Am Ende der Welten - 16
Männern die Chance gegeben, zum Symbol einer lohnenden Sache zu werden, statt ihre Waffen im Dienste der Tyrannei zu präsentieren. Nicht wenige waren diesem Angebot mit offener Ablehnung begegnet, hatten sich stattdessen zu den Zielen der Imperialen Ordnung bekannt und waren in der erklärten Absicht, die bloße Idee auszumerzen, ein jeder habe das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben, mit wahlloser Brutalität über das Land hinweggefegt.
Die Übrigen aber, tatsächlich sogar die meisten, hatten Richards Aufforderung nicht nur aufgegriffen, sondern mit offenen Armen und jener Art überschäumender Begeisterung willkommen gehei ßen - wie dies nur Männer können, die unter Tyrannei gelebt haben. Diese Männer, die ersten seit Generationen, denen eine echte Chance auf Freiheit geboten wurde, hatten wahrhaftig begriffen, was dies für ihr Leben bedeutete, und nun klammerten sie sich hartnäckig an diese Chance auf ein Leben in einer Welt, die Richard ihnen als möglich aufgezeigt hatte. Es gab kein größeres, kein bedeutsameres Geschenk, das diese Männer im Gegenzug ihren Familien und Verwandten machen konnten, als diese Chance auf ein freies, selbstbestimmtes Leben. Nicht wenige hatten für dieses noble Ziel bereits ihr Leben gelassen.
Wie auch die Mord-Sith, folgten diese Männer ihm jetzt aus freien Stücken, nicht weil man sie dazu gezwungen hatte. Der Titel »Lord Rahl« hatte für sie eine völlig neue, früher nie gekannte Bedeutung gewonnen.
Augenblicklich aber sahen sich diese Männer dem geschärften Stahl gegenüber, mit dessen Hilfe ein Glauben erzwungen werden sollte, der ihren Angehörigen ebendieses Recht auf ein selbstbestimmtes Leben verweigerte. Auch wenn Richard die Tapferkeit dieser Männer nicht bezweifelte, so wusste er doch, dass sie sich in einer offenen Feldschlacht gegen diese gewaltige Übermacht der Invasoren von der Imperialen Ordnung niemals würden behaupten können. An diesem Tag der Tage musste er seine Rolle als Lord Rahl ausfüllen. Wenn es eine Chance auf eine lebenswerte Zukunft geben sollte, musste Richard ein Lord Rahl im reinsten Sinne sein, ein Lord Rahl, dem vor allem das Schicksal seiner Untertanen am Herzen lag. Er musste sie dazu bringen, dass sie zu der gleichen Einsicht gelangten wie er.
Verna, die mit hastigen Schritten neben ihm herlief, verstärkte den Druck auf seinen Arm und beugte sich ein Stück zu ihm hinüber. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, welch erhebendes Gefühl es für diese Männer ist, dich vor der Schlacht zu sehen, die ihnen jetzt bevorsteht, jene Schlacht, die schon seit Tausenden von Jahren in den Prophezeiungen geweissagt wurde. Du kannst es dir nicht vorstellen.«
Richard bezweifelte eher, dass die Männer sich vorstellen konnten, was er in wenigen Augenblicken von ihnen verlangen würde. Er blickte kurz in Vernas lächelndes Gesicht. »Ich weiß, Prälatin.« Die Truppen waren zur Abwehr der Bedrohung durch die Imperiale Ordnung ständig weiter nach Süden vorgerückt, deshalb hatte der Ritt vom Palast des Volkes bis hierher, wo sie sie endlich eingeholt hatten, diesmal um einiges länger gedauert als bei seinem letzten Besuch bei den Streitkräften. War die Imperiale Ordnung erst einmal nach Norden abgeschwenkt, um in D’Hara einzumarschieren, war diese Armee das allerletzte Bollwerk gegen sie. Diese Männer waren die letzte Hoffnung des D’Haranischen Reiches; das war ihre Bestimmung, ihre Pflicht.
Und Richard wusste jenseits allen Zweifels, dass sie diese Schlacht verlieren würden.
Daher war es jetzt seine Aufgabe, sie von der Gewissheit ihrer bevorstehenden Niederlage und ihres sicheren Todes zu überzeugen. Cara und Nicci gingen so dicht hinter ihm, dass sie ihm fast in die Fersen traten, was nach seinem Empfinden für seine Sicherheit nicht unbedingt vonnöten war, gleichwohl war ihm klar, dass die beiden wahrscheinlich nicht bereit waren, ihm in diesem Punkt zu vertrauen. Als er über die Schulter sah, blickte er in Niccis angespanntes Lächeln.
Er fragte sich, wie sie wohl reagieren würde, wenn sie erfuhr, was er den Soldaten in wenigen Augenblicken sagen würde. Wahrscheinlich mit Verständnis; von allen, die gleich hören würden, was er zu sagen hatte, war sie vermutlich der einzige Mensch, der ihn verstehen würde; tatsächlich zählte er sogar darauf. Ihr Verständnis, ihre Unterstützung, war mitunter das Einzige, was ihn noch aufrechterhielt. Es hatte Zeiten gegeben, da war er kurz davor gewesen, alles
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