Am Tor zu Atlantis
Sommer ist endgültig vorbei.«
»Stimmt. Und ich bin, wenn ich ehrlich sein soll, auch froh darüber. Es war einfach zu heiß.«
Purdy nickte vor sich hin. »Daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen, nehme ich an.«
»Du denkst an die Klimaveränderungen?«
»Woran sonst?« Sie zuckte die Achseln. Für einen Moment nahm ihr Gesicht einen traurigen Ausdruck an. »Der Mensch macht alles kaputt. Es ist einfach furchtbar.«
Da hatte sie Recht.
Wir beschäftigten uns nicht weiter mit dem Thema, sondern sprachen über Berufliches. Ich erzählte ihr, dass ein Urfeind, der Schwarze Tod, wieder erschienen war, den ich schon auf meinen Zeitreisen nach Atlantis erlebt hatte.
Irrte ich mich, oder war Purdy bei dem Begriff Atlantis tatsächlich zusammengezuckt?
Es konnte sein, denn gerade die Staatsanwältin besaß einen besonderen Bezug zu dem versunkenen Kontinent.
»Ein Dessert, John?«
Ich verdrehte die Augen und strich mit beiden Händen über meinen Bauch. »Eigentlich kann ich nicht mehr.«
»Und uneigentlich?«
Ich musste lachen. »Weil du es bist, nehme ich es. Ich weiß ja, wer es zubereitet hat.«
»Ach, das war ganz einfach. Ich habe frische Himbeeren genommen, dazu Quark und Sahne.«
»Das werde ich essen.«
Sie holte die Schüssel, in der sich eine leicht rötlich gefärbte weiche Masse befand. Die Oberfläche hatte sie mit einem Kranz von Himbeeren dekoriert, sodass auch das Auge etwas davon hatte.
Kleine Schalen standen auch bereit, und Purdy begann, sie zu füllen.
An einen Digestif hatte sie auch gedacht, denn eine Flasche mit Himbeergeist stand bereit.
Auf das eigentliche Thema oder den Grund der Einladung kam sie auch beim Dessert nicht zu sprechen. Stattdessen redeten wir über Jane Collins. Purdy wollte wissen, wie es ihr allein in dem Haus ging, in dem sie mit Lady Sarah Goldwyn vor deren Tod gewohnt hatte.
Ich zuckte mit den Schultern. »Gut geht es ihr bestimmt nicht. Aber was soll sie machen? Man kann die Toten nicht zurückholen. Sie wird sich an das neue Leben gewöhnen müssen.«
»Da hast du Recht. Außerdem spreche ich aus eigener Erfahrung.« In ihrer Stimme schwang Traurigkeit mit. »Ich hatte mich daran gewöhnt, nicht allein zu sein, und dann musste Eric sterben. Das war einfach schlimm. Und es ist noch immer schlimm, besonders an den Abenden, die sehr lang werden können. Man kann sich ja nicht immer nur in Akten vergraben. Zum Dasein gehört auch ein Privatleben.«
»Da sagst du was.«
»Du bist das Leben gewöhnt, John, und zudem oft unterwegs. Kommst du überhaupt dazu, darüber noch nachzudenken?«
»Naja, nicht so richtig.«
»Eben. Das ist der Unterschied zwischen uns.« Sie trank noch einen Schluck Wein und stellte das Glas rasch wieder ab.
Ich schenkte uns den Himbeergeist ein. Es war ein gutes Getränk. Sein Aroma wehte uns über den Tisch hinweg entgegen, als hätten wir frische Himbeeren im Mund.
»Tja«, sagte ich und schaute sie an. »Jetzt ist eigentlich der Zeitpunkt gekommen, an dem man nach dem wahren Grund der Einladung fragt.«
Purdy nahm das Weinglas und drehte es zwischen den Fingern. Dabei verengten sich ihre Augen ein wenig, und ihr Blick glitt in unbekannte Fernen. Sie dachte nach, nickte vor sich hin und sagte dann: »Das entsprechende Wort ist vorhin schon gefallen, John.«
Ich dachte daran, wie sie zusammengezuckt war. »Atlantis?«
Sie nickte.
Jetzt trank auch ich einen Schluck Wein und lehnte mich auf dem Stuhl zurück. »Du hast wieder Kontakt zur Vergangenheit bekommen, Purdy?«
»Ja.«
»Besuch?«
»Nein, nein, nicht wie der Barbar. Es hängt mit dem Diesseits zusammen, aus dem ich eine Botschaft erhalten habe. Sie betraf mich nicht mal persönlich, aber ich sehe mich aufgrund meines Schicksals gezwungen, einzugreifen.«
»Da bin ich gespannt.«
»Es ist eine recht interessante Geschichte...«
Die Staatsanwältin berichtete. Sie sprach mit leiser, aber durchaus verständlicher Stimme, und so erfuhr ich alles, was sie am vergangenen Abend erlebt hatte.
»Tja, John, da habe ich mir dann gedacht, dass es besser ist, wenn ich dich einweihe. Ich möchte diesem Fall nachgehen, aber bitte nicht allein. Ein Mensch ist wieder aufgetaucht, aber drei andere sind weiterhin verschwunden, und es sind britische Staatsbürger, was zu einem Eingreifen deinerseits durchaus berechtigt. So, denke ich, kannst du es Sir James verkaufen.«
»Und du meinst, dass wir sie zurückholen können? Nach Ägypten reisen und...«
»Den Sprung machen.
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