Amanda Jaffe 01 - Die Hand des Dr Cardoni
ausgesehen, als könnten Sie ganz gut auf sich selber aufpassen.«
»Trotzdem danke.«
»Wir kleinen Assistenzärzte müssen doch zusammenhalten!« Fiori sah auf die Uhr an der Wand. »Oje, ich muss mich beeilen, sonst verpasse ich mein Date mit einer Fettgeschwulst in der Onkologie.«
Mit energischen Schritten ging der attraktive Assistenzarzt den Korridor hinunter. Justine Castle sah ihm nach, bis er um eine Ecke verschwand.
4
Martin Breachs sandfarbenes Haar wurde bereits schütter, seine hellbraunen Augen waren wässerig, und er hatte die blasse Haut eines Menschen, der tagsüber selten nach draußen ging. Außerdem hatte er einen entsetzlichen Geschmack, was seine Kleidung betraf. Er trug orangefarbene oder grüne Hosen zu grellen Jacketts und schrillen, altmodisch breiten Krawatten. Sein Aufzug machte ihn zu einer Witzfigur, aber Breach war das gleichgültig. Ehe seine Feinde begriffen, dass sie ihn unterschätzt hatten, waren sie oft bereits tot.
Breach hatte ganz unten als Knochenbrecher für Benny Dee angefangen, aber er war zu intelligent, um lange Knochenbrecher zu bleiben. Jetzt leitete Martin Breach die erfolgreichste und skrupelloseste kriminelle Organisation im pazifischen Nordwesten. Und Benny Dee war unauffindbar. Martins rechte Hand, Art Prochaska, war ein Riese mit dicken Lippen, einer breiten Nase und bleistiftdünnen Augenbrauen. Es ging das Gerücht, dass er während seiner Zeit als Geldeintreiber für die Firma seinen Kopf so effektiv als Betäubungswaffe eingesetzt hatte wie einen Elektroschocker. Prochaska hatte nichts von Breachs Grips, aber er teilte seine Neigung zur Gewalt. Als Martin auf der Leiter des Verbrechens in die Höhe stieg, nahm er den einzigen Menschen auf der Welt mit, dem er traute.
Prochaska humpelte durch die Tür von Breachs Büro im hinteren Teil des Jungle Club und setzte sich in den Sessel vor dem Schreibtisch seines Chefs. Er hatte sich verletzt, als er, um Clifford Grants Auto auszuweichen, auf dem Flugplatz zur Seite gehechtet und hart auf den Asphalt geknallt war. Das Büro war winzig, die Einrichtung schäbig und aus zweiter Hand. Fotos nackter Frauen und der Kalender einer Motorölfirma zierten die papierdünnen Wände. Schrille Musik aus dem Striptease-Club machte die Verständigung schwierig. Breach wollte, dass der Club heruntergekommen aussah, damit das Finanzamt nicht mitbekam, wie viel Geld tatsächlich durch ihn hindurchfloss.
»Und?«, fragte Breach.
»Grant ist verschwunden. Wir haben seine Wohnung und das Krankenhaus überprüft. Seit er bei der Razzia verduftet ist, hat ihn kein Mensch mehr gesehen.«
Breach war sehr still. Auf jemanden, der ihn nicht kannte, wirkte er entspannt, doch Prochaska wusste, dass sich in ihm eine gigantische Wut zusammenbraute.
»Das ist schlecht, Arty. Eine Viertelmillion Dollar ist weg, mein Profit ist weg, und mein Ruf ist angekratzt, und das alles wegen diesem Quacksalber.«
»Wenn er nicht mit dem Herzen abgehauen wäre, dann wären wir verhaftet worden.«
Breach starrte den Riesen so lange an, bis der schließlich den Blick senkte.
»Wo ist er?«
»Das weiß kein Mensch. Eugene und ich haben seine Wohnung durchsucht. Wir haben rein gar nichts gefunden. Ich hatte das Gefühl, dass schon jemand vor uns da gewesen war, aber ich bin mir nicht sicher.«
»Die Bullen?«
»Nein, die Wohnung war zu ordentlich.«
»Der Partner?«
»Vielleicht.«
»Wer ist es, Arty?«
Prochaska antwortete zögernd. Er hasste es, Breach schlechte Nachrichten zu überbringen. »Ich habe da eine mögliche Spur. Mein Kontakt bei der Telefongesellschaft hat mir Grants Gesprächsdaten gegeben. Er hat ein paar Mal eine Nummer in den West Hills angerufen. Der Anschluss gehört einem Dr. Vincent Cardoni.«
»Ist er ein Chirurg?«
»Ja, und er arbeitet im St. Francis Medical Center.«
Breach kniff die Augen zusammen. Clifford Grant hatte Belegbetten im St. Francis.
»Grants Nachbarin sagte, er hat nicht viel Besuch bekommen, aber sie hat eine Frau bei ihm gesehen und einen Mann, vielleicht zwei Männer. Die Frau muss ein Klasseweib gewesen sein, und die Nachbarin hat Grant deswegen aufgezogen. Sie sagt, er ist total nervös geworden. Und hat behauptet, sie sei eine Kollegin namens Justine Castle.«
»Und?«
»Sie ist Ärztin, Martin, ein Chirurgin, und das ist noch nicht alles. Castle ist mit Vincent Cardoni verheiratet.«
Breach überlegte eine Weile, während Prochaska nervös in seinem Sessel hin und her rutschte.
»Glaubst
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