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Sprache.
Als freier Roboter hatte Andrew plötzlich das Gefühl, sich nicht an George wenden, sondern Fachbücher konsultieren zu müssen. Er beschloß, in die Staatsbibliothek zu gehen. Der Entschluß erfüllte ihn mit so triumphierender Freude, daß sein Elektropotential merklich anstieg und er einen Regelwiderstand einschalten mußte.
Er zog einen kompletten Anzug an und verließ das Haus. Er war noch keine hundert Meter davon entfernt, da hemmte ihn etwas. Er setzte den Regelwiderstand wieder außer Betrieb, aber das half nichts. Er ging nach Hause zurück und schrieb folgenden Satz auf ein Blatt Papier:
»Ich bin in die Staatsbibliothek gegangen.«
Das Blatt Papier legte er auf seinen Schreibtisch.
X
Andrew kam nicht bis zur Staatsbibliothek. Er hatte zwar den Plan genau studiert und sich den Weg eingeprägt, hatte ihn aber nicht wiedererkannt. Die Ausschilderungen entsprachen nicht den Bildzeichen auf dem Plan, und das hatte ihn unsicher gemacht. Schließlich hatte er geglaubt, den falschen Weg eingeschlagen zu haben, denn alles hatte fremd ausgesehen.
Er war zwar an ein paar Robotern vorbeigekommen, aber als er sich endlich dazu durchgerungen hatte, nach dem Weg zu fragen, war nicht mehr einer in Sicht gewesen. Ein Fahrzeug war vorbeigeschwirrt, hatte aber nicht angehalten. Andrew war stehengeblieben und hatte überlegt, als plötzlich zwei menschliche Wesen aufgetaucht und auf ihn zugekommen waren.
Obwohl sie sich eben noch laut unterhalten hatten, senkten sie die Stimmen, als sie Andrews ansichtig wurden. Sie sahen jung und un sicher aus. Ob sie zwanzig waren? Andrew hatte menschliches Alter noch nie schätzen können.
»Könnten Sie mir den Weg zur Staatsbibliothek sagen?« fragte Andrew höflich.
Der größere der beiden Menschen reagierte merkwürdig. Er blickte nicht Andrew an, sondern den anderen Menschen.
»Das ist ja ein Robot«, sagte er.
»Und noch dazu ein angezogener«, meinte der zweite Mensch zum ersten.
Der erste, der größere der beiden, schnippte mit den Fingern. »Das ist bestimmt dieser freie Robot«, sagte er. »Sonst würde er doch keine Kleider tragen.«
»Frag ihn doch«, sagte der zweite, der eine auffallend knollige Nase hatte.
»Bist du der Robot von Martins?« fragte der größere.
»Ich bin Andrew Martin, Sir«, antwortete Andrew.
»Ah, dann zieh deine Klamotten aus. Roboter tragen keine Klamotten.« Der große wandte sich an die Knollennase. »Das ist ja ekelhaft. Schau dir das bloß an!«
Andrew zögerte. Es war schon zu lange her, daß er im Befehlston angesprochen worden war, und infolgedessen hatte sich etwas in dem Schaltkreis, der für das Zweite Gesetz verantwortlich war, irgendwie verheddert.
»Klamotten runter!« brüllte der Große drohend. »Das ist ein Befehl!«
Langsam setzten Andrews Reaktionen wieder ein.
»Runter damit!« grölte der Große.
»Wenn er niemand gehört«, sagte Knollennase, »dann könnten wir ihn uns eigentlich unter den Nagel reißen.«
»Uns kann sowieso niemand etwas verbieten«, sagte der Große. »Wir verletzen außerdem kein Besitzerrecht … Stell dich auf den Kopf!«
Der Befehl galt Andrew.
»Der Kopf soll nicht …«
»Halt den Mund«, unterbrach ihn der Große. »Wenn du nicht auf dem Kopf stehen kannst, dann versuch es wenigstens.«
Wieder zögerte Andrew und bückte sich schließlich doch, um den Kopf auf den Boden zu setzen. Er versuchte die Beine zu heben, verlor das Gleichgewicht und stürzte um.
»Bleib liegen!« befahl der Große und wandte sich an den anderen. »Sollen wir ihn auseinandernehmen? Hast du schon einmal einen Robot auseinandergenommen?«
»Ob er uns läßt?«
»Er kann uns doch nicht daran hindern.«
Andrew hätte sie nicht daran hindern können, wenn sie ihm befohlen hätten, keinen Widerstand zu leisten. Das Zweite Gesetz, das des Gehorsams, hatte den Vorrang über das Dritte, das des Selbstschutzes. Außerdem hätte sich Andrew nicht verteidigen können, ohne dabei die beiden Menschen zu verletzen und damit mit dem Ersten Gesetz in Konflikt zu kommen. Bei dem Gedanken wurde jeder motorische Kontakt in seinem Inneren paralysiert, und er zitterte.
Der Große stieß ihn mit dem Schuh in die Seite. »Er ist ganz schön schwer. Wenn wir ihn zerlegen wollen, brauchen wir Werkzeuge.«
»Wir können ihm ja befehlen«, schlug Knollennase vor, »daß er sich selber auseinandernimmt, und wir schauen bloß zu.«
»Meinetwegen«, sagte der Große. »Aber von der Straße muß er weg. Wenn
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