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Altenberger Requiem

Altenberger Requiem

Titel: Altenberger Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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die Zigarette aus. »Eben«, sagte sie, und ihre Stimme wurde spitzer. »Genau das. Wieder geht etwas im Leben zu Ende. Wieder muss man sich damit abfinden, dass man sich einer neuen Grenze nähert. Wieder geht’s ein Stück abwärts.«
    Ich sagte nichts und unterdrückte den Drang, aufzuseufzen. Manchmal konnte einen diese Frau wirklich in den Wahnsinn treiben. Seit Jahrzehnten war Jutta finanziell unabhängig, sie hatte die ganze Welt gesehen, hatte sich alles gegönnt, was man sich vorstellen konnte. Wenn sie sich dazu herabließ, sich in meinen Job einzumischen, war es nicht ausgeschlossen, dass sie alles nur noch schlimmer machte. Zumindest zeitweise. Bevor sie dann -das muss ich zugeben - gelegentlich auch die entscheidende Hilfe war. Es ging ihr jedenfalls wesentlich besser als den meisten anderen Menschen - und vor allem viel besser als zum Beispiel mir. Obwohl sie meine Tante war, hatte sie sich noch nie entschließen können, mich finanziell zu unterstützen, wenn es meiner Detektei nicht so gut ging. Was, ehrlich gesagt, ein Dauerzustand war.
    Und jetzt musste ich mir ein Lamento darüber anhören, dass sie sich alt fühlte.
    Was sollte ich denn sagen? Mein eigener Geburtstag war am 30. Mai sang- und klanglos vorübergegangen. Wenn ich mich recht entsann, hatte ich den Tag damit verbracht, in der Remscheider Alleestraße einen Mann zu überwachen, der angeblich fremdging. Ein öder Routinejob. Das Wetter hatte Februar-Niveau gehabt, und ich hatte mir eine Erkältung zugezogen. Auch ich ging auf einen runden Geburtstag zu. Aber mir war es egal, ob ich Ende oder Mitte vierzig war.
    »Du bist doch nicht zu mir gekommen, um mit mir darüber zu diskutieren, ob dein Altersglas halb voll oder halb leer ist?«
    Sie sah auf. »Nein. Ich wollte dir einfach nur mitteilen, dass ich meinen Geburtstag nachfeiere. Nächstes Wochenende. Ich habe das im Dezember versäumt, und ich denke, dass man alle Feste mitnehmen sollte, die es noch gibt. Bevor es endgültig zu spät ist«, fügte sie düster hinzu.
    Wieder fragte ich mich, ob ich mich irrte, aber ihre Stimme wurde am Ende des Satzes ein bisschen weinerlich. Das war ich von Jutta nicht gewohnt.
    »Sag mal, geht’s dir eigentlich gut?«, fragte ich. »Ich meine, körperlich?«
    »Schon, aber …«
    »Na siehst du«, unterbrach ich sie. »Was soll dann das ganze Gerede? Du bist immer noch fit genug, um Harley zu fahren oder auf den Himalaja zu steigen. Was haben denn da schon die blöden Zahlen zu sagen? Ob eine fünf oder eine sechs vorne steht, ist doch völlig egal.«
    Sie tätschelte mir das Knie. Ich erschrak. Das war auch etwas vollkommen Neues.
    »Du bist lieb«, sagte sie.
    »Jetzt mach bloß nicht auf alte Tante«, fuhr ich auf. »Auf so was hab ich nämlich überhaupt keine Lust. Und dass du mich zum Geburtstag eingeladen hast, finde ich zwar nett, aber …«
    Ich stockte, weil ich nicht wusste, wie ich es sagen sollte. Eigentlich hatte ich mich von Juttas gesellschaftlichen Anlässen immer ferngehalten. Ich passte nicht in diesen Kreis selbstherrlicher Vorstände, Banker, Steuerberater und Künstler, mit denen Jutta sich umgab.
    Ich wurde direkt: »Bist du sicher, dass du mich dabeihaben willst?«
    Sie wiegte den Kopf hin und her. »Es ist im Grunde keine richtige Einladung«, sagte sie.
    Sofort ging in mir eine Alarmglocke los. »Was heißt das?«
    »Ich wollte dich fragen, ob du mir hilfst.«
    »Also mehr ein Job?«
    »Wenn du so willst.«
    »Ich habe schon einen.«
    »Tatsächlich? Wo?«
    »Hier.«
    Sie stellte ihr Glas ab und sah mich streng an. Ihr schwacher Moment von eben war offenbar überwunden. »Du kannst doch wohl mal einen Tag hier weg und mir helfen?«
    »Was soll ich denn machen? Kellnern?«
    »Zum Beispiel. Oder andere Sachen.«
    »Wie bitte?«
    »Ich werde jedenfalls eine kleine Bar einrichten. Es ist Sommer, es wird ein Fest unter freiem Himmel.«
    »Bei dir im Garten?«
    Jutta wohnte auf dem Brill in Wuppertal. Oberhalb des Villenviertels, das Berühmtheiten wie Else Lasker-Schüler hervorgebracht hatte. Ihr Hanggrundstück besaß ähnliche Ausmaße wie ein Fußballplatz. Na ja, vielleicht nicht ganz.
    »Nein, ich habe da ein paar andere Ideen. Ich veranstalte eine Rallye. Am frühen Nachmittag geht’s los. Alle Gäste versammeln sich und bekommen eine Mappe mit Aufgaben, die sie lösen müssen. An verschiedenen Orten im Bergischen Land.«
    »So eine Art Schnitzeljagd? Klingt spannend. Und was für Aufgaben sind das?«
    »Sie sollen

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