Amerika
nicht nur Schmerzen machen, sondern als habe er mit
diesem in seinem Besitz befindlichen Arm ein besonderes Ziel, das noch lange nicht erreicht sei.
Therese brauchte einige Zeit, um sich der Umarmung des
Oberportiers zu entwinden, und wollte sich gerade beim
Oberkellner, der sich noch immer von dem sehr umständlichen Beß erzählen ließ, für Karl einsetzen, als die Oberköchin mit raschem Schritte eintrat.
»Gott sei Dank!« rief Therese und man hörte einen
Augenblick lang im Zimmer nichts als diese lauten Worte. Gleich sprang der Oberkellner auf und schob Beß zur Seite.
»Sie kommen also selbst, Frau Oberköchin? Wegen dieser
Kleinigkeit? Nach unserem Telephongespräch konnte ich es ja ahnen, aber geglaubt habe ich es eigentlich doch nicht. Und dabei wird die Sache Ihres Schützlings immerfort ärger. Ich fürchte, ich werde ihn tatsächlich nicht entlassen, aber dafür einsperren lassen müssen. Hören Sie selbst.« Und er winkte Beß herbei.
»Ich möchte zuerst ein paar Worte mit dem Roßmann reden«, sagte die Oberköchin und setzte sich auf einen Sessel, da sie der Oberkellner hierzu nötigte.
»Karl, bitte, komm näher«, sagte sie dann. Karl folgte oder wurde vielmehr vom Oberportier näher geschleppt.
»Lassen Sie ihn doch los«, sagte die Oberköchin ärgerlich, »er ist doch kein Raubmörder!« Der Oberportier ließ ihn tatsächlich los, drückte aber vorher noch einmal so stark, daß ihm selbst vor Anstrengung die Tränen in die Augen traten.
»Karl«, sagte die Oberköchin, legte die Hände ruhig in den Schoß und sah Karl mit geneigtem Kopfe an – es war gar nicht wie ein Verhör – »vor allem will ich dir sagen, daß ich noch vollständiges Vertrauen zu dir habe. Auch der Herr Oberkellner ist ein gerechter Mann, dafür bürge ich. Wir beide wollen dich im Grunde gerne hier behalten« – sie sah hiebei flüchtig zum Oberkellner hinüber, als wolle sie bitten, ihr nicht ins Wort zu fallen. Es geschah auch nicht. »Vergiß also, was man dir bis jetzt vielleicht hier gesagt hat. Vor allem, was dir vielleicht der Herr Oberportier gesagt hat, mußt du nicht besonders schwer
nehmen. Er ist zwar ein aufgeregter Mann, was bei seinem
Dienst kein Wunder ist, aber er hat auch Frau und Kinder und weiß, daß man einen Jungen, der nur auf sich angewiesen ist, nicht unnötig plagen muß, sondern daß das schon die übrige Welt genügend besorgt.«
Es war ganz still im Zimmer. Der Oberportier sah, Erklärungen fordernd, auf den Oberkellner, dieser sah auf die Oberköchin und schüttelte den Kopf. Der Liftjunge Beß grinste recht sinnlos hinter dem Rücken des Oberkellners. Therese schluchzte vor Freude und Leid in sich hinein und hatte alle Mühe, es
niemanden hören zu lassen.
Karl aber blickte, obwohl das nur als schlechtes Zeichen
aufgefaßt werden konnte, nicht auf die Oberköchin, die gewiß nach seinem Blick verlangte, sondern vor sich auf den Fußboden.
In seinem Arm zuckte der Schmerz nach allen Richtungen, das Hemd klebte an den Striemen fest, und er hätte eigentlich den Rock ausziehen und die Sache besehen sollen. Was die
Oberköchin sagte, war natürlich sehr freundlich gemeint, aber unglücklicherweise schien es ihm, als müsse es gerade durch das Verhalten der Oberköchin zutage treten, daß er keine
Freundlichkeit verdiene, daß er die Wohltaten der Oberköchin zwei Monate unverdient genossen habe, ja, daß er nichts
anderes verdiene, als unter die Hände des Oberportiers zu kommen.
»Ich sage das«, fuhr die Oberköchin fort, »damit du jetzt unbeirrt antwortest, was du übrigens wahrscheinlich auch sonst getan hättest, wie ich dich zu kennen glaube.«
»Darf ich, bitte, inzwischen den Arzt holen, der Mann könnte nämlich inzwischen verbluten«, mischte sich plötzlich der Liftjunge Beß sehr höflich, aber sehr störend ein.
»Geh«, sagte der Oberkellner zu Beß, der gleich davonlief.
Und dann zur Oberköchin: »Die Sache ist die. Der Oberportier hat den Jungen da nicht zum Spaß festgehalten. Unten, im
Schlafsaal der Liftjungen, ist nämlich in einem Bett sorgfältig zugedeckt ein wildfremder, schwer betrunkener Mann
aufgefunden worden. Man hat ihn natürlich geweckt und wollte ihn wegschaffen. Da hat dieser Mann aber einen großen Radau zu machen angefangen, immer wieder herumgeschrien, der
Schlafsaal gehöre dem Karl Roßmann, dessen Gast er sei, der ihn hergebracht habe und der jeden bestrafen werde, der ihn anzurühren wagen würde. Im übrigen müsse er
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