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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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versuchte sich einzureden, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Trotz des frühen Morgens hatte er die Halbliterkaraffe Beaujolais, die der Kellner an seinen Tisch brachte, bald geleert und bestellte unverzüglich eine zweite. Nie hatte Wein so gutgetan, zumal Julian von leichten Kopfschmerzen geplagt wurde, die er den nächtlichen Gesprächen mit Sir Philip zuschrieb.
    Als der Wein seine Wirkung tat, besserte sich Julians Laune etwas. Er konzentrierte sich auf die Wochen, die er in Paris verbringen würde. Er hatte oft davon geträumt, einige Zeit in der Stadt zu verleben, die Voltaire und Gide, Proust und Hemingway beherbergt hatte und die vor Kultur und Intellekt, Wein und Schönheit strahlen musste. Nach sechs Wochen kam er zu dem Schluss, dass die Erfahrung ihn nicht enttäuscht hatte. Peter hatte sich als kundiger Führer und anregender Gefährte entpuppt. Er hatte Julian nicht nur seinem Freund, dem ernsten Schriftsteller Eric Blair, vorgestellt, sondern auch dem freimüti
gen spanischen surrealistischen Maler Joan Miró, der die Angewohnheit hatte, an die Zimmerdecke zu starren, bevor er in sein Notizbuch Skizzen zeichnete. Henry Miller, ein amerikanischer Romancier, und seine Geliebte, die Schriftstellerin Anaïs Nin, waren Julians Lieblingspaar, obwohl die sexuelle Anziehungskraft zwischen den beiden manchmal so stark war, dass es ihm unanständig vorkam, sich im selben Zimmer aufzuhalten.
    Sechs Wochen lang war Julian ganz von der Gesellschaft von Leuten in Anspruch genommen, die den Spanischen Bürgerkrieg in den Vordergrund ihres schöpferischen und politischen Lebens stellten. Sechs Wochen lang hatte er nahezu jeden Tag argumentiert und zugehört, gelernt und gelacht, sich über Politik, Bücher, Gemälde, Gedichte, Liebe, Sex und Tod ereifert und verwundert, bis am folgenden Tag wieder die Sonne über der Seine aufging.
    » Ici, en ce moment, on peut trouver le sens de la vie et le but de vivre «, hatte Miró eines Abends verkündet.
    Und doch schienen Julians eigene Gründe, weshalb er überhaupt lebte, unvollständig. Als seine Kameraden nach sechs Wochen den Entschluss fassten, aus Paris nach Spanien abzureisen, zögerte er. Wenn er sich ihnen anschloss, würde er jenen Teil seines Lebens beenden, von dem er inzwischen überzeugt war, dass er wichtiger war als jeder andere. Schuldig, weil er seine Mutter zurückgelassen hatte und sie ihre Krankheit allein erdulden musste, fühlte er sich nicht. Auch dass er ein ganzes Trimester Jura verpasst hatte, reute ihn nicht. Das würde er nachholen können. Aber er war von Cuckmere aufgebrochen, ohne May zu sagen, was er für sie empfand, und er wollte nicht länger damit warten. Am Donnerstag verabschiedete er sich an der Gare du Nord von Peter und Eric und bestieg den Morgenzug nach Dieppe. Mit etwas Glück würde er am Nachmittag des nächsten Tages in London eintreffen, gerade noch rechtzeitig zum Wochenende.
     
    May beendete ihren Tagebucheintrag und beschloss, zu Smart's Lichtspielhaus zu gehen, um herauszufinden, ob die Wochenschau an diesem Freitagnachmittag schon die offizielle Nachricht von der Abdankung brachte. In dem überfüllten Kino setzte sie sich auf den einzigen verfügbaren Platz am Gang in der letzten Reihe. Das Geräusch von Erdnussgeknabber an diesem Abend war ungewöhnlich gedämpft, auch wenn unvermindert Bravo- und Buhrufe, eine vertraute Mischung, in Richtung der Leinwand geschleudert wurden.
    Die Frau auf dem Platz neben ihr war in einer schrecklichen Verfassung, sie rang die Hände und zitterte. »Wie sollen wir ohne ihn zurechtkommen?«, fragte sie, an May gewandt. Sie schien keine Antwort zu erwarten. Kurz nachdem die Lichter ausgegangen waren und obwohl der Film bereits lief, drängte sie sich an May vorbei und strebte dem Ausgang zu.
    May sah auf die Schwarz-Weiß-Bilder, die sich vor ihr bewegten, und langte unwillkürlich in ihren wollenen Ärmel, um zu prüfen, ob das silberne Armband noch sicher an seinem Platz war. Mit dem Zeigefinger strich sie über die leicht abgegriffene Reihe Vergissmeinnicht. Auf Szenen, die Schneefälle in Argyllshire zeigten und mit einer Bildunterschrift versehen waren, die eine »sprichwörtlich weiße Weihnacht« versprach, folgte eine Nachricht über die Begegnung der Rugbymannschaften von Oxford und Cambridge, sodann ein Bericht über ein verheerendes Flugzeugunglück, das vierzehn Menschenleben gekostet hatte. Kurz nach dem Start in Croydon war eine niederländische Maschine

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