Am Anfang war das Ende (German Edition)
ist.
David zieht die halbeingeschlagenen Nägel wieder heraus und öffnet den Deckel. Diddi legt den Hund vorsichtig in Benjamins Arme.
DIDDI
Jetzt musst du keine Angst mehr haben.
David und Gabriel schließen den Deckel und nageln ihn zu. Dann packen sie den Sarg an je einem Ende und heben ihn über den Rand in die Grube. Als sie ihn loslassen, fällt er mit schwerem Aufprall in das Loch. Dinah bringt ein hölzernes Kreuz, das aus einem ähnlichen Stück Treibholz gemacht ist wie der Kalender. In das Brett hat Dinah einen Text eingeritzt:
Benjamin
13. Majus anno 1
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35 . SZENE. AUSSENAUFNAHME. TAG. GARTEN.
DIE TOTE FAMILIE.
Im Garten sind ein paar Personen erkennbar, die für sich im Schatten zwischen den Bäumen stehen. Es scheint die tote Familie zu sein. Der Vater, die Mutter und die beiden Zwillingsmädchen. Der Vater trägt einen dunklen Anzug, die Mutter ein schwarzes Kostüm und einen schlichten schwarzen Hut mit einem altmodischen Schleier, der vors Gesicht hängt. Die Mädchen haben dunkelgraue Kleider an. Dann treten sie aus dem Schatten. Sie bewegen sich sehr langsam, fast im Zeitlupentempo. Sie bleiben mitten auf dem Hof stehen und halten einander, einen Kreis bildend, an den Händen. Der gebrochene Arm des einen Mädchens scheint geheilt zu sein. Schließlich beginnen sie, sich zu bewegen, sachte, als tanzten sie einen Reigen.
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Benjamins Tod ist für uns alle ein Schock. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, wenn ich schreibe, dass er der Beliebteste war. Er hatte ein so großes Bedürfnis nach Einsamkeit. Aber er war der Loyalste, half immer, wenn Not am Mann war. Er wurde von allen respektiert und bewundert. Es stimmt, dass er seine eigenen Wege ging, fast wie ein Pfadfinder aus vergangener Zeit. Aber ich weiß, dass er immer fieberhaft damit beschäftigt war, sich Möglichkeiten für unsere Rettung auszudenken.
Jetzt, da er nicht mehr bei uns ist, fühlt es sich an, als wäre alles vergeblich gewesen. Ja, als könnten wir genauso gut aufgeben. Ich weiß, dass wir alle so denken: Was sollen wir jetzt nur tun?
Ein paar Tage später stirbt eins der kleineren Kinder genauso plötzlich wie Benjamin. Es ist ein Mädchen, und es hat fast genau die gleichen dunkelvioletten Flecken am Hals wie er.
Wir beschleunigen die Arbeit mit dem Floß noch einmal. Bis auf den Wachtposten verbringen alle die Tage unten am Meer. Das ist riskant, denn wenn jemand käme, müsste der Wachtposten bis zum Strand rennen, um die anderen zu warnen. Aber allmählich ist die Arbeit am Floß fast abgeschlossen. Das große Holzhaus ist annähernd fertig. Es geht nur noch um Details. Gabriel und David nageln eine kleine Einzäunung zusammen, in der die Schweine sich aufhalten können, ohne über Bord zu fallen. Dinah und ich nähen die letzten Teile des Segels noch einmal neu, damit es perfekt auf das Floß passt.
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Aber ein Problem bleibt bestehen: Das Floß sitzt auf dem Riff. Es scheint sich inzwischen zwar ein wenig von der Stelle bewegt zu haben, steckt aber immer noch unverändert fest.
Gabriel und David sind getaucht, haben die Lage unter Wasser inspiziert und sind mit hoffnungsvollen Nachrichten zurückgekehrt. Die großen Steine, auf denen das Floß ruht, sind oben ganz flach. Jetzt haben wir eine Idee, wie wir es losbringen könnten. Unser Plan ist, an einem Tag, wenn die Dünung sehr stark ist, das Floß ganz einfach freizuschaukeln.
Eines Abends scheinen die Voraussetzungen dafür ideal zu sein. Der Wind hat den ganzen Nachmittag zugenommen, jetzt schaukeln die breiten Wellen das Floß auf und ab. Die Bretter bewegen sich scharrend auf den Unterwassersteinen. Gabriel dirigiert uns ans eine Floßende. Dort drängen wir uns alle zusammen, und als eine große Welle kommt, ruft er: »Jetzt!« Wir hüpfen so hoch wie möglich und landen mit voller Wucht auf den Planken. Devil bellt aufgeregt von seinem Beobachtungsposten am Ufer.
Es dauert eine Weile, bis es uns gelingt, die Welle zum richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Jedes Mal, wenn wir es richtig machen, merken wir, dass sich die Schaukelbewegung tatsächlich verstärkt. Nachdem wir einige Zeit gehüpft sind, haben wir den perfekten Rhythmus gefunden und spüren, dass das Floß unserer taktfesten Fußarbeit gehorcht. Immer wenn eine Welle das Floß anhebt, schreien alle: » JETZT !«, und plötzlich merken wir, dass es sich von der Stelle bewegt. Das Floß fängt an, landeinwärts zu treiben! An Bord bricht wilder Jubel los.
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Ein paar
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