Heimlich Fee 2: Wie wir den Dieb im Schlafanzug verfolgten (German Edition)
Wenn man neun Jahre alt ist und auf ein Feeninternat geht, bleibt im Gehirn nicht mehr viel Platz für andere Dinge. Das weiß ich seit Kurzem ganz genau. Damit ihr das auch wisst, fasse ich hier noch einmal zusammen, was so alles passiert ist. Denn sonst versteht ihr nicht, wie es zu den komplizierten Verwicklungen kommen konnte.
Ich heiße Amanda und war ein normales Mädchen, als die Sache ins Rollen kam. Na ja, fast normal. Denn mein Vater Zacharias Birnbaum ist ein etwas verrückter Erfinder und meine Mutter Jorinde Birnbaum fotografiert Topmodels in aller Welt. Die beiden lieben sich zwar, können aber nicht zusammen in einem Haus leben. Deshalb wohne ich bei meinem Vater auf der einen Seite des Sees und meine Mutter auf der anderen. Sie hat dort eine gemütliche kleine Dachwohnung. An Wochentagen bin ich aber bei keinem der beiden, da bin ich im Internat. Bis hier alles klar?
Das Internat heißt Haus Lindenhof. Dort war ich übelstgenial glücklich, was an Emma lag. Das ist meine beste Freundin. Mit ihr kann man nicht nur Pferde stehlen, sondern auch Elefanten. Habt ihr auch so eine Freundin? Mit der man an langweiligen Nachmittagen Blaubeerpfannkuchen backen kann? Und die nicht nach Hause muss, wenn’s ans Aufräumen geht? Dann ahnt ihr ja, wie schlimm es für mich war, als Emma nach Neuseeland zog. Neuseeland ist am anderen Ende der Welt. Das sag ich nicht nur so, das stimmt wirklich. Wenn hier Tag ist, schläft Emma. Weihnachten feiert sie im Bikini.
Wo war ich stehen geblieben?
Ach ja! Ich wollte von den Verwicklungen erzählen. An meinem neunten Geburtstag war Emma natürlich nicht da. Nur meine oberätzende neue Zimmernachbarin Jill. Die ärgert mich sowieso immer und hetzt ihren Zwillingsbruder Justin gegen mich auf. Der ist der letzte lebende Höhlenmensch. Die beiden haben die ganze Klasse im Griff, denn ihr Vater ist entsetzlich reich. Die vier Pferde im Stall des Lindenhofs gehören ihm. Zu meiner Geburtstagsfeier hatte ich zwei nette Mädchen eingeladen: Laura und Anne. Und ratet mal, was Jill gemacht hat.
„Natürlich könnt ihr zu Amandas Geburtstag gehen“, hat Jill ihnen wie eine Speikobra zugezischt. „Aber dann fällt Reiten für euch flach!“
Also blieben sie weg. Auch mein Vater musste ausgerechnet an diesem Tag irgendwas „unglaublich Wichtiges“ austüfteln. Meine Mutter konnte ihre lebenden Kleiderständer in Rom nicht warten lassen. Wer war also bei meiner Party? Nur ich, die Torte und die kugelrunde Köchin vom Lindenhof, die dieses Meisterwerk für mich gebacken hatte.
Am liebsten hätte ich mich ohne Rettungsring ins Klo gestürzt. Aber dann fand ich ein kleines Paket auf meinem Gabentisch. Das Papier war rau und unbedruckt. An dem Band hingen frische Blumen und kantige bunte Steine. Der Inhalt war nicht weniger merkwürdig: eine Kette mit einem langen Schneckenhaus als Amulett – dachte ich jedenfalls. Später stellte sich dann heraus, dass es in Wahrheit …
Aber der Reihe nach. Ich saß also in meinem Zimmer, hatte eine Stinkwut auf meine bescheuerten Eltern und sah mir die Kette an. Und was macht man mit einer Kette? Richtig geraten: Ich legte sie mir um den Hals. Am nächsten Tag hatte ich sie immer noch an, als ich zu unserem Klassenzimmer geschlurft bin. Vor dem großen Spiegel im Gang bin ich stehen geblieben. Das ist so ein altes Ding, etwa zwei Meter hoch, einen Meter breit. Auf dem silbernen Holzrahmen ist links und rechts je ein dürrer Baum, um den sich eine Schlange windet. Und ganz oben sitzt ein Uhu. Man hat immer das Gefühl, die Viecher starren einen an. Deshalb habe ich mir lieber etwas Schöneres angeguckt: mich. Ein cooles Mädchen mit halblangen braunen Haaren und zehntausend Sommersprossen. Mit einer sagenhaften Jeans, aber ohne eine einzige Schulfreundin.
Da ist es dann passiert. Das Amulett in meiner Hand glühte auf. Plötzlich ringelten sich die beiden Schlangen aus dem Rahmen heraus! Jede von ihnen packte eins meiner Handgelenke und schlängelte sich am Arm nach oben. Mein Herz begann zu rasen. Verblüfft sah ich, wie mein Spiegelbild verschwamm. Meine Nase glitt durch den Spiegel hindurch wie durch Wasser. Und dann hauchte eine Stimme: „Tritt ein!“
Und wusch! war ich in der Feenwelt!
Wie es da aussieht, erzähle ich euch später. Jedenfalls gibt es da ein Feeninternat. Nur alle hundertvierundvierzig Jahre nehmen sie dort ein Menschenkind auf. Ich war in der engeren Auswahl. Und weil ich am Ende des Tages ein ausgebüxtes Einhorn
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