Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Anfang war das Chaos

Am Anfang war das Chaos

Titel: Am Anfang war das Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
Leben, das wir führen.«
    Er fiel in sich zusammen, dann hob er langsam den Kopf und murmelte:
    »Aber ich schwöre es euch! Wir werden alles überleben! Wir werden vielleicht nicht mehr so groß und mächtig werden wie damals. Aber wir schaffen es! Ich und Helmonds Rotte!«
    Er deutete schweigend in die Richtung, aus der Caronj vor einigen Stunden gekommen war. Santauta und Tautason nahmen ihre Waffen auf, hängten die Wassersäcke an die Gürtel und gingen schweigend den grasbewachsenen Hang hinunter.
    War es Norden? Oder Westen? Jedenfalls kam dorther der Regen.

2.
    Schnell und geschickt liefen die beiden Mimesen durch den Dschungel. Sie benutzten die Pfade und leichterten Teile des Waldes, die ihnen der Zentaur geschildert hatte. Dann erreichten sie die uralte Straße und rannten auf deren Steinen entlang. Sie fanden die Spuren des Kampfes und bogen am höchsten Punkt des Weges nach rechts ab.
    Eine andere Straße querte den Weg, auch sie nur ein kümmerlicher Pfad, an den Rändern bewachsen und ebenso schmutzig wie ausgetreten. Sie zeigte die frischen Spuren von schmalen Wagenrädern, Hufeindrücken und Füßen. Die beiden Mimesen folgten den schwachen Merkmalen der Menschengruppe.
    »Keine Abfälle. Sie haben auch nichts zu essen!« murmelte Santauta und pirschte entlang des rechten Straßenrands weiter.
    »Still. Ich höre Stimmen.«
    Hier waren die Wipfel der ineinander verfilzten Bäume niedriger. Ab und zu erhaschten die kleinen graubraunen Wesen einen knappen Blick auf die höchsten Punkte von Schattenparadies. Sie sahen die obersten Teile der Ruinen und manchmal den Rauch des Feuers.
    »Du hast recht. Hinter den Bäumen…«
    Der Weg wand sich nach links, führte einige Bogenschüsse weit geradeaus und schlug dann förmlich einen Haken nach rechts. Die Reste eines Hauses waren zu sehen; nur noch ein Viereck aus Bruchstein, bis zur Unkenntlichkeit überwuchert. In der Mitte der Pflanzen sahen die Mimesen die Reste eines längst erkalteten Feuerkreise. Geräuschlos hasteten sie weiter, und schon nach zweihundert Schritten merkten sie zweierlei.
    Sie hatten sich weit von Schattenparadies entfernt – in eine Richtung, die bisher niemand eingeschlagen hatte.
    Und: Der Treck der Menschen, die sie überfallen würden, hatte ein Lager aufgeschlagen.
    Links des Weges dehnte sich ein Feld aus. Es war umgeben von Hecken, und die Äste mächtiger Bäume schützten die Lichtung. Die beiden Wangen standen da, die mageren Klepper waren ausgeschirrt und fraßen zwischen Gras und Dornen. Um ein Feuer, das eine Unmenge Rauch entwickelte, saßen und kauerten die Fremden. Santauta überquerte den Pfad, duckte sie und flüsterte ihrem Gefährten zu:
    »Wir belauschen sie, nicht wahr?«
    »Helmond hat’s befohlen. Tarnen wir uns.«
    »Natürlich.«
    Sie schoben sich zwischen die Nesseln und Sträucher und wurden zu grünen, gefleckten Schemen. Die Pflanzen bewegten sich mit leichtem Rascheln und Knistern. Die schlanken, faserigen Körper der Mimesen wanden sich schlangengleich hindurch, und niemand sah oder hörte sie. Sie waren sehr schnell, schneller als Tiere des fremden Dschungels. Die beiden hielten erst an, als sie neben dem Karren aus den Spitzen der Gräser auftauchten. Schon seit einigen Schritten hatten sie die aufgeregten Stimmen der Fremden gehört – aber sie verstanden kaum ein Wort.
    Langsam schoben sie ihre Schultern und Köpfe aus dem Wirrwarr der zitternden Pflanzen. Über dem Feuer stand ein Dreibein aus Holz, an dem ein rußiger Kessel hing. Aus dem Kessel dampfte eine Suppe. Der Geruch ließ die Mägen der zwei Späher laut aufknurren, obwohl es alles andere als ein Beweis für fette, wohlgewürzte Suppe war.
    Die Menschen waren kaum bewaffnet. Hier sahen Tautason ein schartiges Schwert, dort einen Bogen, einen Köcher voller zerfaserter Pfeile, ein paar Lanzen, deren Schäfte sich verzogen hatten, Dolche und Äxte mit rostigen Schneiden.
    Sie redeten in einer unbekannten Sprache miteinander. Es war Gorgan, von dem sie nur ein paar Brocken verstanden, ebensoviel, wie sie aufgeschnappt hatten, als Helmond dem Jungen diese Sprache beigebracht hatte.
    Also sprachen die Fremden kein Schattenwelsch. Davon hätten sie jedes Wort verstanden.
    Sie musterten jeden einzelnen dieses traurigen, abgerissenen Zuges. Offensichtlich war eine hochgewachsene Frau, jenseits der besten Jahre, die Anführerin. Sie wurde mit »Sophela« angesprochen. Sie gab einem aufsässigen Jungen eine schallende Ohrfeige, die ihn ins

Weitere Kostenlose Bücher