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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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überwechseln.«
    Davies schüttelte den Kopf. »Ach, verfluchter Mist noch mal«, murrte er gedämpft. Allem Anschein nach fühlte er sich mit einem Mal verunsichert. Er wirkte, als ob alles, was Morn, Angus und Min Donner taten, seine Zweifel unausweichlich verstärkten. Er betrachtete die Schußwaffe in seiner Faust, verzog das Gesicht und schob sie in die Tasche. »Wieso hast du’s nicht sofort einfach befohlen? Wozu mußten wir uns das ganze, lange Gequassel anhören?«
    Morn beachtete sein Genörgel nicht. Sie hatte das Kommando, und zwar unmißverständlicher als je zuvor. Sie mußte an ihre Pflichten denken.
    »Überwechseln in die Tach einleiten, Steuermann«, befahl sie in der Gewißheit, daß er ihr gehorchte. »Datensysteme-Offizierin, warnen Sie die Besatzung vor, daß wir die Bordrotation beenden.« Im Umkreis der Erde herrschte im allgemeinen zu starker Raumschiffsverkehr, als daß man es auf Navigationsfehler und mangelndes Manövriervermögen hätte ankommen lassen können.
    »Funkoffizierin«, fügte sie einen Moment später hinzu, »bereiten Sie Vector Shaheeds Funksendung zur unverzüglichen Abstrahlung vor. Ich wünsche, daß wir senden, sobald wir in die Tard zurückgestürzt sind.«
    Min Donners Brauen rutschten empor. »An Ihrer Stelle täte ich das nicht«, merkte sie rasch an.
    Angus schnaubte. »Das glaub ich gern.«
    »Warum nicht?« fragte Morn.
    Freudlos lächelte die OA-Direktorin ihr zu. »Ich bin der Meinung, man soll sich vorher überlegen, was man macht. Sie wissen nicht, welche Situation Sie vorfinden. Ich wenigstens weiß es nicht, zum Teufel. Woher könnten Sie’s wissen? Es dürfte nicht schaden, erst einmal den Umraum zu scannen und auf den Funkverkehr zu lauschen, bevor Sie Ehre Absicht ausführen.«
    »Ach ja, wunderbar«, höhnte Angus. »Dann können Sie noch auf irgend etwas hoffen, das es verhindert.«
    Doch Morn zögerte nicht. »Also gut.« Sie war der Überzeugung, daß Min Donner auf geheime, unausgesprochene Weise auf ihrer Seite stand. »Funkoffizierin, warten Sie bis auf weiteres mit der Ausstrahlung.«
    Nachdem die Datensysteme-Offizierin – ihr Name war Bydell – die Besatzung über den bevorstehenden Fortfall der Gravitation informiert hatte, veranlaßte Morn per Tastendruck die Einstellung der Bordrotation. Indem Hydrauliken langsam die Umdrehung des Innenrumpfs zum Halten brachten, schwand die Bordschwerkraft. Abgesehen vom gedämpften Fauchen der Pumpen und Servomotoren hätte der Vorgang lautlos ablaufen müssen. Diesmal jedoch war es anders. Kurz zitterte ein leises, häßliches Schabgeräusch durch die Schotts. Die Rotation endete mit einem spürbaren Ruck.
    Die Drallverschiebung der Rächer verschlimmerte sich.
    Min Donner und Kapitänhauptmann Ubikwe nahmen auf Reservesitzen längs der Steuerbrückenwandung Platz und schnallten sich an. Davies folgte ihrem Beispiel. Mikka warf Ciro flüchtig einen trübseligen Blick zu, dann stieß sie sich mit dem Fuß ab, schwebte zu ihm, packte ihn am Arm und drückte ihn in einen G-Andrucksessel. Er nickte nur, während sie auf ihn einredete und den Gurt schloß; danach suchte auch sie sich einen Sitz.
    Als einziger blieb Angus stehen. Mit der Kraft eines Cyborgs an die Kommandokonsole geklammert, harrte er auf der Stelle aus, beobachtete die Sichtschirme und das schnelle Abrollen der Anzeigen. Seine Haltung bezeugte Kraft und Erwartung, als bewachte er Morn; oder als wäre er vor ihr auf der Hut.
    »Interspatium-Durchquerung in fünfzehn Sekunden«, meldete Patrice.
    »Noch fünfzehn Sekunden bis zur Erde«, murmelte Davies. »Falls wir dort überhaupt ankommen.«
    Zehn Sekunden.
    Unwillkürlich hielt Morn den Atem an. Während des unermeßlichen Augenblicks, in dem das Hyperfeld sie versetzte, konnte sie nichts empfinden; niemand fühlte je etwas im Hyperspatium. Die Diskontinuität, die den Makel des Hyperspatium-Syndroms in ihrem Gehirn aufgedeckt hatte, vollzog sich im Reich einer Physik, die die menschlichen Sinne nicht wahrnahmen. Und trotzdem ging es den meisten Menschen so wie jetzt ihr: Ihnen stockte der Atem, oder sie verkrampften sich auf andere Weise. Nerven und Ganglien reagierten mit nahezu zellulärer Furcht – einem Grausen, das durchaus dem genetischen Abscheu der Menschheit vor den Amnion ähnelte – auf die Aussicht, ohne Übergang von einem an einen anderen, Milliarden vom Kilometern entfernten Ort versetzt zu werden.
    Fünf Sekunden.
    Mit halblauter Stimme gaben Steuermann,

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