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Also sprach Zarathustra

Titel: Also sprach Zarathustra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Wilhelm Nietzsche
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einst heilig; vor ihnen beugte man Knie und Köpfe und zog die Schuhe aus.
    Aber ich frage euch: wo gab es je bessere Räuber und Todtschläger in der Welt, als es solche heilige Worte waren?
    Ist in allem Leben selber nicht - Rauben und Todtschlagen? Und dass solche Worte heilig hiessen, wurde damit die Wahrheit selber nicht - todtgeschlagen?
    Oder war es eine Predigt des Todes, dass heilig hiess, was allem Leben widersprach und widerrieth? - Oh meine Brüder, zerbrecht, zerbrecht mir die alten tafeln!
    11.
    Diess ist mein Mitleid mit allem Vergangenen, dass ich sehe: es ist preisgegeben, -
    - der Gnade, dem Geiste, dem Wahnsinne jedes Geschlechtes preisgegeben, das kommt und Alles, was war, zu seiner Brücke umdeutet!
    Ein grosser Gewalt-Herr könnte kommen, ein gewitzter Unhold, der mit seiner Gnade und Ungnade alles Vergangene zwänge und zwängte: bis es ihm Brücke würde und Vorzeichen und Herold und Hahnenschrei.
    Diess aber ist die andre Gefahr und mein andres Mitleiden: - wer vom
Pöbel ist, dessen Gedenken geht zurück bis zum Grossvater, - mit dem
Grossvater aber hört die Zeit auf.
    Also ist alles Vergangene preisgegeben: denn es könnte einmal kommen, dass der Pöbel Herr würde und in seichten Gewässern alle Zeit ertränke.
    Darum, oh meine Brüder, bedarf es eines _neuen_Adels_, der allem Pöbel und allem Gewalt-Herrischen Widersacher ist und auf neue Tafeln neu das Wort schreibt "edel".
    Vieler Edlen nämlich bedarf es und vielerlei Edlen, dass es Adel gebe! Oder, wie ich einst im Gleichniss sprach: "Das eben ist Göttlichkeit, dass es Götter, aber keinen Gott giebt!"
    12.
    Oh meine Brüder, ich weihe und weise euch zu einem neuen Adel: ihr sollt mir Zeuger und Züchter werden und Säemänner der Zukunft, -
    - wahrlich, nicht zu einem Adel, den ihr kaufen könntet gleich den Krämern und mit Krämer-Golde: denn wenig Werth hat Alles, was seinen Preis hat.
    Nicht, woher ihr kommt, mache euch fürderhin eure Ehre, sondern wohin ihr geht! Euer Wille und euer Fuss, der über euch selber hinaus will, - das mache eure neue Ehre!
    Wahrlich nicht, dass ihr einem Fürsten gedient habt - was liegt noch an Fürsten! - oder dem, was steht, zum Bollwerk wurdet, dass es fester stünde!
    Nicht, dass euer Geschlecht an Höfen höfisch wurde, und ihr lerntet, bunt, einem Flamingo ähnlich, lange Stunden in flachen Teichen stehn.
    - Denn Stehen- können ist ein Verdienst bei Höflingen; und alle Höflinge glauben, zur Seligkeit nach dem Tode gehöre - Sitzen- dürfen ! -
    Nicht auch, dass ein Geist, den sie heilig nennen, eure Vorfahren in gelobte Länder führte, die ich nicht lobe: denn wo der schlimmste aller Bäume wuchs, das Kreuz, - an dem Lande ist Nichts zu loben! -
    - und wahrlich, wohin dieser "heilige Geist" auch seine Ritter führte, immer liefen bei solchen Zügen - Ziegen und Gänse und Kreuz- und Querköpfe voran ! -
    Oh meine Brüder, nicht zurück soll euer Adel schauen, sondern hinaus ! Vertriebene sollt ihr sein aus allen Vater- und Urväterländern!
    Eurer Kinder Land sollt ihr lieben: diese Liebe sei euer neuer Adel, - das unentdeckte, im feinsten Meere! Nach ihm heisse ich eure Segel suchen und suchen!
    An euren Kindern sollt ihr gutmachen , dass ihr eurer Väter Kinder seid: alles Vergangene sollt ihr so erlösen! Diese neue Tafel stelle ich über euch!
    13.
    "Wozu leben? Alles ist eitel! Leben - das ist Stroh dreschen; Leben - das ist sich verbrennen und doch nicht warm werden." -
    Solch alterthümliches Geschwätz gilt immer noch als "Weisheit"; dass es aber alt ist und dumpfig riecht, darum wird es besser geehrt. Auch der Moder adelt. -
    Kinder durften so reden: die scheuen das Feuer, weil es sie brannte! Es ist viel Kinderei in den alten Büchern der Weisheit.
    Und wer immer "Stroh drischt", wie sollte der auf das Dreschen lästern dürfen! Solchem Narren müsste man doch das Maul verbinden!
    Solche setzen sich zu Tisch und bringen Nichts mit, selbst den guten Hunger nicht: - und nun lästern sie "Alles ist eitel!"
    Aber gut essen und trinken, oh meine Brüder, ist wahrlich keine eitle Kunst! Zerbrecht, zerbrecht mir die Tafeln der Nimmer-Frohen!
    14.
    "Dem Reinen ist Alles rein" - so spricht das Volk. Ich aber sage euch: den Schweinen wird Alles Schwein!
    Darum predigen die Schwärmer und Kopfhänger, denen auch das Herz niederhängt: "die Welt selber ist ein kothiges Ungeheuer."
    Denn diese Alle sind unsäuberlichen Geistes; sonderlich aber Jene, welche nicht Ruhe, noch Rast haben, es

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