Am Ende der Welten - 16
das kleine Mädchen, das Schwester Ulicia auf so brutale Weise ermordet hatte. Die entsetzliche Angst der Kleinen verfolgte Kahlan nachts noch immer, kurz vor dem Einschlafen. Ihr Unvermögen, ihr Schutzversprechen einzulösen, brannte ihr noch immer heiß auf der Seele. Auch wenn der Kleinen Kahlans Worte nicht lange genug in Erinnerung geblieben waren, um sie wirklich zu begreifen, hasste Kahlan sich dafür, dass sie ein solches Versprechen gegeben hatte, ohne es einzulösen.
Dieses Mädchen war etwas älter und ein wenig größer. Auch in seinen Augen konnte Kahlan so etwas wie ein stummes Begreifen des wahren Ausmaßes der Gefahr erkennen, der es sich gegenübersah. In seinen kupferfarbenen Augen lag so etwas wie ahnungsvolle Vorsicht. Trotz alledem war die Kleine noch ein Mädchen.
Unvermittelt versetzte Schwester Armina dem Mädchen einen Schlag, der es herumwirbelte und zu Boden warf. Sofort warf sich die Schwester auf die Kleine. Ihren Kopf mit den Armen schützend, versuchte das Mädchen nach Kräften, eine Entschuldigung für ihre Bettelei nach Essen vorzubringen, während Schwester Armina zwischen den einzelnen Schlägen ihre Kleider abtastete. Als sie sich schließlich wieder aufrichtete, hatte sie ein Messer in der Hand, das Kahlan vorher nicht bemerkt hatte. Damit fuchtelte sie im Schein der Laterne herum, ehe sie es Schwester Ulicia vor die Füße warf. »Wie du gesagt hast, wahrscheinlich wollte sie uns die Kehlen durchschneiden, sobald wir uns schlafen gelegt hätten.« »Ich wollte niemandem etwas tun!«, stieß das Mädchen hervor, als Schwester Ulicia ihren Eichenstab hob.
Kahlan, die nur zu gut wusste, was jetzt kam, warf sich beschützend über das verängstigte Mädchen.
Schwester Ulicias Stab sauste hernieder und landete infolgedessen auf Kahlans Rücken, unmittelbar oberhalb der Stelle, wo sie schon einmal getroffen worden war. Das krachende Geräusch von Eichenholz auf Knochen ließ das Mädchen zusammenzucken. Der Schlag entlockte Kahlan keinen Jubelschrei. Mit letzter Kraft schob sie das junge Mädchen in dem Versuch, sie weiterhin vor Schaden zu bewahren, ein Stück von den Schwestern fort. »Lasst sie in Ruhe!«, bat Kahlan. »Sie ist doch noch ein Kind! Sie ist hungrig, das ist alles! Sie kann euch doch nichts tun!« Von Panik ergriffen, klammerte sich das Mädchen mit ihren spindeldürren Armen um Kahlans Hals, als wäre sie die letzte rettende Wurzel am Rande eines steilen Abhangs. Hätte Kahlan in diesem Augenblick die Schwestern töten können, sie hatte nicht gezögert, doch stattdessen konnte sie nicht mehr tun, als sich schützend vor das Mädchen zu stellen. Sie wusste, sobald sie versuchte, sich gegen sie zur Wehr zu setzen, würden die Schwestern sie fortzerren, um sich an ihr zu rächen, und dann würde sie sie gar nicht mehr beschützen können. Es war das Äußerste, was sie für das Mädchen tun konnte.
Wieder landete Schwester Ulicias Hieb auf ihrem Rücken. Kahlan biss die Zähne gegen den Schmerz zusammen, während das Weibsstück einen Schlag seines Eichenstabes nach dem anderen auf ihren Rücken niedergehen ließ.
»Lass das Gör los!«, brüllte Schwester Ulicia, während sie auf Kahlan einprügelte.
Das Mädchen wimmerte vor Entsetzen.
»Schon gut!«, brachte Kahlan mühsam zwischen keuchenden Atemzügen hervor. »Ich werde dich beschützen. Versprochen.« Das junge Mädchen flüsterte ihr ein leises »Danke« ins Ohr. »Wie kannst du es wagen …«
»Wenn Ihr unbedingt jemanden umbringen wollt«, schrie Kahlan Schwester Ulicia an, »dann tötet mich, aber lasst sie in Ruhe! Sie ist doch keine Gefahr für Euch.«
Genau das schien Schwester Ulicia zu bezwecken; ächzend vor Anstrengung schlug sie wie in einem Anfall von Raserei wieder und wieder zu. Die Schmerzen hatten Kahlan bereits halb benommen gemacht, dennoch weigerte sie sich, sich von der Stelle zu rühren und der Schwester so eine Möglichkeit zu geben, an das Mädchen heranzukommen.
Kreischend vor Angst - nicht etwa, weil die Schwester ihr etwas antun könnte, sondern aus Angst, was sie Kahlan antat - verbarg sich das junge Mädchen im Schutz von Kahlans Körper. Mit einem widerlichen Geräusch prallte der Stab gegen Kahlans Hinterkopf. Fast hätte sie das Bewusstsein verloren, trotzdem weigerte sie sich noch immer standhaft, das junge Mädchen freizugeben. Blut verklebte ihr das Haar zu einer verfilzten Masse, lief ihr über das Gesicht.
Und dann zerbrach der Stab auf Kahlans Rücken. Das
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