1018 - Die Spur der irren Luna
Dabei war auf ihn geschossen worden. Mit einem Revolver, und der hatte sich in der Hand einer Frau befunden.
Die Kugel war auf ihn zugerast. Und dann hatte ihn das Geschoß in die Brust getroffen. Einfach so.
Der harte Schlag, anschließend der Gedanke daran, daß alles vorbei war, die Leere, die Schwärze…
Beides war nicht mehr vorhanden. Ignatius fiel nicht mehr. Er spürte deutlich den Widerstand unter seinem Rücken. Er lag auf dem Boden, war einfach nur gefallen, nachdem die Kugel seine Brust zerrissen hatte und ins Herz gedrungen war.
Nein, das war sie nicht. Das konnte gar nicht so gewesen sein. Sie steckte nicht in seinem Herzen, aber die Kugel war trotzdem nicht vorbeigeflogen.
Er erinnerte sich. Das Haus, in dem er Benjamin Torri gesucht hatte, der ihn in einer alten Burgruine hatte umbringen wollen und dabei selbst zu Tode gekommen war. Ignatius hatte in der Vergangenheit des Mannes forschen wollen, um eine Spur zu finden. Es war ihm nicht gelungen, denn die Wohnung des Benjamin Torri war von einer anderen Person belegt. Von einer Frau, die man nicht als normal ansehen konnte, denn sie war wirklich außerhalb jeder Norm.
Sie machte »in Mode«.
Nur war bei ihr nichts normal, denn die Mode, für die sich die Frau interessierte und die sie entwarf, bestand nicht aus Stoff, sondern aus Metall, das wiederum zu Ketten geformt war. Verrückt, nicht zu fassen, aber wahr. Ketten als Kleider, Blusen, Hosen BHs. Alles entsprechend transparent und sexy.
Und so hatte die Frau den Mönch auch empfangen. Er wußte ihren Namen. Sie hieß Luna Limetti, und sie hatte es geschafft, Father Ignatius gewissermaßen in eine Falle zu locken. Er war ihr auf den Leim gegangen, er war ihr in das Büro gefolgt, und dort hatte sie dann auf ihn geschossen, weil sie mit Benjamin Torri unter einer Decke steckte. Die beiden bildeten ein verdammtes Paar, und Ignatius war darauf hereingefallen.
Sie hatte ihn aus dem Weg räumen wollen. Niemand sollte diejenigen stören, die sich der Sonne Satans hingegeben hatten und durch sie entsprechend verändert worden waren.
Die Sonne Satans!
Sie war das große Problem, das wußte auch Ignatius. Aber er war nicht in der Lage, es zu lösen.
Nicht allein. Er konnte von Glück sagen, daß eine Spur nach England führte, wo John Sinclair und seine Freunde lebten, die zudem auch Ignatius' Freunde waren. Er hatte mit John telefoniert und ihn eingeweiht.
Diese Sorgen allerdings lagen weit, so weit weg. Zunächst mußte er sich um sich selbst kümmern, denn sein Zustand war nicht eben grandios. Nicht einmal normal. Die Wucht hatte ihn zu Boden geschmettert, und er hatte einen Schock bekommen.
Noch immer litt er darunter, und er fragte sich, wie es weitergehen sollte. Auch wenn er es gewollt hätte, es war ihm unmöglich, sich zu bewegen. Beinahe so starr wie eine Leiche lag er auf dem Boden, die Augen geöffnet, den Blick gegen die Decke gerichtet, die ihm vorkam wie ein starrer Himmel, an dem sich nichts, aber auch gar nichts bewegte. Er hatte sich seinem Zustand angepaßt.
Um ihn herum war es ruhig. Nur er stöhnte hin und wieder auf, weil er nicht darüber hinwegkam, daß er noch lebte und die Kugel seine Brust nicht durchbohrt hatte.
Aber wieso nicht?
Diese Luna Limetti hatte nicht vorbeigeschossen. Er hatte den verdammten Treffer kassiert, und er war ebensowenig kugelfest wie andere Menschen auch.
Noch immer explodierten die Schmerzen in seiner Brust. Sie strahlten aus, sie blitzten zu allen Seiten hin weg, aber sie konzentrierten sich dabei besonders auf eine bestimmte Stelle, die er auch lokalisieren konnte.
Die Brustmitte!
Genau dort hatte ihn das Geschoß erwischt, aber auch genau dort lag etwas Schweres aus Metall.
Es war sein Kreuz!
Ein Kreuz aus Metall, schlicht, aber geweiht. Nicht zu vergleichen mit dem Kreuz eines John Sinclair, und dennoch ein Schutzpatron. Mittlerweile war Ignatius bewußt geworden, wem er seine wundersame Rettung zu verdanken hatte.
Eben dem Kreuz!
Luna Limetti hatte verdammt genau gezielt. Zu genau, so daß er gerettet worden war. Die Kugel hatte seine Brust nicht getroffen, dafür aber das Kreuz. Es hatte ihr die größte Aufprallwucht genommen und sie möglicherweise als Querschläger durch den Raum fliegen lassen, wobei sie jetzt als deformiertes Stück Blei irgendwo in der Wand steckte. Er wurde damit nicht fertig. Plötzlich überkam ihn das große Zittern. Erst jetzt dachte er richtig daran, welches Glück er gehabt hatte. Das Kreuz war zu
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