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Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F Pusch
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nun mit der Aufgabe der Eindeutschung dieser Creation. (Wir empfehlen als Ausgleich zur komplizierten Welt des Worts das bewährte Strickzeug!) Girls, das sind »Mädchen«, so viel weiß er als Mann von heute. (Lobend vermerkt sei, daß seine Schlichtheit uns syphisante Wortspielereien mit dem Begriff Jungfernflug erspart hat, die etwa ein Spiegel- Kollege sich kaum hätte verkneifen können.) Aber dieses All — was tut mann damit im Deutschen??? All-Mädchen-Flug ? Alle-Mädchen-Flug ? Alles-Mädchen-Flug ? Reiner-Mädchen-Flug ? — nee, das geht alles nicht.
    Ein all star cast ist auf deutsch eine Starbesetzung, keine Nur-Star-Besetzung, weil nämlich das nur negative Assoziationen weckt, die dem Sinn und Werbezweck des Wortes Starbesetzung strikt zuwiderlaufen. Auch Nur-Männer-Chöre oder Nur-Her-ren-Clubs sind mir noch nicht begegnet. Was aber Bezeichnungen für uns Frauen betrifft, so sind negative Beiklänge männlichen Wortschaffenden ja ebenso gewohnt wie willkommen. Wir kennen das schon von der Nur-Hausfrau.
    Übrigens heißt Cockpit auf deutsch Hahnenkampfplatz (oder, noch burschikoser, Pimmelhöhle). Und an solchen Orten haben Nur-Mädchen ja nun wirklich nichts verloren.

    1986

Die Kätzin, die Rättin und die Feminismaus

    Jetzt ist er raus, der fünfte Band von Grass’ Tierleben: Die Rättin (nach Katz und Maus, Hundejahre, Aus dem Tagebuch einer Schnecke und Der Butt). Ich habe nur den ersten (und kürzesten) Band der monumentalen Pentalogie gelesen. Es ging darin aber weder um Katzen und Mäuse noch um Kätzinnen und Mäusinnen, sondern um einen Adamsapfel — ein Thema, das uns Frauen von jeher kaum zu fesseln vermag.
    Apropos Adam. Da gab es doch diese falsche Schlange, oder war es vielleicht ein Schlangerich? Wir werden das Geschlecht des Tieres wohl nie erfahren, und doch glauben alle steif und fest, es sei weiblich gewesen. Schließlich heißt es die Schlange, und außerdem hat sie den Menschen ins Verderben gelockt!
    Vor Jahren brachte mir ein Professor der Germanistik einen Zeitungsausschnitt mit. »Kätzin entlaufen« stand da zu lesen. Was ich denn davon hielte, so als feministische Linguistin, fragte er listig. Und vor einer Woche erzählte mir eine Buchhändlerin von dem neuen Grass, den sie sogar schon gelesen hatte (Buchhändlerinnen müssen von Berufs wegen alles mögliche lesen). Sie fand, der Titel Die Rättin müßte mir doch auf Anhieb Zusagen, und war verblüfft, als ich das verneinte.
    Die Wortschöpfung Rättin verstößt gegen die Regeln der deutschen Grammatik, und das hat der Günterich wohl schlau einkalkuliert. Heldin seines Werks ist eine weibliche Ratte, ein Rattenweibchen. Aber Die weibliche Ratte oder Das Rattenweibchen — das klingt für einen Buchtitel natürlich wenig verkaufsfördernd.
    Thomas Mann hat vornehm darauf verzichtet, seine Erzählung Herr und Rüde zu nennen. Er vertraute — mit Recht — darauf, daß mann sich bei der Hund sowieso nur ein männliches Tier denkt. Der weiße Wal, Der weiße Hai — wer käme wohl auf die Idee, von einem »Walerich« oder einem »Haiermann« zu sprechen, damit sich auch niemand irrigerweise ein Weibchen vorstellt?
    Und genau das ist das Problem. Die Tiere — sie sind nun mal unsere Vettern, niemals unsere Basen oder Cousinen. Ein Mensch ist männlich, es sei denn, das Gegenteil ist erwiesen. Für Tiere gilt in unserer Herrenkultur dasselbe. Und dagegen stemmt sich der Günter. Er will nicht, daß wir uns unter seiner Ratte einen tierischen Vetter vorstellen. Seine Ratte ist eine Rättin, weil sie eine echte Ausnahme ist. Kein langweiliges Männchen, wie sonst alle Tiere, sondern, höre & staune: ein Weib!
    Danke, Günter! Du hast uns nachhaltig daran erinnert, daß sogar eine feminine Bezeichnung nichts gegen eure Vorstellung vermag, daß auch alle Tiere männlich sind. Mit Ausnahme der Schlange natürlich.

    19 86

Sehr geehrte Frau Bundesbahn,

    vielleicht ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, daß unlängst eine unserer emsigsten Kulturbetriebsnudeln, Fritz J. Raddatz, bös an Ihnen herumgemäkelt hat (im Zeit- Magazin Nr. 6 vom 31. 1. 1986, S. 22):

    Keine der vier größten westdeutschen Städte kennt eine Rosa-Luxemburg-Straße. Des Deutschen Bildungsgut manifestiert sich [...] an (sic) >Gorch Fock< oder Toller Bomberg<, >Markgraf<, >Beethoven< oder >Walhalla< — wie unsere Intercity-Züge heißen.

    Dem Manne (sowie »dem Deutschen«) kann und sollte geholfen werden, finden Sie nicht? Es muß ja nicht

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