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Also sprach Zarathustra

Titel: Also sprach Zarathustra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Wilhelm Nietzsche
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war, der da fragte: "wen hassen sie am meisten?"
    Den Schaffenden hassen sie am meisten: den, der Tafeln bricht und alte Werthe, den Brecher - den heissen sie Verbrecher.
    Die Guten nämlich - die können nicht schaffen: die sind immer der Anfang vom Ende:-
    - sie kreuzigen Den, der neue Werthe auf neue Tafeln schreibt, sie opfern sich die Zukunft, - sie kreuzigen alle Menschen-Zukunft!
    Die Guten - die waren immer der Anfang vom Ende. -
    27.
    Oh meine Brüder, verstandet ihr auch diess Wort? Und was ich einst sagte vom "letzten Menschen"? - -
    Bei Welchen liegt die grösste Gefahr aller Menschen-Zukunft? Ist es nicht bei den Guten und Gerechten?
    Zerbrecht, zerbrecht mir die Guten und Gerechten! - Oh meine Brüder, verstandet ihr auch diess Wort?
    28.
    Ihr flieht von mir? Ihr seid erschreckt? Ihr zittert vor diesem Worte?
    Oh meine Brüder, als ich euch die Guten zerbrechen hiess und die
Tafeln der Guten: da erst schiffte ich den Menschen ein auf seine hohe
See.
    Und nun erst kommt ihm der grosse Schrecken, das grosse Um-sich-sehn, die grosse Krankheit, der grosse Ekel, die grosse See-Krankheit.
    Falsche Küsten und falsche Sicherheiten lehrten euch die Guten; in Lügen der Guten wart ihr geboren und geborgen. Alles ist in den Grund hinein verlogen und verbogen durch die Guten.
    Aber wer das Land "Mensch" entdeckte, entdeckte auch das Land "Menschen-Zukunft". Nun sollt ihr mir Seefahrer sein, wackere, geduldsame!
    Aufrecht geht mir bei Zeiten, oh meine Brüder, lernt aufrecht gehn! Das Meer stürmt: Viele wollen an euch sich wieder aufrichten.
    Das Meer stürmt: Alles ist im Meere. Wohlan! Wohlauf! Ihr alten Seemanns-Herzen!
    Was Vaterland! Dorthin will unser Steuer, wo unser Kinder-Land ist! Dorthinaus, stürmischer als das Meer, stürmt unsre grosse Sehnsucht! -
    29.
    "Warum so hart! - sprach zum Diamanten einst die Küchen-Kohle; sind wir denn nicht Nah-Verwandte?" -
    Warum so weich? Oh meine Brüder, also frage ich euch: seid ihr denn nicht - meine Brüder?
    Warum so weich, so weichend und nachgebend? Warum ist so viel
Leugnung, Verleugnung in eurem Herzen? So wenig Schicksal in eurem
Blicke?
    Und wollt ihr nicht Schicksale sein und Unerbittliche: wie könntet ihr mit mir - siegen?
    Und wenn eure Härte nicht blitzen und scheiden und zerschneiden will: wie könntet ihr einst mit mir - schaffen?
    Die Schaffenden nämlich sind hart. Und Seligkeit muss es euch dünken, eure Hand auf Jahrtausende zu drücken wie auf Wachs, -
    - Seligkeit, auf dem Willen von Jahrtausenden zu schreiben wie auf
Erz, - härter als Erz, edler als Erz. Ganz hart ist allein das
Edelste.
    Diese neue Tafel, oh meine Brüder, stelle ich über euch: werdet hart! -
    30.
    Oh du mein Wille! Du Wende aller Noth du meine Nothwendigkeit! Bewahre mich vor allen kleinen Siegen!
    Du Schickung meiner Seele, die ich Schicksal heisse! Du-In-mir! Über-mir! Bewahre und spare mich auf zu Einem grossen Schicksale!
    Und deine letzte Grösse, mein Wille, spare dir für dein Letztes auf, - dass du unerbittlich bist in deinem Siege! Ach, wer unterlag nicht seinem Siege!
    Ach, wessen Auge dunkelte nicht in dieser trunkenen Dämmerung! Ach, wessen Fuss taumelte nicht und verlernte im Siege - stehen! -
    - Dass ich einst bereit und reif sei im grossen Mittage: bereit und reif gleich glühendem Erze, blitzschwangrer Wolke und schwellendem Milch-Euter: -
    - bereit zu mir selber und zu meinem verborgensten Willen: ein Bogen brünstig nach seinem Pfeile, ein Pfeil brünstig nach seinem Sterne: -
    - ein Stern bereit und reif in seinem Mittage, glühend, durchbohrt, selig vor vernichtenden Sonnen-Pfeilen: -
    - eine Sonne selber und ein unerbittlicher Sonnen-Wille, zum Vernichten bereit im Siegen!
    Oh Wille, Wende aller Noth, du meine Nothwendigkeit! Spare mich auf zu Einem grossen Siege! - -
    Also sprach Zarathustra.
    Der Genesende
    1.
    Eines Morgens, nicht lange nach seiner Rückkehr zur Höhle, sprang Zarathustra von seinem Lager auf wie ein Toller, schrie mit furchtbarer Stimme und gebärdete sich, als ob noch Einer auf dem Lager läge, der nicht davon aufstehn wolle; und also tönte Zarathustra's Stimme, dass seine Thiere erschreckt hinzukamen, und dass aus allen Höhlen und Schlupfwinkeln, die Zarathustra's Höhle benachbart waren, alles Gethier davon huschte, - fliegend, flatternd, kriechend, springend, wie ihm nur die Art von Fuss und Flügel gegeben war. Zarathustra aber redete diese Worte:
    Herauf, abgründlicher Gedanke, aus meiner Tiefe! Ich bin dein Hahn und

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