Am Ende Der Straße: Roman
definitiv nicht tun. Wir haben gesehen, was dort draußen ist, und ich weiß einfach nicht, wie ich es Ihnen begreiflich machen soll. Aber wenn wir Sie nicht umstimmen können, nehmen Sie unser Auto und fahren Sie.«
Sie starrte mich fassungslos an. Ich wedelte mit dem Schlüssel vor ihrer Nase herum, und nach langem Zögern nahm sie ihn schließlich, wenn auch widerstrebend, als würde ich ihr eine giftige Schlange oder eine brennende Tüte mit Hundescheiße andrehen.
»Ich kann doch nicht …«
»Dann lassen Sie es sein«, erwiderte ich. »Denn ich meine das verdammt ernst: Sie sollten die Stadtgrenze nicht überqueren. In der Nähe des Ortsschilds sind ein paar seltsame Zeichen auf die Straße gesprüht worden. Soweit ich das sagen kann, ist alles in Ordnung, solange man die nicht überschreitet. Aber dahinter …«
»Ja?«
»Tja, ich weiß es nicht«, gab ich zu. »Eigentlich rate ich nur. Aber es ist definitiv nichts Gutes. Und wenn Ihnen
etwas an Ihrem Kind liegt, werden Sie das Risiko nicht eingehen.«
»Aber …« Ihr Blick huschte zum Horizont und dann zurück zu mir. »Was ist da draußen?«
»Die Dunkelheit. Es ist die Dunkelheit.«
Die Schreie des Babys wurden lauter. Die Frau schloss die Augen, ließ den Kopf hängen und griff nach dem Schlüssel.
»Ich muss es tun«, erklärte sie. »Ich habe verstanden, was Sie mir sagen wollen, aber ich mache mir solche Sorgen um ihn, dass ich… und ich weiß nicht, was ich sonst tun soll… er ist doch krank …«
Ich drehte mich zu Christy um und signalisierte ihr, aus dem Auto zu steigen. Mit finsterem Gesicht erhob sie sich vom Beifahrersitz.
»Ich kann nicht glauben, dass du das tust, Robbie.«
»Ich auch nicht.«
Vorsichtig versuchte ich, nach ihrer Hand zu greifen, aber sie entzog sich mir.
Die Frau öffnete die hintere Tür ihres Autos und lehnte sich hinein. »Könnte einer von Ihnen mir dabei helfen, den Kindersitz in Ihrem Auto zu montieren?«
Russ und ich sahen einander an und schüttelten dann synchron den Kopf.
»Ich kann es nicht«, erklärte Russ entschuldigend. »Tut mir leid, aber ich will nichts damit zu tun haben. Besonders nicht, wenn es um das Baby geht.«
Sie drehte sich zu mir um, aber ich hob abwehrend die Hand.
»Ich kann es auch nicht. Tut mir leid.«
»Aber ich brauche noch Ihre Adresse«, sagte die Frau. »Damit ich das Auto zurückbringen kann, wenn wir wieder da sind.«
»Die steht auf der Versicherungskarte im Handschuhfach. « Meine Stimme klang monoton.
Sie bedankte sich überschwänglich und wandte sich dann wieder ihrem Baby zu, sprach mit ihm und versicherte ihm, dass alles gut werden würde. Seine Schreie wurden langsam leiser. Der Schmerz in meinem Magen nahm zu, als ich hörte, wie der Kleine schließlich zufrieden gluckste.
Wir drei machten uns auf den Rückweg in die Stadt. Ich hörte, wie hinter uns das Auto ansprang und sich entfernte. Der Kies knirschte unter den Reifen. Zu spät fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, meine CDs aus dem Handschuhfach zu holen. Dann wurde mir wieder bewusst, dass wir keinen Strom und damit auch keine Möglichkeit hatten, in der Wohnung Musik zu hören. Ich ließ den Kopf hängen und sank in mich zusammen. Christy und Russ beschimpften mich, sagten mir, dass ich ein Idiot sei, und ich widersprach ihnen nicht. Russ wollte unbedingt wissen, warum ich das getan hatte.
»Keine Ahnung«, versicherte ich ihm. »Wirklich nicht. Irgendwie hatte ich plötzlich so ein Gefühl. Anders kann ich es nicht erklären. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, sondern es einfach getan.«
»Du weißt nicht einmal, wer sie war«, meinte er.
»Stimmt«, nickte ich. »Das wusste ich nicht. Aber sie brauchte Hilfe, und das war das Einzige, was ich für sie tun konnte. Ich habe das Richtige getan.«
»Das Richtige?« Christy spuckte verächtlich auf die Straße. »Du hast ihr unser verdammtes Auto geschenkt.«
»Ich weiß. Wir befinden uns in einer Krisensituation, Süße. Da müssen wir alle zusammenhalten und einander helfen.«
»So ein Blödsinn, Robbie!« Russ riss die Arme hoch. »Du hast diese Frau und ihr Baby in den Tod geschickt, Mann. Wie soll ihnen das helfen?«
»Wir wissen nicht sicher, ob sie sterben werden.«
»Natürlich tun wir das. Du hast doch gehört, was mit diesen Feuerwehrmännern passiert ist – und was davor los war. Da draußen ist etwas, und es ist nicht gerade freundlich. Das hast du gewusst, und trotzdem hast du sie gehen lassen.«
Ich wirbelte zu ihm
Weitere Kostenlose Bücher