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Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Mügge
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bewiesen, daß sogar diese verwünschte Sprache weich und harmonisch werden kann.«
»Wovon handelt das Lied?« fragte Stureson.
»Es sind Klagen eines Verlassenen, der Heimat und Liebe sucht oder so etwas«, lachte der Vogt, »aber es hört sich artig an, besonders wenn zwei Stimmen singen. Ich denke, Jungfer Mary wird sich bitten lassen, sie hat das Lied gelernt, ich habe es selbst von ihr gehört.«
Und so geschah es denn. Mary folgte der Weisung ihres Vaters, sie sang mit Olaf das Lied, von dem keiner ein Wort verstand, dessen Melodie aber so klagend und melodisch war, daß es wiederholt werden mußte, weil alle Zuhörer es wünschten.
Stureson erkannte Olafs Begabung recht gut, auch war er ein besserer Klavierspieler, als der Landrichter gedacht hatte. Eine gewisse Anteilnahme für den jungen Mann regte sich in ihm, aber auch ganz andere Empfindungen, als er die leuchtenden, langen Blicke bemerkte, mit denen der Schulmeister einige Male beim Singen und Spielen Mary betrachtete. Im nächsten Augenblick jedoch lachte Stureson über einen Verdacht, der ihm selbst höchst abgeschmackt und albern vorkam, und als Olaf aufstand, nachdem er verschiedene Proben seiner Fertigkeit gegeben hatte, und demütig und schweigsam den lobenden Dank entgegennahm, blieb der Landrichter nicht zurück, ihm von seinem Platze aus einige ermunternde und freundliche Worte zuzurufen.
»Wenn ich mein Haus am Malanger Fjord eingerichtet habe«, sagte er zu dem jungen Lappen, »so hoffe ich, dich manchmal dort zu sehen. Du sollst uns aufspielen bei freudigen Festen, denn du bist, meiner Treu, ein Bursch, der sich sehen lassen – oder wenigstens hören lassen kann«, fügte er, über seinen eigenen Witz lachend, hinzu.
Eine dunklere Färbung überzog Olafs Gesicht, aber der Propst legte die Hand auf seine Schulter und sprach: »Denke daran, mein Sohn, daß du mich morgen auf einige Tage begleiten sollst und, wie ich hoffe, bald für immer.«
»Als Missionar und Priester?« fragte Stureson.
»Als beides«, erwiderte Stockfleth. »Olaf besitzt alle Eigenschaften dafür. Er muß fort von hier, um seinen armen Brüdern zu lehren und zu predigen, die Regierung wird sicherlich einwilligen, und dann, Herr Stureson, wird er wohl nicht zu Tanz und Schmaus am Malanger Fjord aufspielen können.«
»Sie wollen uns den besten Musikanten entführen, Propst«, rief der Landrichter, »aber wir dulden es nicht! Was würde Jungfer Mary sagen, wenn ihr Freund und Lehrer sie verlassen wollte?«
»Ich denke«, erwiderte Mary, die schweigend zugehört hatte und deren Blicke auf dem jungen Mann ruhten, welcher seine Augen niedersenkte, »Olaf weiß, daß wir alle darum trauern würden, wenn er von uns ginge.«
»Bravo!« lachte Stureson, »also muß er bleiben. Wir haben auch unsere Pläne mit ihm, und wenn er vernünftig ist, wird er nicht seine glücklichen Gaben in der Wüste verbergen bei Rentieren und unter Gammen. Bei aller Achtung vor dem geistlichen Stande, Propst, meine ich doch, daß mehr in ihm steckt, als Sie denken. In diesem jungen Manne wohnt nicht der Glaube, sondern die Unruhe. Das ist kein Stoff, aus dem ein Priester gemacht wird, weit eher ein Künstler oder, wenn wir noch in romantischer Zeit lebten, ein kühner Anführer seines Stammes. Das bedenkt, Herr Niels Stockfleth. Mehr will ich nicht sagen.«
Das Gespräch über Olafs Zukunft wurde aber doch fortgesetzt, bis es anderen Gegenständen Platz machte, und Stureson ging zuletzt davon, als ihm das Geschwätz langweilig wurde. Er ging an der Bucht hinauf, stieg über die Felsen fort und sah nach einigen hundert Schritten nicht weit von sich den kleinen Kolonisten Henrik Jansen bei seinen Netzen am Strande beschäftigt.
Der Böelappe grinste ihn mit heuchlerischer Untertänigkeit an, schwenkte seinen Glanzhut und winkte ihm unter wunderlichen Gebärden einladend zu, das hohe Ufer hinabzusteigen.
»Was willst du von mir?« fragte Stureson, als er in seiner Nähe war.
»Still, Sorenskriver, still!« flüsterte Henrik, sich nach allen Seiten umschauend. »Hätte Euch wohl etwas zu sagen, und ist etwas, was Euch nahe angeht, aber es kommt darauf an, was Ihr dem Henrik Jansen dafür versprecht.«
»Also umsonst gibst du es nicht von dir?« sagte der Landrichter, verächtlich spottend.
»Nichts umsonst«, erwiderte der Böelappe grinsend und nickend. »Bin kein Bettler und Tagedieb, sondern ein Mann, der Eigentum hat. Wenn Ihr wüßtet, was ich weiß, Sorenskriver, es würde Euch warm machen vor der

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