Also sprach Zarathustra
Ermüdung, und Tafeln, welche die Faulheit schuf, die faulige: ob sie schon gleich reden, so wollen sie doch ungleich gehört sein. -
Seht hier diesen Verschmachtenden! Nur eine Spanne weit ist er noch von seinem Ziele, aber vor Müdigkeit hat er sich trotzig hier in den Staub gelegt: dieser Tapfere!
Vor Müdigkeit gähnt er Weg und Erde und Ziel und sich selber an: keinen Schritt will er noch weiter thun, - dieser Tapfere!
Nun glüht die Sonne auf ihn, und die Hunde lecken nach seinem Schweisse: aber er liegt da in seinem Trotze und will lieber verschmachten: -
- eine Spanne weit von seinem Ziele verschmachten! Wahrlich, ihr werdet ihn noch an den Haaren in seinen Himmel ziehen müssen, - diesen Helden!
Besser noch, ihr lasst ihn liegen, wohin er sich gelegt hat, dass der Schlaf ihm komme, der Tröster, mit kühlendem Rausche-Regen:
Lasst ihn liegen, bis er von selber wach wird, bis er von selber alle Müdigkeit widerruft und was Müdigkeit aus ihm lehrte!
Nur, meine Brüder, dass ihr die Hunde von ihm scheucht, die faulen Schleicher, und all das schwärmende Geschmeiss: -
- all das schwärmende Geschmeiss der "Gebildeten", das sich am Schweisse jedes Helden - gütlich thut! -
19.
Ich schliesse Kreise um mich und heilige Grenzen; immer Wenigere steigen mit mir auf immer höhere Berge, - ich baue ein Gebirge aus immer heiligeren Bergen. -
Wohin ihr aber auch mit mir steigen mögt, oh meine Brüder: seht zu, dass nicht ein Schmarotzer mit euch steige!
Schmarotzer: das ist ein Gewürm, ein kriechendes, geschmiegtes, das fett werden will an euren kranken wunden Winkeln.
Und das ist seine Kunst, dass er steigende Seelen erräth, wo sie müde sind: in euren Gram und Unmuth, in eure zarte Scham baut er sein ekles Nest.
Wo der Starke schwach, der Edle allzumild ist, - dahinein baut er sein ekles Nest: der Schmarotzer wohnt, wo der Grosse kleine wunde Winkel hat.
Was ist die höchste Art alles Seienden und was die geringste? Der Schmarotzer ist die geringste Art; wer aber höchster Art ist, der ernährt die meisten Schmarotzer.
Die Seele nämlich, welche die längste Leiter hat und am tiefsten hinunter kann: wie sollten nicht an der die meisten Schmarotzer sitzen? -
- die umfänglichste Seele, welche am weitesten in sich laufen und irren und schweifen kann; die nothwendigste, welche sich aus Lust in den Zufall stürzt: -
- die seiende Seele, welche in's Werden taucht; die habende, welche in's Wollen und Verlangen will : -
- die sich selber fliehende, die sich selber im weitesten Kreise einholt; die weiseste Seele, welcher die Narrheit am süssesten zuredet: -
- die sich selber liebendste, in der alle Dinge ihr Strömen und Wiederströmen und Ebbe und Fluth haben: - oh wie sollte _die_höchste_Seele_ nicht die schlimmsten Schmarotzer haben?
20.
Oh meine Brüder, bin ich denn grausam? Aber ich sage: was fällt, das soll man auch noch stossen!
Das Alles von Heute - das fällt, das verfällt: wer wollte es halten! Aber ich - ich will es noch stossen!
Kennt ihr die Wollust, die Steine in steile Tiefen rollt? - Diese Menschen von heute: seht sie doch, wie sie in meine Tiefen rollen!
Ein Vorspiel bin ich besserer Spieler, oh meine Brüder! Ein Beispiel! Thut nach meinem Beispiele!
Und wen ihr nicht fliegen lehrt, den lehrt mir - schneller fallen! -
21.
Ich liebe die Tapferen: aber es ist nicht genug, Hau-Degen sein, - man muss auch wissen Hau-schau- Wen !
Und oft ist mehr Tapferkeit darin, dass Einer an sich hält und vorübergeht: damit er sich dem würdigeren Feinde aufspare!
Ich sollt nur Feinde haben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum
Verachten: ihr müsst stolz auf euren Feind sein: also lehrte ich schon
Ein Mal.
Dem würdigeren Feinde, oh meine Freunde, sollt ihr euch aufsparen: darum müsst ihr an Vielem vorübergehn, -
- sonderlich an vielem Gesindel, das euch in die Ohren lärmt von Volk und Völkern.
Haltet euer Auge rein von ihrem Für und Wider! Da giebt es viel Recht, viel Unrecht: wer da zusieht, wird zornig.
Dreinschaun, dreinhaun - das ist da Eins: darum geht weg in die Wälder und legt euer Schwert schlafen!
Geht eure Wege! Und lasst Volk und Völker die ihren gehn! - dunkle Wege wahrlich, auf denen auch nicht Eine Hoffnung mehr wetterleuchtet!
Mag da der Krämer herrschen, wo Alles, was noch glänzt - Krämer-Gold ist! Es ist die Zeit der Könige nicht mehr: was sich heute Volk heisst, verdient keine Könige.
Seht doch, wie diese Völker jetzt selber den Krämern gleich
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