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Alptraum-Sommer

Alptraum-Sommer

Titel: Alptraum-Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Dann sagen Sie mir, wer die drei Männer umgebracht hat.«
    Er drückte seine Wangen ein. »Wer?« flüsterte er, bevor er lachte. »Es war der Wald, Mr. Sinclair. Der Wald auf der anderen Seite des Flusses. Er hat die drei Männer getötet, obwohl sie davor gewarnt wurden, ihn zu betreten. Aber sie waren gierig, sie wollten Geschäfte machen, sie wollten Land kaufen, sie wollten es verändern. Der Wald sollte weichen. Riesige Bagger würden kommen und ihn roden. Natur sollte zerstört werden. Unsere Natur, ein Teil unseres Lebens, verstehen Sie? Das ließ man nicht zu.«
    »Wer ließ es nicht zu?«
    »Der Wald!«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich Ihnen nicht, O’Hara. Der Wald wird sie nicht getötet haben.«
    Er senkte den Kopf. »Nicht direkt«, gab er zu. »Aber darin existiert etwas. Dort gibt es Leben, es ist ein kleines Paradies geworden, eine Heimat der Alraunen. Durch das Blut ihrer Feinde wurden sie stark, und dieser Wald wird von Kräften beherrscht, die uns Menschen über sind. Die wir kaum begreifen können.«
    »Heißt die Kraft Mandragoro?«
    O’Hara schluckte. Er wagte nicht, mich anzuschauen. Sein Blick blieb gesenkt. Er verknotete die Finger ineinander und wirkte wie ein Mann, der ein schlechtes Gewissen hatte.
    »Stimmt es?«
    »Ja.«
    »Also Mandragoro!«
    Er hob die Schultern. »Wir wollen nicht, daß die Natur zerstört wird. Sie hat sich hier aufgebaut. Kein Mensch hat eingegriffen. Der Wald konnte wachsen, er konnte bisher seine Geheimnisse bewahren, es ist ein wundervoller Flecken Erde, der von keinem Menschen mehr entweiht werden darf. Begreifen Sie das denn nicht? Hier ist die Heimat der Alraunen, sie können sich hier wohl fühlen, und hier werden sie mit Menschen Kontakt aufnehmen, die es gut mit ihnen meinen.«
    »Kann ich ein Beispiel sagen?«
    »Bitte!«
    »Ihr Enkel Kelly?«
    O’Hara kam einen Schritt vor. Diese Geste entbehrte nicht einer gewissen Symbolik. Er kam aus dem Schatten, aber er erreichte das Licht, diesen feinen hellen Schleier, der durch die Fenster fiel und sich an gewissen Stellen im Raum verteilte. Bei Erwähnung seines Namens hatte der alte Mann regelrecht aufgelebt, und als er vor mir stehenblieb, da sah ich den Stolz auf seinen Gesichtszügen.
    »Ist es so?« hakte ich nach.
    »Sie haben recht!«
    »Dann befindet sich Kelly im Wald?«
    »Es ist seine Heimat«, erwiderte er leise, aber sehr betont und verständlich. »Bei mir hat er nur gewohnt, aber der Wald ist sein eigentliches Terrain.«
    Ich runzelte die Stirn. Irgend etwas hakte bei mir. Ich konnte ihm nicht folgen. »Was sagen denn Kellys Eltern dazu?«
    »Welche Eltern?«
    Ich verbarg meine Überraschung gut. »Nun, es wurde ja von den Personen gesprochen, die seine Eltern sind. Sind Sie nicht unterwegs, um Atomkraftwerke zu überprüfen und…«
    »Glauben Sie das, Sinclair?«
    Ich hob die Augenbrauen und ließ die Luft aus meinen Nasenlöchern strömen. »Sagen wir so, Mr. O’Hara, allmählich bekomme ich meine berechtigten Zweifel.«
    »Stimmt.«
    »Und weiter?«
    »Können Sie sich den Rest nicht denken?« O’Hara ließ sich auf einem Schemel nieder.
    »Nicht sehr gut.«
    »Was hat Kelly Ihnen denn gesagt?«
    »Einiges.«
    »Sprach er nicht über sein Alter?«
    »Ja, das stimmt.«
    O’Hara flüsterte die Antwort dem Fußboden entgegen. »Dabei hat er nicht gelogen, Sinclair. Er sieht zwar aus wie elf oder zwölf, tatsächlich aber zählt er mehr als hundert Jahre. In diesem Haus ist er nur aufgenommen worden. Hier hat er eine gewisse Sicherheit gehabt. Er konnte bei uns seine Rolle spielen. Mein Sohn und meine Schwiegertochter haben ihn akzeptiert. Es geschah mit meinem Einverständnis, es war unser gemeinsamer Wille.«
    »Dann führt Kelly so etwas wie eine Doppelexistenz?«
    O’Hara lächelte. »Ja, wir haben es geschafft, die Menschen zu täuschen.«
    Okay, das nahm ich hin. Aber ich wollte mehr wissen und fragte: »Für das alles muß es doch einen Grund geben, zum Teufel! Er sieht aus wie ein normales Kind. Wie ist es möglich, daß er sich hundert und mehr Jahre so gehalten hat.«
    »Das ist die zweite Existenz, die Täuschung. Er ist in Wirklichkeit kein Kind.«
    »Was dann? Ein Dämon, ein…«
    »Nein, das ist er auch nicht.« In den folgenden Worten des Mannes schwang ein gehöriger Stolz mit. »Kelly ist eine Alraune. Er ist der erste große Versuch gewesen, einen Menschen mit einer Alraune zu mischen. Verstehen Sie das? Er ist der König der Alraunen, was er nicht einmal so

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