Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F Pusch
Vom Netzwerk:
ihnen etwa Muntere Männer mannhaft entgegen? Nichts — sie verharren in sprachloser Anonymität. Wieder einmal muß weiblicher Gerechtigkeitssinn einspringen. Es geht nicht an, daß die Maskulate der etablierten Parteien weiterhin unbenannt, unerkannt und unverstanden vor sich hin maskulieren. Für die Munteren Männer der etablierten Parteien, die den Frechen Frauen in Hamburg gegenüberstehen, gilt dasselbe. Wenn sie sich weiter mopsen und nicht bald tapfer zu ihrer Männlichkeit stehen, dürfen sie sich nicht wundern, wenn sie schließlich als miese Möpse oder Mickermacker namhaft gemacht werden.

    1986

Sind Herren herrlich und Damen dämlich?

    Als Vortragsreisende in Sachen »Frauen, Männer und Sprache« verfolgt mich diese Frage nun schon seit sieben Jahren. Gestellt wird sie meist von verunsicherten Frauen aus dem Publikum, denen ihr jeweiliger Freund, Gatte, Vater, Bruder oder gar Sohn den Uralt-Kalauer mal wieder um die Ohren gehauen hat. Mich selbst hat mann ebenfalls seit meiner Kindheit mit diesem anscheinend unausrottbaren Schwachsinn genervt.
    Also: Wenn dir das nächste Mal einer unserer herrlich galanten Herren mit den »dämlichen Damen« kommt, musterst du ihn kühl und wählst gelassen zwischen folgenden drei Möglichkeiten des Konterns:
    1) Entweder du schüttelst befremdet das Haupt ob seiner linguistischen Unbedarftheit und empfiehlst ihm, sich anhand des nächstbesten etymologischen Wörterbuchs (Grimm, Kluge, Duden o. ä.) gefälligst selbst fortzubilden,
    2) oder du stimmst eifrig zu: Natürlich, Herren seien herrlich, Damen dämlich, Winzer winzig und ihr Wein zum Weinen. Erzbischöfe seien aus Erz, unser Schicksal schick, die Amazone eine erotische Zone und die Lüneburger Heide heidnisch. Die Wale gehörten in die Walhalla, die Elefanten nach Rüsselsheim und der Ur-Opa in den Urwald. Mozart sei dir zu zart, Gulasch zu lasch, und vom starken Geschlecht würde dir schlecht. Immer feste druff-was dir halt an Kalauerinnen so einfällt.
    3) oder (falls du grad in nachsichtiger Stimmung bist) du klärst ihn selber auf: Das Wort herrlich kommt von hehr , vgl. hoch und hehr. Das Wort Herr geht zurück auf heriro, eine Steigerungsform dieses hehr. Die Herren finden sich also nicht nur herrlich, sondern sozusagen »super-herrlich«. Anscheinend haben sie’s nötig.
    Dame hingegen geht zurück auf das lateinische domina — >vornehme, hochgestellte Frau<.
    Dämlich schließlich wird abgeleitet vom süddeutschen Damian , vgl. du Depp, damischer! oder vom niederdeutschen Dämel, Dämlack (Dummkopf). Damian , Dämel und Dämlack sind Maskulina; weibliche Varianten gibt es nicht.

    1986

Polizistinnen und Bullen

    Neulich las ich in einer Rezension von »io Wissenschaftlerinnen und 2 Autoren«, die an dem betreffenden Buch mitgearbeitet hätten. Was wollte die Rezensentin denn damit sagen, fragte ich mich. Verdienen die beiden Autoren in ihren Augen nicht das Prädikat Wissenschaftler ? Oder wollte sie nur die plumpe Wiederholung des Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler umgehen? Schließlich haben wir alle schon in der Grundschule eingebleut bekommen, Wortwiederholungen gehörten vermieden.
    Ich hatte mich gerade entschlossen, die Formulierung Wissenschaftlerinnen und Autoren als subversive feministische Vorlage einzustufen und bastelte vergnügt an ähnlichen Wortpärchen, wie Tänzerinnen und Hopser, Pianistinnen und Klavierlöwen, Cellistinnen und Streicher, Pastorinnen und Pfaffen, Sängerinnen und Brüllaffen, da bekam ich Schützinnenhilfe von einem Mann. In einem engagiert für frauenfreundliche Sprache eintretenden Aufsatz schlug Wolfgang Popp vor, die öde sogenannte Splitting-Formel (Typ Kolleginnen und Kollegen ) mit Hintersinn anzureichern und dadurch ihre Akzeptanz bei den störrischen Sprecherinnen und Sprachbenutzern zu erhöhen. Er setzte seine Idee auch gleich in die Tat um und sprach herbe, ja geradezu männerfeindlich, von den Rednerinnen und Schwätzern im Bundestag und den Zuhörerinnen und Hörern bei Friedenskundgebungen.
    Was werden nun unsere Lehrerinnen und Pauker zu diesem Vorschlag sagen? Und erst die Schriftstellerinnen und Schreiberlinge, die Dichterinnen und Poeten, die Sekretärinnen und Hacker, die Denkerinnen und Philosophen, die Politikerinnen und Demagogen?
    Die weitblickenden Frauen werden sagen, die Idee ist ja ganz nett, aber der Schuß kann auch nach hinten losgehen. Es handelt sich da um eine Technik der Häme oder (mehr oder weniger) subtilen

Weitere Kostenlose Bücher