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Alzheimer und Demenzen

Alzheimer und Demenzen

Titel: Alzheimer und Demenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prof. Dr. Sabine Engel
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erreiche!
Sich »Fehler« verzeihen
    Wenn ich den Demenzkranken einmal schroff anrede oder die Geduld verliere, ist es zwar sicherlich gut, wenn ich mich anschließend bei ihm entschuldige, doch hinterher sollte ich es halten wie der Kranke selbst: das Gewesene schnell vergessen. Denn es ist wichtig, dass ich mir selbst verzeihen und »alte Geschichten« loslassen kann. Wer sich selbst eigene Fehler ewig nachträgt und sich nicht vergeben kann, bindet sehr viel seiner Energie an die Vergangenheit, die er sowieso nicht mehr ändern kann. Erst wer einen Schlussstrich hinter Vergangenes setzt, hat seine ganze Kraft für die Gegenwart.
    Zur Selbstakzeptanz gehört auch die Bereitschaft, geduldig mit sich selbst zu sein! Ich sollte daher akzeptieren, dass der Umgang mit einem demenzkranken Menschen eine völlig neue Situation für mich ist! Es wird zwar immer wieder einmal die Meinung geäußert, dass Demenzkranke wie kleine Kinder sind, doch das ist nicht wahr! Die Kommunikation und der Umgang mit einem kleinen, sich noch entwickelnden und lernenden Kind ist mit der Beziehung zu einem Demenzkranken, der ja seinen Erfahrungsschatz und die Spuren seines ganzen Lebens in sich trägt, aber sich nicht mehr weiterentwickeln und lernen kann, nicht zu vergleichen. Das Verhalten in dieser Situation muss daher von mir völlig neu gelernt werden. Und dies erfordert sehr viel Geduld mit mir selbst!
Sich Hilfe holen und Freiräume schaffen
    Möglicherweise fühle ich mich besonders dadurch überbeansprucht, dass ich rund um die Uhr von dem demenzkranken Familienmitglied gebraucht werde. Dieses Gefühl, 24 Stunden am Tag für den Kranken verfügbar sein zu müssen, trägt außerordentlich stark zu meiner Erschöpfung bei. Deshalb ist es so wichtig, dass ich lerne und zulasse, andere Personen in die Betreuung des Kranken mit einzubeziehen, damit Freiräume für mich geschaffen werden.
Einen Besuchsdienst engagieren
    Angehörigenberatungsstellen vermitteln auf Wunsch einen Besuchsdienst. Menschen, die im Besuchsdienst arbeiten, sind Laienhelfer, die im Umgang mit demenzkranken Menschen geschult sind. Sie übernehmen stundenweise die häusliche Betreuung des Kranken. In dieser Zeit kann ich unbesorgt das Haus verlassen und Erledigungen machen oder eigenen Interessen nachgehen.Besuchsdienste arbeiten zwar ehrenamtlich, doch bekommen sie eine geringe stündliche Aufwandsentschädigung, die bis zu einem bestimmten Betrag von der Pflegekasse übernommen wird, wenn der Kranke eine Pflegestufe hat bzw. zusätzliche Betreuungsleistungen bei eingeschränkter Alltagskompetenz erhält.
    Leider machen die Mitarbeiter von Angehörigenberatungsstellen immer wieder die Erfahrung, dass Angehörige die Entlastungsmöglichkeiten, die ihnen aufgezeigt werden, nicht annehmen. Als Begründung sagen sie, sie würden ein schlechtes Gewissen und Schuldgefühle bekommen, wenn sie ihren kranken Verwandten oder Partner einer anderen Person anvertrauten, weil sie ja wüssten, dass es ihm nicht gefällt, von jemand anderem betreut zu werden. Täten sie es dennoch, hätten sie das Gefühl, ihn im Stich zu lassen.
Es ist kurzsichtig, Hilfe abzulehnen
    Da ein solches Gefühl bei mir meist tief verwurzelt ist, fällt es oft sehr schwer, diese Haltung zu korrigieren. Es ist jedoch eines der wichtigsten Ziele der Angehörigenberatung, mir die Augen dafür zu öffnen, wie kurzsichtig es von mir ist, immer, d. h. ohne Erholungspausen, für meinen demenzkranken Familienangehörigen zuständig sein zu wollen! Denn wenn eine Pflegeperson nicht regelmäßig die Möglichkeit hat, Abstand von der Pflegesituation zu bekommen, um wieder Kraft zu schöpfen, droht ihr das Burnout, d. h. der Zusammenbruch. Wie Studien aus der Pflegeforschung zeigen, gilt das für alle Menschen – auch für diejenigen, die glauben, besonders stark, widerstandsfähig und unempfindlich zu sein.
    Wenn ich aber erst einmal einen derartigen Zusammenbruch erlitten habe, kommt es meist zu einer Situation, die ich dem Demenzkranken eigentlich ersparen wollte: Weil ich – vielleicht sogar ganz akut – ins Krankenhaus oder eine andere Heilbehandlungseinrichtung muss, ist es erforderlich, dass der Demenzkranke in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden muss. Und wenn es sich hierbei um einen akuten Notfall handelt, bleibt mir gar keine Zeit mehr, mir verschiedene Pflegeheime anzusehen, ein gutes auszusuchen und den Kranken auf diese Umstellung vorzubereiten. Die Erfahrungen zeigen, dass sowohl der Kranke

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