Allein in der Wildnis
Kinder abzuholen. „Wir treffen uns zu Hause bei mir“, sagte Kristin und legte auf. Anschließend ging sie zu ihrem Chef, um alles Notwendige zu klären, damit sie nach Hause konnte.
Nachdem alles in die Wege geleitet war, rief sie die Rangerstation an. Sie gab ihre Daten für die Krankenversicherung durch und zusätzlich die Anschrift ihrer Eltern. Der Flug war bereits gebucht, und ihre Eltern sollten am nächsten Tag eintreffen.
„Ich möchte die Telefonnummer von der Klinik“, sagte sie dem Ranger am anderen Ende der Leitung. „Ich möchte meine Kinder sprechen. Das wird doch wohl möglich sein.“
Er nannte ihr die Durchwahl und Kristin schrieb sie hastig auf. Nach kurzem Auflegen wählte sie bangen Herzens die notierte Nummer. Als sie Kevins Stimme hörte, begann sie zu weinen.
„Nicht weinen, Mama“, flüsterte Kevin ins Telefon. „Uns geht es gut. Tim schläft noch.“
Sie sprachen ein paar Minuten miteinander, dann legte Kristin auf. Sie war unendlich froh, die Stimme ihres Sohnes gehört zu haben. Bald würden sie wieder zusammen sein. Jetzt konnte sie noch ihre Arbeit einem Kollegen übergeben und ihre Sachen packen. Sie wollte unbedingt schnell nach Hause. Die Kinder brauchten ihre Mutter.
Kevin beschäftigte sich nach dem Anruf weiter mit der Fernbedienung, geduldig zappte er durch die Programme. Tim erwachte und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
„Kannst du dich nicht mal für ein Programm entscheiden? Das geht einem ja auf den Wecker.“
Kevin zog einen Flunsch. „Ich kann mich nicht entscheiden, ich möchte am liebsten alles sehen.“
„Das nervt aber gewaltig. Na gut, was willst du sehen?“
„Irgendetwas Spannendes, sonst schlafe ich wieder ein.“
Die Tür ging auf, und der Ranger trat ein. „Ich habe mit eurer Mutter gesprochen. Eure Großeltern holen euch morgen ab.“
„Ich weiß“, sagte Kevin. „Ich habe vorhin mit unserer Mutter telefoniert.“ Dann sprang er aus dem Bett und tanzte im Zimmer umher. Er schrie: „Nach Hause, wir fahren nach Los Angeles!“
Tim machte eine ernste Miene. „Was wird aus unserem Vater?“
Schlagartig stand Kevin still.
„Am Ende der Woche werden die beiden Toten abgeholt und nach Hause überführt. Der Helikopter ist dann wieder startklar“, antwortete der Ranger leise.
„Was wird aus unserem Hund?“, fragte Kevin.
„Dem geht es gut, den könnt ihr morgen mit nach Hause nehmen. Er wartet auf euch.“
Kevin war ungeheuer erleichtert, offensichtlich wandte sich alles zum Guten. Sie hatten es geschafft! Jetzt konnte er auch endlich um seinen Vater trauern.
In einen Moment der Stille hinein fragte Tim: „Du hast mit Mutter gesprochen?“
Kevin nickte. „Ja, sie hat vorhin angerufen. Sie hat geweint am Telefon. Ich habe ihr gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen soll. Viele Grüße soll ich dir ausrichten.“
Tim seufzte. Auch er hätte gern die Stimme seiner Mutter gehört. Aber es dauerte ja nicht mehr lange, dann konnte er sie wieder in die Arme schließen. Es würde schwer werden, die Stimme seines Vaters nicht mehr zu hören. An diesen Gedanken musste er sich noch gewöhnen.
Inzwischen hatten die Neuigkeiten in Mammoth Hot Springs die Runde gemacht. Jeder hatte vom Tod der beiden Biologen und den Abenteuern der Jungen gehört. Ein kleiner Fernsehsender aus Bonzemann nutzte die Gelegenheit und besuchte sie mit einem Kamerateam in der Klinik. Die Jungen mussten ihre Erlebnisse vor der Kamera schildern. Bevor sie überhaupt die Klinik verließen, waren sie bereits berühmt; jeder Sender im Land strahlte die Aufzeichnung aus.
Am nächsten Tag holten die Großeltern ihre beiden Enkelkinder ab. Freude wie auch Trauer waren groß. Nick war ein guter Vater gewesen, und der Verlust des Mannes versetzte sie in unendliche Trauer. Gleichzeitig freuten sie sich, ihre Enkelkinder wohlbehalten abholen zu können.
Tim würde auch weiterhin in Behandlung bleiben und in Los Angeles einen Arzt aufsuchen müssen. Aber bevor sie endlich nach Hause fliegen konnten, musste noch der Hund abgeholt werden. Das Flugzeug startete in Bonzemann. Die Ranger brachten sie in die Stadt. Dort bedankten sich die Kinder und Großeltern dafür. Der Abschied fiel ihnen diesmal leicht. Nur Ringo sträubte sich. Der war über den Transport im Flugzeug nicht begeistert. Gleichzeitig knurrte er Kevin an. Der ließ sich aber nicht erschrecken. Mit Geduld überredete er den Hund und gab ihn in eine Box. „Du bekommst einen großen Knochen, wenn wir
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