Allwissend
dass wir gewinnen werden.« Er klang zuversichtlich, was Dance ein wenig beruhigte. Sie fingen an. Seybold stellte Dutzende von Fragen über das Verbrechen, sowohl über Dances und O'Neils persönliche Beobachtungen als auch über die Beweis- und Spurenlage.
Der drahtige Mann war ein erfahrener Anklagevertreter und wusste, was er tat. Nach einer Stunde gemeinschaftlicher Befragung lehnte er sich zurück und sagte, er habe fürs Erste genug gehört. Jeden Augenblick musste der nächste Zeuge eintreffen, ein hiesiger Staatspolizist, der sich ebenfalls zu einer Aussage bereitgefunden hatte.
Dance und O'Neil dankten Seybold, der versprach, ihnen das Ergebnis der Immunitätsanhörung umgehend mitzuteilen.
Auf dem Rückweg zur Lobby verlangsamte O'Neil plötzlich seinen Schritt und runzelte die Stirn.
»Was ist?«, fragte Dance.
»Lass uns schwänzen.«
»Wie meinst du das?«
Er wies auf ein wunderschönes Gartenrestaurant, von dem aus man einen Canyon und dahinter das Meer überblicken konnte. »Es ist noch früh. Wann zuletzt hat dir jemand in weißer Kellneruniform Eier Benedict serviert?«
Dance überlegte. »Welches Jahr haben wir doch gleich?«
Er lächelte. »Komm schon. Wir werden uns kaum verspäten.«
Sie sah auf die Uhr. »Ich weiß nicht.« Kathryn Dance hatte schon als Schülerin nie geschwänzt, geschweige denn als leitende Ermittlerin beim CBI.
Dann sagte sie sich: Was zögerst du? Du fühlst dich so wohl in Michaels Gesellschaft und verbringst außerhalb der Arbeit kaum Zeit mit ihm.
»Also gut.« Sie kam sich schon wieder wie ein Teenager vor, aber diesmal auf gute Weise.
Sie bekamen an einem langen Tisch am Rand der Terrasse zwei Plätze nebeneinander mit Blick auf die Hügel. Die Sonne stand niedrig am Himmel, und es war ein klarer, frischer Junimorgen.
Der Kellner - nicht in voller Uniform, aber in einem angemessen gestärkten weißen Hemd - schenkte Kaffee ein und brachte ihnen die Speisekarten. Dances Blick fiel auf die Seite, auf der das Restaurant seine berühmten Mimosas anpries, Sekt mit Oran-gensaft. Auf keinen Fall, dachte sie, hob den Kopf und sah, dass O'Neil soeben genau die gleiche Seite betrachtete.
Sie lachten.
»Wenn wir zur Anklageerhebung durch die Grand Jury oder zum Prozess nach Los Angeles fahren, dann gibt's Champagner«, sagte er.
» Einverstanden.«
In dieser Sekunde klingelte O'Neils Telefon. Er las im Display die Kennung des Anrufers ab. Dance registrierte sofort, dass seine Körpersprache sich veränderte - die Schultern hoben sich leicht, die Arme rückten näher an den Körper heran, der Blick war auf einen Punkt unmittelbar hinter dem Telefon gerichtet.
Sie wusste, wer die Anruferin war, noch bevor O'Neil sie mit einem fröhlichen »Hallo, Liebling« begrüßte.
Dance entnahm dem Gespräch mit seiner Frau Anne, einer professionellen Fotografin, dass diese unerwartet bald zu einer Geschäftsreise würde aufbrechen müssen und sich bei ihrem Mann nach dessen Terminplan erkundigte.
Schließlich unterbrach O'Neil die Verbindung. Schweigend verharrten die beiden einen Moment, bis die ursprüngliche Stimmung sich wieder eingestellt hatte. Dann widmeten sie sich weiter ihren Speisekarten.
»Ja«, verkündete er. »Eier Benedict.«
Dance entschied sich für das gleiche Gericht und hielt nach dem Kellner Ausschau. Doch dann vibrierte ihr Telefon. Sie las die SMS, runzelte die Stirn, las die Nachricht erneut und merkte, dass nun ihre eigene Körpersprache eine rasche Veränderung durchlief. Ihr Herz schlug schneller, die Schultern hoben sich, ein Fuß wippte.
Sie seufzte, und anstatt den Kellner zur Bestellung heranzuwinken, bedeutete sie ihm, er möge bitte die Rechnung bringen.
Kapitel 3
Die Dienststelle des California Bureau of Investigation für den Westen von Zentralkalifornien war in einem unauffälligen modernen Gebäude untergebracht, das genauso aussah wie die der umliegenden Versicherungsgesellschaften und Software-Beratungsfirmen, allesamt sorgfältig hinter Hügeln versteckt und mit der reichhaltigen Vegetation dieses Landstrichs geschmückt.
Das Peninsula Garden Hotel lag nicht weit entfernt, sodass Dance und O'Neil nach weniger als zehn Minuten beim CBI eintrafen, wobei sie zwar auf den Verkehr, aber weder auf rote Ampeln noch auf Stoppschilder Rücksicht nahmen.
Dance stieg aus dem Wagen, hängte sich die Handtasche über die Schulter und nahm ihre zum Bersten gefüllte Computertasche - die von ihrer Tochter »Moms Handtaschen-Annex«
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