Am Strand des Todes
Ordnung?«
»Sicher«, sagte Brad. Und bevor er ein weiteres Wort
herausbrachte, war Glen Palmer davongeeilt und durch die Tür
verschwunden.
»Ein plötzlicher Abgang«, meinte Elaine.
»Das war’s, nicht wahr?« stimmte Brad zu. Dann bemerkte
er plötzlich, daß unmittelbar nach dem Verschwinden Glens
rundum eifrig getuschelt wurde.
»Nun gut«, sagte eine Frau etwas zu laut am Nebentisch zu
ihrer Gesprächspartnerin, »zumindest hat er sich diesen
scheußlichen Bart abgenommen.«
»Nicht daß es viel nützte«, meinte die andere, »er paßt
trotzdem nicht hierher.«
»Meinen Sie, er wird es jemals begreifen?« begann die erste
wieder.
»Alle anderen haben es doch auch sehr rasch begriffen und
uns in Frieden gelassen.«
»Joe hat ihm gestern angeboten, ihnen dieses Haus
abzukaufen«, hörte man die zweite Frau sagen, »und wissen
Sie, was dieser Glen Palmer ihm erklärt hat? Er hat ihm erklärt,
es sei nicht zu verkaufen. Joe sagte ihm darauf, er solle lieber
verkaufen, solange er noch etwas dafür bekommt und es nicht
völlig ruiniert ist, aber Palmer meinte, er würde es nicht
ruinieren, sondern umbauen.«
»In eine Kunstgalerie«, mokierte sich die erste. »Wie kommt
der nur auf den Gedanken, er könnte in Clark’s Harbor von
einer Kunstgalerie leben? Und dann seine Frau
– macht
Töpfereien, die wie Lehmkuchen aussehen, und denkt, die
Leute würden so was kaufen!«
Aus den wenigen Worten, die Brad rundum verstehen
konnte, wurde rasch klar, daß sie alle von derselben Person
sprachen – Glen Palmer. Offensichtlich war es hier allgemein
üblich, über, aber nicht mit ihm zu sprechen.
»Vielleicht habe ich mich geirrt«, hörte Brad Elaine sagen,
die ebenfalls einiges von dem Getuschel aufgeschnappt hatte.
»›Neuengland‹ hast du gesagt.« Brad verzog spöttisch das
Gesicht. »Damit hast du es wirklich getroffen. Diese Leute hier
mögen Fremde genausowenig wie alle Kleinstädter und Dörfler
auf der ganzen Welt.«
»Ist irgendwie beängstigend, nicht wahr?« meinte Elaine.
Brad zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht, ich denke, man
muß einfach damit rechnen. Wahrscheinlich würde man uns
genauso begegnen, egal wo wir hingehen. Aber es ist nur eine
Frage der Zeit. Die Leute müssen sich zuerst an dich
gewöhnen, vor allem in Orten wie diesem. Ich wette, daß viele
hier nur sehr selten jemand zu Gesicht bekommen, den sie
nicht von klein auf kennen. Geschieht es doch, reagieren sie
mit Mißtrauen.«
Elaine verfiel in Schweigen, während sie weiteraß. Aber der
Psychiater in Brad fand das feindliche Verhalten der
Einheimischen höchst ›interessant‹. Innerlich widersprach sie
ihm, doch dann erinnerte sie sich daran, daß sie schließlich
schon vor ihrer Ehe gewußt hatte, daß sie einen Psychiater
bekommen würde. Sie durfte sich also jetzt nicht darüber
beklagen. Konzentriert schaute sie aus dem Fenster und
versuchte das Getuschel ringsum zu überhören.
Erst nachdem sie ihren Kaffee getrunken hatten, ergriff Brad
wieder das Wort.
»Ich denke, wir sollten uns etwas umsehen.«
»Ich bin nicht sicher, ob…«, meinte Elaine zögernd.
Brad versuchte sie zu beruhigen. »Liebling, das ist in jeder
Kleinstadt dasselbe, und wenn wir an einem Ort wie diesem ein
Jahr lang leben wollen, müssen wir uns auf ein gewisses
Mißtrauen am Anfang einstellen. Es geht nun mal nicht anders
– wenn du die Kleinstadtvorteile willst, mußt du auch das
Kleinstadtverhalten akzeptieren.«
Er bezahlte die Rechnung, und sie verließen das Cafe.
Drunten in der Bar sah Brad, daß das Damespiel keine
wesentlichen Fortschritte gemacht hatte. Der eine Alte starrte
angestrengt auf das Brett, der andere aus dem Fenster. Falls sie
die Randalls überhaupt wahrnahmen, ließen sie sich nichts
anmerken.
»Laß uns ein wenig den Kai entlanggehen«, schlug Brad vor,
als sie ins Sonnenlicht hinaustraten.
Die meisten Liegeplätze waren leer. Auf fünf oder sechs
Booten arbeiteten Männer; sie flickten Netze, bastelten an den
Motoren oder überprüften die Ausrüstung. Sie blieben bei
jedem der Boote ein wenig stehen, um es genauer anzuschauen.
Niemand richtete das Wort an sie, und auch als Brad ein
zaghaftes »Hallo« versuchte, bekam er keine Antwort.
»Scheinen nicht sehr gesprächig zu sein«, meinte Elaine, als
sie sich dem Ende des Piers näherten.
»Seltsam, nicht wahr?« erwiderte Brad, »keiner von ihnen
scheint je die Geschichte vom glücklichen Fischer gehört zu
haben.« Er sah sich um, als ob er überlegen müßte, was sie
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