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Alle Tränen dieser Erde

Alle Tränen dieser Erde

Titel: Alle Tränen dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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und die anderen Komiteemitglieder – fällt Ihnen an denen nichts Sonderbares auf?«
    »Sonderbares? In welcher Beziehung?«
    »Das sind doch wirklich Menschen, oder? Ich meine, es könnten doch keine Puppen sein, belebte Puppen, oder?« Er sah Utrect angstvoll an.
    Utrect warf den Kopf zurück und lachte.
    »Na, hören Sie, Bob! Sie behaupten, Königin Victoria besitze eine Macht über unsere Gehirne, mit der sie uns vollkommen täuschen könnte – so daß wir, zum Beispiel, wenn wir England erreichen, die Staaten in Wirklichkeit gar nicht verlassen haben! So daß diese Leute in Wirklichkeit nur Puppen sind, und das Ganze eine Art paranoider Episode ohne objektive Wirklichkeit! Absoluter Unsinn!«
    »Es ist nichts geschehen! Es war ein Trugbild meines ermüdeten, überbeanspruchten Gehirns, ohne objektive Wirklichkeit. Meine leitenden Angestellten bespitzeln einander nicht.«
    Das sagte Prestige Normandi zu sich selbst, als er durch den überfüllten Korridor zu seinem Büro ging. Er bemühte sich, nicht zu glauben, daß Froding Utrect wirklich durch einen Fernspion überwachte; das verstieß gegen jede Ethik.
    Aber was war Ethik? Die Menschen konnten in so dichtbevölkerten Gebieten wie Zentral-New York nur überleben, wenn sie Ethik und andere Prinzipien mit der Zeit aufgaben; irgendwo mußte etwas nachgeben; ihre eher spießigen Väter in den sechziger Jahren hätten die Stadt für unbewohnbar gehalten. Unter dem nackten psychischen Druck der Übervölkerung mußte man sich fragen, was eine seltsame Halluzination hier oder dort schon zu besagen hatte?
    Ein Beispiel dafür. Die Frau, die durch den Flur auf ihn zukam, diese königliche Haltung, die prächtige, altmodische Kleidung… Normandi hatte den deutlichen Eindruck, daß das eine Herrscherin aus früher Zeit war, Königin Victoria oder Kaiserin Elisabeth von Österreich. In der Geschichte kannte er sich nicht so gut aus. Sie rauschte vorbei, schien ihm einen bedeutsamen Blick zuzuwerfen, und war verschwunden.
    Beeindruckt dachte er: Sie könnte wirklich dagewesen sein. Vielleicht war es eine Schwester, die vom Dienst kam, Mitglied irgendeiner sonderbaren Gesellschaft. Normandi mißbilligte alle diese Gesellschaften, weil er der Meinung war, daß sie phantastische Vorstellungen und Neurosen förderten, und er selbst war Präsident der Gesellschaft zur Unterdrückung von Gesellschaften. Trotzdem war er von der königlichen Erscheinung so beeindruckt, daß er an Burtons Zelle stehenblieb; Burton würde wissen, was davon zu halten war, das lag auf seinem Gebiet.
    Aber für die Freud-Nummer war er zu müde. Die Hand am Türknopf, wandte er sich ab und zwängte sich durch die Menge, die sich im Korridor drängte, zu seinem Zufluchtshafen.
    Dort sicher angekommen, setzte er sich an den Schreibtisch und ruhte sich ein wenig aus. Froding intrigierte gegen Utrect. Natürlich spionierte Utrect sicherlich jemand anderem nach. Wirklich beklagenswert, der Zustand, den sie erreicht hatten. Traurig öffnete er eine Geheimschublade, schaltete ein und drehte Schalter. Dann beugte er sich vor, beschattete die Augen und verfolgte, wie der widerliche Froding Utrect bespitzelte.
    Utrect und Hoggart lagen halb im Schlaf, die Augen vor dem giftigen Licht im Flugzeug geschützt, als es ostwärts über den Atlantik fegte, Richtung England.
    Das Kommunikationsgerät, das Utrect skizziert hatte, war gebaut und im Frachtraum untergebracht. Erst als sie an einem regnerischen Frühnachmittag auf Londonport landeten, kam die Nachricht. Disraeli packte Utrects Schulter und gab ihm die Meldung aus der PINCS-Zentrale.
    Sie lautete: ›Bedauern, mitteilen zu müssen, daß das Hiram Bucklefeather-Gebäude in der 15. Straße heute morgen um sieben Uhr dreißig vernichtet worden ist. Alle Bewohner, deren Zahl auf über fünftausend geschätzt wird, wurden augenblicklich ausgelöscht. Es steht fest, daß dies das Werk der als Königin Victoria bekannten Wesenheit war.‹
    »Ihr Haus?« fragte Disraeli.
    »Ja.« Er dachte an Karen mit ihrer Blausucht und der tragischen Atmung. Er dachte an die beiden unglücklichen Jungen. Er dachte an Cathie, eine geduldige Frau. Er erinnerte sich sogar an die beiden Ratten, die sich mit dem Buchstabieren so abgemüht hatten. Aber vor allem dachte er an Karen, so bemüht, intellektuell zu wirken, so unfähig, irgend etwas zu sein. Er hatte stets zu wenig für sie getan. Er schloß die Augen, zu spät, um eine Träne abzufangen. Seine Frau, sein Mädchen.
    Die

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