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Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Titel: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Kerr
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daß ihre Socken ordentlich durch Gummibänder hochgehalten wurden.
    »Gott weiß, wie ihr allein zurechtkommen wollt«, brummte sie. »Aber in vierzehn Tagen sind wir doch wieder zusammen«, sagte Anna.
    »In vierzehn Tagen kann sich ganz schön Dreck auf einem Hals festsetzen«, sagte Heimpi düster.
    Dann gab es bis zur Ankunft des Taxis nichts mehr zu tun.
    »Wir wollen noch einmal durch das ganze Haus gehen«, sagte Max.
    Sie fingen ganz oben an und gingen von dort nach unten. Alles sah ganz verändert aus. Alle kleineren Gegenstände waren verpackt worden; Teppiche waren aufgerollt und überall standen Kisten, Zeitungspapier lag herum. Sie gingen von einem Raum in den andern und riefen: »Auf Wiedersehn, Papas Schlafzimmer ... auf Wiedersehn, Flur ... auf Wiedersehn, Treppe...«
    »Werdet mir nicht zu aufgeregt«, sagte Mama, als sie an ihr vorbeikamen.
    »Auf Wiedersehn, Diele ... auf Wiedersehn, Wohnzimmer...« Sie kamen zum Ende, da rief Max: »Auf Wiedersehn, Klavier ... auf Wiedersehn, Sofa«, und Anna fiel ein mit: »Auf Wiedersehn, Vorhänge ... auf Wiedersehn, Eßtisch ... auf Wiedersehn, Durchreiche...!«
    Gerade als sie rief: »Auf Wiedersehn, Durchreiche!« öffneten sich die beiden kleinen Klappen, und Heimpi streckte von der Küchenseite her den Kopf hindurch. Plötzlich zog sich Annas Magen zusammen.
    Genau das hatte Heimpi manchmal getan, um Anna zu amüsieren, als sie noch klein war. Sie hatten ein Spiel gespielt, das »durch die Durchreiche gucken« hieß, und Anna hatte es geliebt. Wie konnte sie einfach so weggehen? Wider Willen füllten sich ihre Augen mit Tränen, und sie rief etwas ganz Unvernünftiges: »O Heimpi, ich will nicht von dir und der Durchreiche weggehen!«
    »Ich kann ja wohl schlecht die Durchreiche in meinen Koffer packen«, sagte Heimpi und kam ins Eßzimmer.
    »Kommst du auch bestimmt in die Schweiz?«
    »Ich wüßte nicht, was ich sonst tun sollte«, sagte Heimpi. »Deine Mama hat mir den Fahrschein gegeben, und ich habe ihn in meinem Portemonnaie.«
    »Heimpi«, sagte Max, »wenn du plötzlich feststellst, daß du noch sehr viel Platz in deinem Koffer hast - nur für den Fall, versteht sich - glaubst du, daß du dann die Spielesammlung mitbringen könntest?«
    »Wenn ... wenn ... wenn...«, sagte Heimpi. »Wenn meine Großmutter Räder hätte, wäre sie ein Omnibus.« Das war das, was sie immer sagte.
    Dann läutete die Türklingel. Das Taxi war da, und es blieb keine Zeit mehr. Anna umarmte Heimpi.
    Mama sagte: »Vergessen Sie nicht, daß am Montag die Männer wegen des Klaviers kommen«, und dann umarmte auch sie Heimpi. Max konnte seine Handschuhe nicht finden und hatte sie dann doch in der Tasche. Bertha weinte und der Mann, der sich um den Garten kümmerte, war plötzlich da und wünschte ihnen gute Reise.
    Gerade als das Taxi abfahren wollte, kam eine kleine Gestalt angerannt, die etwas in der Hand trug. Es war Günther. Er drückte Max durchs Fenster ein Paket in die Hand und sagte etwas von seiner Mama, das man nicht verstehen konnte, weil das Taxi gerade anfuhr. Max schrie: »Auf Wiedersehn«, und Günther winkte. Dann fuhr das Taxi die Straße hinauf. Anna konnte noch das Haus sehen und Heimpi und Günther, die winkten ... sie konnte immer noch ein Stückchen vom Haus sehen ... am Ende der Straße fuhren sie an den Kentnerschen Kindern vorbei, die zur Schule gingen. Sie sprachen miteinander und blickten nicht auf. Sie konnte immer noch ein Eckchen vom Haus durch die Bäume hindurch sehen ... dann fuhr das Taxi um die Ecke, und jetzt war das Haus endgültig verschwunden.
    Es war seltsam, mit Mama und ohne Heimpi in einem Zug zu sitzen. Anna war ein wenig besorgt, daß ihr schlecht werden könnte. Als sie klein war, war ihr im Zug immer übel geworden, und selbst jetzt, da sich das ausgewachsen hatte, nahm Heimpi immer für alle Fälle eine Papiertüte mit. Hatte Mama eine Papiertüte?
    Der Zug war sehr besetzt, und Anna und Max waren froh, daß sie Fensterplätze hatten. Sie blickten beide in die graue Landschaft hinaus, die vorüberflog, bis es zu regnen begann. Dann beobachteten sie die Regentropfen, die gegen die Scheibe klatschten und dann langsam nach unten sickerten, aber auch das wurde nach einiger Zeit langweilig. Was nun? Anna betrachtete Mama aus dem Augenwinkel. Heimpi hatte in solchen Fällen immer ein paar Äpfel oder Süßigkeiten bei sich.
    Mama hatte sich in ihrem Sitz zurückgelehnt. Sie hatte die Mundwinkel heruntergezogen und starrte auf die

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