Alles nicht so einfach
Blicke trafen sich, und obwohl ich eigentlich ihre Theater-Schwester hofieren sollte, war meine Rolle das Letzte, worüber ich mir Gedanken machte. Wir stellten uns zu einem Tanz auf, bei dem wir uns ständig bewegten und drehten. Jedes Mal, wenn Bliss und ich aneinander vorbeikamen, trafen sich unsere Blicke, unsere Hände streiften sich, und ich verfluchte die Regisseurin, die mir nicht Darcys Rolle gegeben hatte. Ich konnte auch griesgrämig sein.
Gleich nach den Verbeugungen zog ich sie hinter der Bühne direkt in meine Arme. »Garrick«, seufzte sie in meiner Umarmung. Die Worte vibrierten an meiner Brust und ich hielt sie noch fester.
Ich flüsterte ihr ins Ohr: »Erlaubt mir, Euch zu versichern, wie glühend ich Euch bewundere.«
Sie lachte. »Das sagst du jeden Abend nach der Aufführung zu mir.«
Ich wich zurück, und meine Wange streifte die ihre. Die Locken, die ihr Gesicht umrahmten, kitzelten meine Stirn. »Was soll ich sagen? Ich bin eben ausdauernd.«
Sie brummte, die Lippen fest zusammengepresst. »Ausdauernd? Ich würde sagen einfallslos. Du könntest dir wenigstens einen eigenen Spruch ausdenken.«
Mit den Fingern strich ich ihr über den Rücken und spürte das Mieder ihres Korsetts. Gott, darin würde ich sie gern mal sehen. Nur darin. »Du wünschst dir etwas Originelles, Schatz?«
»Ja. Morgen erwarte ich von Ihnen den besten Spruch, den Sie draufhaben, Mr Taylor. Aber jetzt muss ich mich umziehen.«
Sie entfernte sich von mir und ging auf die Damengarderobe zu. Dabei sah sie sich über die Schulter zu mir um, und ich spürte, wie mir dieser Blick durch und durch ging. Mehrere originelle Dinge schossen mir durch den Kopf, keines davon konnte ich laut aussprechen. Ihr Grinsen wirkte, als wüsste sie genau, was ich gerade dachte.
»Beeil dich«, sagte ich.
»Geduld ist eine Tugend, Mr Taylor.«
Sie wusste, dass ich sauer wurde, wenn sie mich beim Nachnamen nannte. Es gab mir das Gefühl, wieder ihr Lehrer zu sein, was ärgerlich und zugleich rasend sexy war. Das wollte ich gerade sagen, aber da war sie schon in der Garderobe verschwunden.
Ich brauchte einen Augenblick, um durchzuatmen und meine Gedanken zu ordnen.
Heute Abend … mein Plan würde heute Abend beginnen. Wenn ich es nicht tat, würde ich wahrscheinlich ohne Vorwarnung damit herausplatzen. Und bei Bliss’ Neigung, in Panik zu geraten, war das eindeutig nicht die richtige Vorgehensweise.
So schnell wie möglich zog ich mein Bühnenkostüm aus und hängte es für die Garderobiere auf. Morgen war unser freier Tag, das heißt, dass alles gewaschen wurde. Und das war gut so, denn mein Kostüm hatte eindeutig schon mal besser gerochen. Ein paar aus der Besetzung luden uns dazu ein, etwas trinken zu gehen, aber ich lehnte ab. Ich hoffte, dass Bliss das Gleiche tun würde. Ich wollte sie heute Abend ganz für mich allein haben.
In Rekordzeit war ich angezogen und wartete auf Bliss. Als das erste Mädchen herauskam, schüttelte es lachend den Kopf. Es streckte den Kopf wieder durch die Tür und sagte: »Bliss, dein Freund fängt da draußen gleich an zu sabbern.«
Dein Freund. Daran hatte ich mich immer noch nicht gewöhnt. Selbst nach Bliss’ Abschluss war es uns unangenehm, wenn uns jemand zusammen sah. Es war schön, dass wir in Philadelphia ganz neu angefangen hatten. Wir brauchten uns endlich nicht mehr zu verstecken.
Jedes weitere Mädchen, das herauskam, warf mir ein wissendes Lächeln zu, doch Bliss ließ sich länger als üblich Zeit.
»Bliss!«, rief ich durch die Tür. »Versuchst du gerade, mich zu foltern?«
Wieder ging die Tür auf … es war eine weitere grinsende Schauspielerin, aber immer noch nicht Bliss. Ich seufzte. Das Mädchen sagte: »Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das versucht.«
Stöhnend presste ich mein Gesicht an die Wand. Die Tür ging wieder auf, und ich machte mir nicht mal die Mühe, hinzuschauen.
»Du kannst reingehen, Loverboy. Ich bin die Letzte.« Ich drehte mich um und sah Alice, die ältere Dame, die Mrs Bennett spielte. Ich lächelte und griff nach der Türklinke. Alice lachte. »Viel Glück!«
Ich dachte mir nichts bei ihrer Antwort, bis ich die Garderobe betrat.
Oh Gott!
Bliss hatte noch das Korsett an, sie saß auf einem Stuhl und starrte mich durch den Spiegel an. Ihre Brüste waren nach oben geschoben, und ihre Augen waren dunkel, als sie mich ansah. Sie griff nach oben und zog die Haarnadeln aus ihrem Haar. Es fiel ihr auf die Schultern herunter, und mein Mund wurde
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