Am Ende des Winters
Stammes auf mich gekommen ist und das, was ich selbst zu lernen imstande war, sowohl in meinen Irrungen und Irrwanderungen wie durch den Einsatz meines Denkens. Und es genügt nicht. Es genügt einfach nicht. Es wird nie genug sein können.«
»Vater, dies ist das letztemal, daß wir beisammen sind.«
»Ich weiß es. Ja.«
»Du hast mir so viele Dinge beigebracht. Aber alles stets umweglich, immer nur das, was hinter den Dingen, in den Dingen verschlossen liegt. Vielleicht wird die Bedeutung der Dinge in meinem Hirn knospen und aufbrechen, wenn ich älter geworden bin und über alles nachdenke, was du mir hier gesagt hast. Aber dürften wir heute, bitte, ganz direkt über jene großen Probleme sprechen, die mich verwirren? Ich flehe dich an.«
»Wir haben stets und immer sehr direkt und zielgerichtet miteinander gesprochen, Kind.«
»Mir kommt es aber nicht so vor, Vater.«
In früheren Tagen hätte dieser platte Widerspruch Hresh eine schmerzhafte Ohrfeige eingetragen. Er wartete nun auf sie, ja sie wäre ihm sogar willkommen gewesen. Doch Noum om Beng blieb weiterhin völlig bewegungslos. Nach langem, lastendem Schweigen sprach der Alte, und es klang, als rede er von einem fernen, hohen Berg herab: »Dann sage du mir, Hresh, was sind diese Dinge, die dich in Verwirrung stürzen?«
Hresh konnte sich nicht an ein einziges anderes Mal erinnern, bei dem ihn Noum om Beng bei seinem Namen genannt hätte.
Aus den Myriaden Fragen, die in seinem Denken heraufstiegen, versuchte Hresh eine auszuwählen, die wichtigste, ehe das Angebot wieder zurückgenommen werden konnte. Aber die Wahl war ihm unmöglich. Aber dann erblickte Hresh im Geiste eine graue gestaltlose See, die sich bis zum Horizont und darüber hinaus erstreckte bis hinauf zu den Sternen, eine Meeresflut, die das gesamte Universum bedeckte, eine See, die inmitten äußerster Finsternis in ihrem eigenen perlenden Licht schimmerte. Plötzlich flammte ein heller Funke über der Wasserfläche auf.
Hresh schaute Noum om Beng starr an.
»Sag du mir also, wer uns erschaffen hat, Vater.«
»Ja, aber natürlich der Schöpfer.«
»Nakhaba – ist er es, den du meinst?«
Noum om Beng lachte. Es war dieses seltsame kratzende, trockene Lachen, wie es Hresh nur ein-, oder zweimal vordem von ihm gehört hatte. »Nakhaba? Nein, Nakhaba ist ebensowenig der Schöpfer wie du oder ich. Nakhaba ist nur der Vermittler. Habe ich dir das nicht klar genug verdeutlicht?«
Hresh schüttelte den Kopf. Vermittler? Was sollte dies bedeuten?
»Nakhaba ist der größte und höchste Gott, den wir kennen können«, sagte Noum om Beng. »Aber er ist nicht der Höchste Gott von allen. Der Höchste Gott, der Schöpfer-Gott, bleibt unbekannt und ein Geheimnis, und er muß dies immer sein. Und nur die Götter kennen diesen Gott.«
»Ach so, ja, ach so«, sagte Hresh. »Und Nakhaba? Wer und was ist denn dann er?«
»Nakhaba ist der Gott, der zwischen uns und die Menschlichen tritt, der mit ihnen spricht und für uns eintritt, wenn wir den Anforderungen unseres Schicksals einmal nicht entsprochen haben.«
Hresh hatte das Gefühl, als verlöre er sich in immer fernere Unbegreiflichkeiten.
Verzweiflung, Unglaube, Verwirrung drohten ihn zu überwältigen.
»Ein Gott, der die Mittlerrolle erfüllt zwischen uns und den Menschlichen? Ja, aber dann sind die Menschlichen ja etwas Höheres als die Götter?«
»Größer als unsere Götter, Kind. Größer als Nakhaba und größer als eure Fünf. Aber nicht größer als der Schöpfer, der sie geschaffen hat, genau wie uns und wie alles andere. Begreifst du die Hierarchie, die Heilige Herrschaftsstruktur?« Mit der Fingerspitze zeichnete Noum om Beng weite Gebilde in die Luft: Da, an der allerhöchsten Spitze den Schöpfer, dann die Großen Sechs, über die Hresh einst sich Spekulationen hingegeben hatte; und hier die Menschen, etwas weiter darunter; und dann erst Nakhaba, und hier die fünf; und da, noch tiefer, wenn auch immer noch über den wilden Tieren, endlich: die gemeine Bevölkerung der Welt, die Kokonvölker, die Behaarten und Pelzigen.
Hresh starrte stamm und ungläubig. Er hatte um Aufklärung und Erleuchtung gebeten, und Noum om Beng hatte sie ihm in großmütiger Weise zuteil werden lassen. Doch er vermochte das nicht in sich aufzunehmen, er konnte es nicht verdauen.
Er rettete sich in einen vertrauten Winkel und fragte: »Also laßt ihr auch die Fünf gelten? Sie sind Götter für euch, genau wie für uns?«
»Aber gewiß
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