten«, sagte Mona. »Wir sollten uns lieber nicht in die pralle Sonne legen. Das ist total ungesund. Was haltet ihr von dem Platz dahinten, unter dem Baum?«
Sie zeigte auf eine Stelle am anderen Ende der Liegewiese, die direkt neben dem Baby-Plantschbecken lag und ungefähr hundert Kilometer vom Kiosk entfernt war. Tolle Idee! Aber bevor ich etwas sagen konnte, nickten Tim und Bastian schon und setzten sich in Bewegung.
Warum machten die eigentlich sofort, was Mona sagte? Und warum machten sie nicht das, was ich sagte? Mein Vorschlag war doch viel besser gewesen! Ich merkte, wie ich schon wieder stinksauer wurde.
Wir breiteten unsere Handtücher unter dem Baum aus und Mona fing an, Bastian auszuquetschen wie eine Zitrone. Sie wollte alles über ihn wissen: wo er wohnt, was seine Hobbys sind, in welche Klasse er geht, welche Lieblingsfächer er hat und noch tausend andere Sachen. Und Bastian antwortete sogar, statt der Nebelkrähe klar zu machen, dass sie das nichts anging und sie ihn in Ruhe lassen sollte.
Irgendwann reichte es mir. »Sag mal, willst du eigentlich ein Buch über Bastian schreiben?«, fragte ich. »Oder warum fragst du ihm die ganze Zeit Löcher in den Bauch?«
Mona lachte sich halb tot. »Ein Buch schreiben!«, japste sie. »Hihi, das ist gut. Emma ist manchmal so witzig! Aber das weißt du ja bestimmt selbst«, sagte sie zu Bastian. »Wie lange geht ihr eigentlich schon miteinander?«
Ich machte die Augen zu und dachte: Liebe Welt, geh jetzt bitte sofort unter.
Aber leider dachte die Welt gar nicht daran unterzugehen. Als ich die Augen wieder öffnete, war alles noch genau so wie vorher. Das Babygeschrei aus dem Plantschbecken, Mona mit ihrem neugierigen Blick und Bastian, der knallrot angelaufen war.
»Äh ... also ... eigentlich sind wir gar nicht zusammen«, stotterte er. »Oder?« Er sah mich unsicher an.
Ich
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