Alle lieben Emma
die jetzt gemütlich zu Hause saßen. Vielleicht hockten sie gerade in der Küche und tranken naturtrüben Bio-Apfelsaft. Oder sie spielten im Garten mit Paul. Ob Mona schon dabei war, mein Zimmer komplett umzuräumen? Jetzt konnte sie so lange Flöte üben, wie sie wollte, und tonnenweise Grünpflanzen aufstellen. Wahrscheinlich sah es aus wie im Dschungel, wenn ich wiederkam. Aber ich würde ja gar nicht wiederkommen.
Ich war jetzt schließlich hier zu Hause, in Dederstadt. Mir fiel ein, dass ich nach den Ferien gar nicht mehr mit dem Bus zur Schule fahren musste. Ich konnte morgens eine Stunde länger schlafen und dann einfach zu Fuß gehen. Das war doch prima, oder?
Komischerweise munterte mich dieser Gedanke kein bisschen auf.
Ich ließ mich auf das Sofa plumpsen und schaltete den Fernseher an.
10. Kapitel
Stracciatella-Eis ist
auch nicht schlecht
as Fernsehprogramm war total mies. Ich zappte mich durch alle Kanäle und schaute mir eine Talkshow nach der anderen an, bis mir fast die Augen aus dem Kopf fielen. Draußen schien die Sonne und es war furchtbar heiß. Ich ließ die Jalousien herunter, sodass es ganz dämmerig im Wohnzimmer wurde. Weil mir aber immer noch zu heiß war, zog ich mich aus und saß schließlich in Unterwäsche vor dem Fernseher. Das sah bestimmt ganz schön dämlich aus!
Plötzlich klingelte es. Ich beschloss, einfach nicht aufzumachen. Für mich konnte es ja sowieso nicht sein. Aber dann klingelte es noch mal und noch mal und noch mal. Also stand ich doch auf, zog mir schnell meine Klamotten an und drückte den Türöffner. Vielleicht war es ja der Postbote. Ich hörte Schritte auf der Treppe. Erst musste ich die Ohren spitzen, weil sie von ganz weit unten kamen, dann wurden sie immer lauter, bis schließlich jemand keuchend die letzten Stufen zum vierten Stock heraufkam. Es war Tim.
Ich freute mich so, ihn zu sehen, dass ich ihm im ersten Moment am liebsten um den Hals gefallen wäre. Es kam mir so vor, als wären wir ewig lange getrennt gewesen, dabei hatten wir uns gestern erst gesehen. Doch dann fiel mir wieder ein, dass Tim ja ein Verräter war, und ich fiel ihm doch nicht um den Hals.
»Hallo, Emma«, keuchte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ganz schön viele Stufen.«
»Hallo«, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Bist du hier, um dich bei mir zu entschuldigen?«
Tim schnappte immer noch nach Luft. »Ich ... wollte ... mit dir ... reden. Kann ich ... vielleicht ... reinkommen?«
Das kommt davon, wenn man so unsportlich ist, dachte ich. Dabei hatte Tim doch ständig mit Mona Federball gespielt. Aber das hatte offenbar nicht viel genützt.
»Na gut«, sagte ich und hielt ihm die Tür auf.
Wir gingen ins Wohnzimmer und Tim sah sich neugierig um.
»Ist Papa nicht da?«, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Nö. Er ist mit dieser Carola ins Atelier gefahren. Er hat gerade ziemlichen Stress mit einem neuen Auftrag, sonst hätten wir einen Ausflug zusammen gemacht.«
Tim zögerte kurz. »Wie ... ist sie denn so? Diese Carola, meine ich.«
»Geht so. Sie redet die ganze Zeit und will immer alles bestimmen. So ähnlich wie Mona. Also würdest du sie wahrscheinlich nett finden. Ich find sie doof. Sie hat Papa auf den Mund geküsst. Total ekelhaft!«
Tim sagte eine Weile nichts mehr. Er saß auf dem Sofa und wippte mit dem linken Fuß. Dann hörte er damit auf und fragte: »Wann kommst du wieder nach Hause, Emma?«
Ich zuckte zusammen. Nach Hause – das klang so schön, dass mir ganz schwindelig wurde. Aber ich konnte doch nicht zurück nach Hause! Es ging einfach nicht. Nicht, solange die Eindringlinge bei uns wohnten und alle gegen mich waren.
»Ich komme gar nicht mehr zurück«, sagte ich. »Ich bin jetzt hier zu Hause. Bei Rudi und ... Carola.«
»Was?«, rief Tim. »Aber warum denn?«
Ich überlegte. »Weil es mir hier besser gefällt. Außerdem hast du doch jetzt Mona. Die findet ihr doch alle so toll. Und ich bin immer nur die fiese Emma. Deswegen musste ich weg.«
»Du warst aber auch wirklich ziemlich fies«, sagte Tim.
Ich warf ihm einen bösen Blick zu und er fügte schnell hinzu: »Aber es ist niemand mehr sauer auf dich deswegen! Na ja, vielleicht Gesa noch ein bisschen, weil sie jetzt immer in rosa Unterwäsche herumlaufen muss.«
Als ich mir Gesa in rosa Unterwäsche vorstellte, musste ich kichern. Bis Tim sagte: »Mama würde sich auch total freuen, wenn du zurückkommst. Du fehlst ihr.«
Ich schluckte. »Hat
Weitere Kostenlose Bücher