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Am Ufer (German Edition)

Am Ufer (German Edition)

Titel: Am Ufer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Chirbes
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Frisiersalon, eine Boutique für Kleider oder Schuhe. Und dann kündigt sich mit der Olympiade in Brasilien ja auch ein sattes Geschäft an. Ich fahre an den Frauen vorbei, schau kaum nach ihnen. Die eine oder andere kenne ich, habe sie schon mal am selben Ort gesehen. Eine Ukrainerin, die ich vor Monaten gefickt habe, blickt auf den Geländewagen, als ich vorbeifahre, sie hat mich zweifellos erkannt, aber heute sehe ich nicht weiter hin. Ein Blick aus dem Augenwinkel und weiter. Ich suche keinen Sex. Ich suche nach einem Drehort, einer Bühne. Oder, besser gesagt, ich werde jene Bühne begutachten, dieich schon ausgewählt habe, ich mache eine Tatortbegehung, wie es in den Polizeinachrichten heißt, die Beamten inspizieren den Ort, wo ein Verbrechen begangen wurde. Ich gehe zu dem Ort zurück, an den ich meine erste Erinnerung habe, den mir mein Onkel gezeigt hat und nach dem sich mein Vater offensichtlich immer gesehnt hat, wohin er sich einst verziehen wollte, was ihm nicht gelang: eine zweite Chance, der Briefträger, Papa, auch diesmal hat er mindestens ein paar Mal geläutet. Hast du den Film nicht gesehen? Schmutzig, wie alles in dieser Welt. Ich entsinne mich, die Protagonisten vögeln eingemehlt auf dem Küchentisch. Das Leben selbst. Das Thema des Films ist der Egoismus jener, die für Geld und Lust verraten und töten, ewig die gleiche Geschichte, langweilig. Das Leben ist schmutzig, Lust und Schmerz schwitzen, scheißen, stinken. Das hat der Alte in unvergleichlichen Schulen gelernt, im Krieg (ein Krieg unter Nachbarn, wohlgemerkt), auf den Polizeistationen, im Gefängnis. Was man an solchen Orten unter derartigen Umständen eben zu sehen und zu riechen bekommt. Hör schon auf. Wie auch immer, wenn mir etwas unter die Flinte kommt (und das ist im Sumpf immer der Fall), werde ich meine Treffsicherheit prüfen. Niedere Jagd, klar. Deshalb habe ich die Sarasqueta mitgenommen. Sie hat ihren Platz bei dieser Probe verdient. Sie ist ein Schlüsselgegenstand, spielt eine entscheidende Rolle bei dem Ausgang des Stücks. Wenn ich von Jagd spreche, denke ich an größere Vögel. Nicht an Bordsteinschwalben, die gehören nicht ins heutige Tagesprogramm. Du fickst wir rammeln ich lecke ohne Gummi, von hinten für dreißig Euro, von vorne für zwanzig. Auch auf diesem Gebiet gibt es nicht viel Neues, seitdem der Mann Mann ist. Der Mann, ein Zweifüßler, der Fotzen kauft. Keine schlechte Definition. In Drachmen Sesterzen Dublonen Pfund Mark Dollar Rubel. In Euro. Fotzenkäufer, Arschmieter, doch ich will keine zusätzliche Verwirrung stiften durch das Vermischen der Expeditionen; es scheint mir angemessen, mir an einem Tag wie heute eine gewisse Ordnung aufzuerlegen. Am Vorabend der liturgischen Feiern ist Einkehr geboten:der Schmerz der Sünden, Beichte und Buße. Das Ziel, die Besserung, kann man in diesem Fall vernachlässigen. Keine Zeit, rückfällig zu werden. Vor der Weihnacht kommt der Advent; vor Ostern die lange Fastenzeit. Gestrenge Tage der Kontemplation und Abstinenz als Vorbereitung auf das Fest. Lasst uns beginnen. Vertreiben wir die Begierden, weg mit den Stimmen und den Mündern, die sie uns einflüstern, Tür und Tor, durch die sich die Glut des Begehrens nährt: die samtige Stimme, die Verführung des Klangs, die Weichheit der Lippen, das Gift des Singsangs: die Maispastetchen mit Ei, die frittierten Bananentaler, die mit Erdnusspaste und Hühnerfleisch gefüllten Teigtaschen, der Reis mit Bohnen und Schweinerippchen, den wir im Caucatal zubereiten. Sie wissen ja gar nicht, Don Esteban, was für eine gute Küche wir haben. Ihr Spanier glaubt immer, dass wir Kolumbianer etwas wild und ungeschliffen sind. Da hast du recht, Liliana, ihr habt keinen guten Ruf bei den Provinzlern von Olba, aber die schreckt auch alles, was sie nicht selbst haben entstehen sehen und auch vergehen sehen wollen. Hinzu kommt, was Zeitungen, Radio und Fernsehen bringen – nicht gerade hilfreich für eine positive Meinungsbildung: die Guerilla, die FARC, paramilitärische Trupps und Drogenklans, das Kartell von Cali und das von Medellín, die Waffenschieber, der Handel mit diesem und jenem, das Rauschgift, das in einer Fracht Ananas verschoben wird, in Konservendosen, in Holzbalken, Koks, der Kinderkleidchen und Ballettschuhe verseucht. Ja, da haben Sie recht, Don Esteban, aber wir Kolumbianer sind nicht alle so, wir sind nicht alle Guerilleros oder Drogenhändler. Gibt es etwa keine Diebe, Mörder, Dealer und Terroristen

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