Amnion 5: Heute sterben alle Götter
mit den Quellcodes so etwas anstellen mit einer Ausnahme: Nathan Alt.«
Der VMKP-Polizeipräsident nickte vor sich hin. Obwohl Hashi keinen Trick scheute, um ihm eine Reaktion zu entlocken, zeigte Dios noch immer keinerlei Anzeichen der Überraschung. Dennoch’ deutete die Entkrampfung der Muskeln rings um seine Augen Gefühlsregungen an, über die sich Lebwohl mehr freute als über jede noch so große Verblüffung: Erleichterung, Genugtuung.
»Gut gemacht, Hashi«, sagte er; zwar leise, aber als ob niemand zuhörte. »Daran hätte ich gar nicht gedacht.«
Ein Frohlocken, das auf Stolz hinauslief, schwoll in Hashis Brust, bis er sich sorgte, ob sein altes Herz dergleichen noch verkraftete. »Einen Moment mal«, ergriff Koina Hannish eilig das Wort. »Sie glauben also, Nathan Alt ist nach seiner von Cleatus Fane behaupteten Entlassung weiter für Fane tätig gewesen. Wie soll er uns in dieser Beziehung anlügen können? Selbst wenn man die Akten frisiert hat, wären nicht unsere Leute – die Programmierer, die mit Alt zu tun hatten – nachzuweisen fähig, daß die Aufzeichnungen falsch sind, Alt nicht vor sechs Wochen gefeuert wurde?«
Hashi Lebwohl gab keine Antwort. Statt dessen überließ er Sicherheitschef Mandich die Klarstellung.
Für einen Moment brütete der OA-Sicherheitschef über seinen bitteren Empfindungen. »Nein«, widersprach er schließlich voller Mißmut. »Leider nicht.«
Warden Dios wußte es so gut wie Hashi Lebwohl. Doch genau wie Hashi ließ er es Mandichs Sache sein, die Angelegenheit zu erklären.
»Wir treffen jede Abwehrmaßnahme, die uns überhaupt einfällt, um diese Arbeit vor Unbefugten zu schützen«, knurrte der Sicherheitschef. »Sie wird ausschließlich mit Teleterminals durch geschützte Verbindungen an bestimmten Computern bei Anodynum verrichtet. Erst muß verbunden werden. Dabei benutzt man Administrationscodes. Dann müssen die Teleterminals den Anforderungen der Systemprotokolle genügen. Dafür liefert die Abteilung DA die Codes. Und als letztes muß der Terminaloperator Zugriff erhalten. Diese Codes steuern wir bei, der OA-Sicherheitsdienst. Es verhält sich nicht bloß so, daß die Ausarbeiter der Codes sich nicht sehen, sie können überhaupt nicht erfahren, wer außer ihnen mit den Codes zu schaffen hat, wer sie verwendet. Alt könnte vor Jahren hinausgeschmissen worden sein oder noch gestern bei der Nanogen AG gearbeitet haben. Für die Programmierteams bestünde gar kein Unterschied.« Unüberhörbar war ihm Unwillen anzumerken. »Durch das Verfahren soll alles besonders gut abgeschirmt sein.«
Doch Koina Hannish gab sich noch nicht zufrieden. »Aber uns so eine dicke Lüge aufzutischen…«, meinte sie. »Nach meiner Ansicht wäre so etwas viel zu gefährlich. Fane müßte doch klar gewesen sein, daß wir ihn ertappen.«
»Ganz im Gegenteil.« Endlich wandte sich Hashi Lebwohl von Warden Dios der RÖA-Direktorin zu. »Aus seiner Sicht muß es unvorstellbar sein, daß wir ihn erwischen. Wie hätte er sich denken sollen, daß sich irgendwo solche Hinweise finden? Es liegt in der Natur der Sache, daß Kaze Beweismaterial vernichten. Er hat wohl kaum befürchtet, daß ein winziges Bruchstück der Id-Plakette übrig bleibt, die Godsen Friks Mörder mitführte, und Lane Harbinger es entdeckt und untersucht. Und bestimmt ist er, so wie es jeder getan hätte, davon ausgegangen, daß Nathan Alts Überreste, nachdem sie in öffentlicher Umgebung dermaßen zerfetzt worden sind, uns keinerlei Anhaltspunkte mehr liefern. Und was sollte nach Alts Tod, dürfte Cleatus Fane sich denken, noch seine Lügen entlarven? Er hat nicht gesehen, daß ich mir Kapitän Alts Legitimationen angeeignet habe.« Der DA-Direktor widerstand dem Drang, sich selbst zu gratulieren. »Er konnt’s nicht. Ich befand mich zwischen ihm und seinem Kaze. Und ich habe sorgsam darauf geachtet, ihm zu verheimlichen, was mir gelungen war…«
Während er sich durch die Reihen in Panik verfallener Konzilsdelegierter und ihrer Untergebenen drängte, hatte sich Hashi etliche Blutergüsse zugezogen. Seine schmale Gestalt war solche Zumutungen nicht gewöhnt.
»Und schließlich müssen Sie berücksichtigen«, sagte er zu Koina Hannish, »Cleatus Fane hat nicht damit gerechnet, daß jemand seinen Kaze erkennt. Er hatte vor, ihm das Zeichen zur Freisetzung des als Zünder vorgesehenen Koenzyms zu geben, sobald sich Alt in näherer Umgebung aufhielt, aber keine Gefahr für Fanes Person bedeutete. Falls die
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