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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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war von Sonne und Wind so gebräunt worden, daß sein Hautton noch dunkler war als der seines ägyptischen Freundes, und sein Gesichtsausdruck war genauso ausdruckslos wie immer. Er verbeugte sich vor mir und gab mir pflichtschuldig einen Kuß auf die Wange.
    »Guten Tag, Mutter. Du siehst gut aus.«
    »Das kann ich von dir nicht sagen«, erwiderte ich. »Dieser Schnurrbart …«
    »Nicht jetzt, Peabody«, unterbrach Emerson. »Gütiger Himmel, das ist doch ein Grund zum Feiern. Wichtig ist schließlich, daß sie beide wohlbehalten und gesund zurückgekehrt sind.«
    »Und verflucht spät«, meinte Nefret, während sie sich in dem Sessel niederließ, den David ihr zurechtrückte. Einer der Kellner gab ihr ihren Hut, den sie sich achtlos auf ihren Kopf stülpte. »Habt ihr den früheren Zug verpaßt?«
    »Nein, eigentlich nicht«, entgegnete David. Er beherrschte die englische Sprache mittlerweile fast genauso fehlerfrei wie ich; nur wenn er aufgeregt war, schlich sich der leichte arabische Akzent seiner Muttersprache ein. »Dem Professor und Tante Amelia werden aber vielleicht trotzdem Beschwerden von einigen der Mitreisenden zu Ohren kommen. Der Stamm gab uns einen standesgemäßen Abschied, indem er neben dem Zug hergaloppierte und ein paar Gewehrsalven losfeuerte. Die anderen Passagiere unseres Abteils ließen sich schutzsuchend zu Boden fallen, und eine der Damen wurde hysterisch.«
    Nefrets Augen blitzten vor Vergnügen. »Ich wünschte, ich wäre dabeigewesen. Es ist so verdammt – Entschuldigung, Tante Amelia – es ist so ungerecht! Wäre ich ein Junge, hätte ich mit euch gehen können. Ich nehme allerdings an, daß es mir keinen Spaß gemacht hätte, sechs Monate als Beduinenfrau zu verbringen.«
    »Du hättest es nicht als so schrecklich empfunden, wie du vielleicht denkst«, sagte David. »Ich war überrascht, wieviel Freiheit den Frauen des Stammes zugestanden wird. In ihrem eigenen Lager gehen sie nicht verschleiert, und sie vertreten ihre Meinungen mit einer Härte, die Tante Amelia begrüßen würde. Obwohl sie vielleicht nicht die Art akzeptierte, wie junge, unverheiratete Mädchen ihr Interesse an …« Mit einem irritierten Seitenblick auf Ramses brach er abrupt ab. Dessen Gesichtsausdruck war so ungerührt wie immer, aber es war unschwer erkennbar, daß er David signalisiert hatte – ihm vielleicht unter dem Tisch einen Fußtritt versetzt hatte –, daß er diesen Satz nicht beenden sollte.
    »Gut, gut«, sagte Emerson. »Also, warum habt ihr euch verspätet?«
    »Wir waren noch bei ›Meyer und Söhne‹ im Muski-Viertel«, erklärte Ramses. »David brauchte einen neuen Anzug.«
    David lächelte selbstbewußt. »Um ehrlich zu sein, Tante Amelia, keiner von uns beiden besitzt noch irgend etwas Vernünftiges zum Anziehen. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, indem ich unpassend gekleidet hier auftauche.«
    »Hmhm«, sagte ich und betrachtete meinen Sohn, der mich ungerührt ansah.
    »Als wenn das einem von uns etwas ausmachte!« rief Nefret. »Uns wegen so etwas Blödem hier stundenlang warten zu lassen, bis wir nervös wurden und uns Sorgen machten!«
    »Wart ihr?« fragte Ramses.
    »Nervös und besorgt? Ich nicht! Aber der Professor und Tante Amelia …« Doch dann verwandelte sich ihr zorniger Gesichtsausdruck in ein bezauberndes Lächeln. Mit der ihr eigenen anmutigen und spontanen Fröhlichkeit streckte sie den beiden Burschen ihre Hände entgegen. »Wenn ihr es wissen wollt, ihr habt mir entsetzlich gefehlt. Und nun sehe ich, daß ich auch noch Anstandsdame spielen muß. Ihr seid beide so groß und stattlich, daß euch alle kleinen Mädchen schöne Augen machen werden.«
    Ramses, der ihre Hand umschlossen hielt, ließ diese so abrupt los, als hätte er sich verbrannt. » Kleine Mädchen?«
    Wie so häufig, werter Leser, ist ein kleiner, scheinbar unbedeutender Vorfall der Auslöser einer Reihe von Ereignissen, die sich unerbittlich in einem tragischen Höhepunkt zuspitzen! Wenn Ramses nicht in diesem verrückten Aufzug aufgetaucht wäre; wenn Nefrets impulsive Begrüßung nicht alle Aufmerksamkeit auf sie gelenkt hätte; wenn Ramses seine Stimme nicht zu einem zutiefst entrüsteten Aufschrei erhoben hätte … Die sich daraus ergebenden Konsequenzen zogen uns in einen der verblüffendsten und bizarrsten Kriminalfälle hinein, die wir jemals aufgedeckt hatten.
    Andererseits ist es durchaus möglich, daß das gleiche ohnehin eingetreten wäre.
    Ramses fand wieder zu seiner

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