Allein gegen die Zeit
vorhatte. „Das ist genial, Özzi“, jubelte sie begeistert.
Özzi drehte sich stolz zu ihr um. „Jetzt müssen wir noch den Wächter dazu bringen, die Kombination einzugeben.“
„Ich weiß auch schon wie!“, rief Leo. Sie ließ sich von Özzi einen zweiten Kaugummistreifen geben und schob ihn unter der Tür durch zu Ben.
„Ben, kau den und kleb ihn auf die Kamera!“
„Was soll das bringen?“, schallte es zurück. „So was hab ich schon probiert.“
„Mach einfach“, rief Leo ungeduldig.
Ben konnte sich zwar keinen Reim darauf machen, aber er befolgte Leos Anweisung, wickelte den Kaugummi aus dem Silberpapier und kaute darauf herum. Dann lief er zur Kamera, kletterte auf einen Stuhl und klebte ihn direkt auf die Linse.
Leo, Jonas, Özzi und Sophie versteckten sich in der Zwischenzeit in einer dunklen Ecke gegenüber der Tür. Jetzt mussten sie nur noch warten. Und tatsächlich ging ihr Plan auf: Nur wenige Momente später eilte ein Wärter herbei.
Der Mann tippte den Code in das Zahlenschloss ein und riss die Tür auf.
Ben wich instinktiv zurück, als er den breitschultrigen Mann auf sich zukommen sah. Es war wieder derselbe Wärter, der ihm den Arm umgedreht hatte.
„Was soll der Scheiß? Du denkst wohl, du kannst uns hier verarschen, oder was?“ Der Wärter deutete drohend zur Überwachungskamera. „Los! Abmachen!“
Ben kletterte auf den Stuhl und pulte den Kaugummi von der Linse. Als er wieder vom Stuhl herunterstieg, stand der Mann direkt vor ihm. Ben hatte seinen kalten Zigarettenatem in der Nase, so dicht war er an ihn herangetreten. „Falls du noch mal Probleme machst, kommst du nicht mehr so glimpflich davon. Ist das klar?“
Ben hielt dem finsteren Blick des Mannes trotzig stand. Der Wärter verzog sein Gesicht zu einem gemeinen Grinsen, drehte sich wieder um und verschwand nach draußen.
Leo, Jonas, Özzi und Sophie duckten sich instinktiv, sobald sie den Mann wieder aus Bens Kerker kommen sahen. Der Wachmann schloss die Tür von außen. Kaum war er einige Meter an ihnen vorbeigelaufen, meldete sich sein Funkgerät.
„Wir haben ein Problem“, krächzte es vom anderen Ende der Leitung.
„Was gibt’s?“ Der Wächter blieb stehen.
„Dr. Crohn hat Wolf Weller gefunden.“
„Verstehe“, antwortete der Wachmann. Aus seiner Reaktion ließ sich keinerlei Regung heraushören. „Wie lauten die Befehle?“
„Wir machen weiter wie geplant!“, tönte es zurück. „Um 12 Uhr wird die Präsentation stattfinden. Gibt es was Neues von den Kindern?“
„Nein“, erwiderte der Wachmann. „Aber hier kommt keiner mehr rein oder raus. Die Tore draußen sind bewacht und verriegelt.“ Der Mann steckte das Funkgerät wieder ein und verschwand mit raschen Schritten in der Dunkelheit.
Leo biss sich auf die Lippen. Selbst wenn sie Ben befreien konnten, wie sollten sie von hier fliehen, wenn alles abgeriegelt war? Doch es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken.
Özzi hatte das Handy schon heruntergeholt und spielte das Video ab. Auch Jonas und Sophie drängten sich gespannt um das Display. Man konnte deutlich erkennen, wie der Wärter am Zahlenschloss dreimal auf die Fünf drückte. Doch dann brach die Aufnahme abrupt ab.
„Warum geht es nicht weiter?“, rief Leo entsetzt.
Özzi wich die Farbe aus dem Gesicht. „Es hat wohl zu lange gedauert. Wahrscheinlich war mein Speicher voll.“
„Na toll“, schimpfte Jonas.
Leo fuhr sich nervös durch die Haare. Hatte sich heute denn alles gegen sie verschworen? Nun würden sie Ben doch nicht aus seinem Gefängnis befreien können.
Nachdenklich ging Sophie auf das Zahlenschloss zu. Sie gab die ersten drei Ziffern ein, wie sie es auf dem Video gesehen hatte.
„Was machst du da?“, rief Jonas.
Sophie überlegte kurz, dann drückte sie auf die Acht und summte dabei leise die Melodie von Beethovens Schicksalssinfonie mit. Der Ton der Acht stimmte überein. Alle hielten die Luft an. Ein leises Klicken war zu hören. Gleichzeitig färbte sich das Lämpchen am Zahlenschloss grün.
Eingabe korrekt!, blinkte ihnen vom Display entgegen.
Özzi lief begeistert zu ihr. „Wie hast du das gemacht?“
Sophie lächelte. „Vom G zum Es ist es eine kleine Terz. Es konnte eigentlich nur die Acht sein.“
Leo riss die Tür auf. Ben stand vor ihr. Für einen kurzen Moment kam es Leo vor, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Sie hörte ihr Herz laut klopfen. Dann fiel sie Ben überglücklich in die Arme.
„Ihr habt es geschafft“,
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