Am Strand von Acapulco
unhöflich."
Urplötzlich hatte Ruth Schmetterlinge im Bauch, aber sie antwortete so ruhig wie möglich: „Ach, das ist schon in Ordnung."
„Da bin ich aber beruhigt. Normalerweise verhalte ich mich nicht so. Doch ich hatte meine Gründe."
„Die da wären?" hakte Ruth nach und gab sich ganz seiner Umarmung hin.
Sofort zog sich Patrick ein wenig zurück, aber als er ihr ant wortete, klang er noch genauso freundlich wie zuvor. „Ich will versuchen, es Ihnen zu erklären. Das letzte Mal, als ich mehrere Wochen in England verbracht habe, versuchte Marion mich die ganze Zeit mit irgendeiner entfernten Cousine zu verkuppeln." Er seufzte in Erinnerung daran.
„Ich glaube, sie hieß Celia oder so ähnlich. Eigentlich ein nettes Mädchen, aber ganz und gar nicht mein Typ."
„Und jetzt dachten Sie, ich sei eine neue Heiratskandidatin?" fragte Ruth und zwang sich, nicht beleidigt darauf zu reagieren, dass Patricks anfängliche Ablehnung zwangsläufig bedeuten musste, dass auch sie nicht sein Typ war.
„Genau." Er lächelte, sah ihr dabei aber unverhofft tief in die Augen, bevor er fortfuhr:
„Doch heute Nachmittag hat mir Marion erklärt, wer Sie sind, und da kam ich mir natürlich ganz dumm vor."
„Was hat denn das damit zu tun, wer ich bin?" fragte Ruth und sah ihn erstaunt an.
Belustigt erwiderte er ihren Blick. „Wissen Sie das wirklich nicht?"
„Nein, sagen Sie's mir!"
„Nun, Sie sind Joseph Farrells Tochter, Erbin eines Riesenvermögens, und bestimmt nicht darauf angewiesen, sich irgendeinem kleinen Chemiker an den Hals zu werfen."
Ruth schluckte, bevor sie scheinbar locker erklärte: „Ich verstehe."
„Also schlage ich vor, wir vergessen, was heute Morgen passiert ist, und fangen noch einmal neu an. Ich heiße Patrick und finde, wir könnten uns duzen."
„Warum nicht?"
„Möchtest du noch etwas trinken?"
„Gem."
Sie setzten sich wieder an die Bar, und nachdem Patrick nicht mehr den Druck verspürte, verkuppelt zu werden, entpuppte er sich als richtig angenehmer Gesprächspartner, der charmant zu plaudern verstand und geradezu liebenswürdig sein konnte. Leider fiel es Ruth schwer, das Ganze zu genießen. Irgendwie war sie nervös und wurde auf jede Kleinigkeit aufmerksam. Wenn Patrick gerade nicht zu ihr sah, beobachtete sie ihn heimlich.
Obwohl sich die Männer vor dem Dinner rasiert hatten, sah man jetzt schon wieder einen leichten Schatten auf Patricks Kinn. Seine Hände, die das Whiskeyglas umfassten, waren lang und feingliedrig, aber trotzdem kräftig. Er trug einen Ring am kleinen Finger und eine geschmackvolle goldene Uhr und hatte die Ärmel seines Hemds aufgekrempelt, so dass man seine sonnengebräunten Unterarme sah. Unwillkürlich überlegte Ruth, ob er wohl am ganzen Körper so braun war. Als ihr klar wurde, wo hin sie diese Gedankengänge führten, blickte sie rasch in ihr fast leeres Proseccogla s. Sie fühlte sich doch nur zu Patrick Hardy hingezogen, weil er sich von den Männern ihres Alters unterschied. Er war sozusagen etwas Neues, und wie alles Neue verlor sich der Reiz daran sicher schon bald.
Aber trotzdem konnte Ruth nicht bestreiten, dass er sie in der Zwischenzeit ganz schön aus dem Gleichgewicht brachte.
3. KAPITEL
Drei Tage später saß Ruth morgens im Bett, nachdem ihre Haushälterin Mrs. Lawson ihr das Frühstück gebracht hatte, als das Telefon klingelte. Wie immer lag auf dem Tablett auch einer der im Haus zahlreich vorhandenen schnurlosen Apparate, und Ruth nahm das Gespräch selbst entgegen.
„Farrell!"
„Hallo, Ruth. Hier spricht Patrick Hardy. Habe ich dich ge weckt?"
„Nein, ich bin schon beim Frühstück", gelang es Ruth scheinbar gelassen zu antworten, obwohl ihr das Herz auf einmal wie wild schlug.
„Bitte entschuldige, dass ich so früh anrufe, aber ich wollte dich zum Mittagessen einladen und sichergehen, dass mir niemand zuvorkommt."
„Du meinst heute?" Plötzlich fühlte sich Ruth wieder wie ein Schulmädchen, dem der Lehrer unverhofft einen Vokabeltest vorlegte.
„Ja, heute. Hättest du Zeit?"
Eigentlich hatte sie sich mit Lucy Fielding, einer befreundeten Studentin, verabredet, aber das konnte sie auch verschieben. „Ja, ich denke schon. Von wo rufst du an?"
„Aus meiner Wohnung."
„Du hast eine eigene Wohnung?" rief Ruth erstaunt. „Das hat mir Julie ja gar nicht erzählt!"
„Ich bin auch erst gestern hier eingezogen. Das Apartment konnte ich über die Mitbewohnerzentrale für sechs Wochen mieten. Die Besitzerin ist
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