Alle lieben Emma
nicht. Und Lea auch nicht. Sie hatte es von Meike gehört und die wusste es von ihrem Bruder, der mit dem Mädchen in eine Klasse gegangen war.
Wirklich zu blöd, dass Lea ausgerechnet jetzt im Urlaub war. Mit ihr zusammen hätte ich stundenlang über den blöden Bastian schimpfen können. Vielleicht hätte er sich dann nicht so breit in meinem Kopf gemacht.
Ein oder zwei Mal überlegte ich sogar, ob ich Bastian einfach mal anrufen sollte. Dann könnte ich ihn fragen, warum er nicht gekommen war, und müsste nicht länger darüber nachdenken. Aber das ließ ich dann doch lieber bleiben. Nicht, dass ich mich nicht getraut hätte. Mit der Knalltüte wurde ich schon noch fertig. Aber vielleicht glaubte er dann, dass ich ihm nachlief. Und das wäre natürlich das Allerletzte.
Zum Glück schafften es die Luftballon-Erinnerungen an Bastian nie besonders lange, sich in meinem Kopf breit zu machen. Denn kaum lag ich fünf Minuten in meiner Hängematte, kam auch schon Mona angestapft. Dann machte es »Plopp!« und die Luftballons zerplatzten. Ich war mir allerdings nicht sicher, was ich schlimmer fand, die blöden Bastian-Gedanken oder Mona.
Die Nebelkrähe übte tatsächlich jeden Tag Flöte. Mindestens eine Stunde lang. Und sie spielte immer dieselben Lieder: »Im Märzen der Bauer«, »Der Mai ist gekommen« und »Alle Vögel sind schon da«. Es war zum Verrücktwerden.
Als sie sich am Ende der ersten Ferienwoche immer noch an denselben Stellen verspielte, hätte ich am liebsten Papas Laubsäge genommen und Monas Flöte in tausend kleine Teile zersägt.
»Gibt es in deinem Flötenchor eigentlich noch jemanden, der so schlecht spielt wie du?«, fragte ich. »Das hält ja kein Mensch aus. Kannst du nicht draußen im Garten üben?«
»Nee, das geht nicht. Da ist die Akustik zu schlecht«, erklärte mir Mona. »Aber du hast Recht, ich bin wirklich nicht besonders gut. Wenn ich beim Schulkonzert mitspielen will, sollte ich vielleicht lieber zwei Stunden am Tag üben.«
Ich stöhnte. Na toll! Wenn Mona sich etwas vornahm, machte sie es meistens auch. So viel hatte ich inzwischen mitbekommen.
Zum Beispiel war sie der Meinung, dass wir uns unbedingt prima verstehen und dicke Freundinnen werden sollten. Diese Idee war natürlich total bescheuert. Ich und die Nebelkrähe – zum Totlachen! Das konnte sie glatt vergessen.
Tat sie aber nicht. Irgendwann hatte sich dieser Plan in ihrem Kopf festgesetzt und jetzt hielt sie verbissen an ihm fest. So wie Paul, wenn ich ihm einen Knochen wegnehmen will, den er im Maul hat. Da hab ich auch keine Chance.
Ich konnte so unfreundlich zu Mona sein, wie ich wollte – sie lachte nur und blieb immer nett und freundlich. Das war ganz schön deprimierend. Außerdem wollte sie sich ständig mit mir unterhalten. Wenn ich nicht antwortete, redete sie einfach immer weiter, bis ich sie anschnauzte oder aus dem Zimmer ging. Das muss man sich mal vorstellen: Ich flüchtete tatsächlich aus meinem eigenen Zimmer!
Und ständig wollte sie etwas mit mir zusammen machen.
»Komm, wir spielen mit Pinki.«
Au ja! Am besten Stinki-Weitwurf aus dem Dachfenster. Dann musste ich mir wenigstens nicht mehr jedes Mal die Nase zuhalten, wenn ich in mein Zimmer kam.
»Soll ich dir beibringen, wie man Flöte spielt? Das macht total viel Spaß!«
Super Idee. Ein Flötenduett mit der Nebelkrähe, davon hatte ich schon immer geträumt. In meinen schlimmsten Alpträumen!!!
»Sollen wir im Garten Federball spielen?« – »Kommst du mit nach Dederstadt zum Einkaufen?« – »Was hältst du von einem Picknick im Wald?«
Ich sagte natürlich zu all ihren Vorschlägen nein, aber das störte Mona überhaupt nicht. Jeden Tag fiel ihr etwas Neues ein. Nach einer Woche hatte ich so langsam das Gefühl, dass ich sie nie mehr loswerden würde. Die Nebelkrähe saß mir ständig im Nacken. Sie war immer in meiner Nähe, pickte auf mir herum und krächzte mir etwas ins Ohr. Konnte man das auf Dauer aushalten? Nein!
Auch sonst änderte sich einiges bei uns. Gesa übernahm das Kochen und es gab nun jeden Tag supergesunde Sachen wie Sojasprossen, Tofuwurst, frisches Biogemüse und irgendwelche Körner.
»Mona Lisa und ich sind Vegetarier«, hatte Gesa am ersten Tag verkündet. »Es macht euch doch nichts aus, wenn ich fleischlos koche, oder? Mir wird jedes Mal übel, wenn ich gebratenes Fleisch rieche.«
Ich sah Gesa erstaunt an. Ich verstand nicht ganz, wie einem von dem Geruch eines Schnitzels oder einer Bratwurst
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