Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
wandte sich Dios an die Techniker.
    Alle vier standen auf. Ein Zeichen des Respekts? Dios bezweifelte es. Sie emanierten zuviel Furcht. Vielmehr wären sie wohl am liebsten sofort hinausgerannt…
    Sie verrichteten ihre Tätigkeit an Computerkonsolen, die in der vorderen Hälfte des Saals in einer Reihe standen; wahrscheinlich hatte der BS-Angehörige ihnen befohlen, nebeneinander Platz zu nehmen, damit sie sich leichter bewachen ließen. Warden Dios ging auf sie zu, senkte unterwegs den Gewehrlauf, um das Maß der Einschüchterung zu mindern. Ihm war der Anblick ihrer Furcht zuwider. Ursprünglich war er Polizist geworden, um die Vielfalt der Gefahren, die für die Menschheit existierten, zu verringern, nicht weil es ihm Spaß gemacht hätte, mehr oder weniger unschuldige Zivilisten zu Tode zu erschrecken. Aber er konnte der Lage dieser Techniker nicht abhelfen, ehe sie sich dazu bereiterklärten, ihn zu unterstützen.
    Einer von ihnen überraschte ihn vollkommen: Er trat ihm entgegen. Eigentlich noch ein junger Bursche, bestimmt unter zwanzig. Er hatte derartig helles Blondhaar, daß es fast unsichtbar war: Verschwitzte Stellen seiner Kopfhaut zeigten sich darunter so dunkel, als wären sie Schmutzflecken. Seine Augen starrten weitaufgerissen geradeaus, als wäre er durch Hysterie erblindet.
    Auf der Ausweiskarte an seiner Montur stand der Name Servil.
    Aus der Tasche zückte er eine Projektil-Faustfeuerwaffe und zielte damit auf Dios’ Brustkorb.
    »Es tut mir leid, Polizeipräsident.« Seine Stimme zitterte; die Hand hingegen nicht. »Ich kann nicht zulassen, daß Sie unsere Arbeit unterbrechen. Wir müssen sie beenden.«
    Warden Dios blieb stehen. Die Natur der Furcht, die der junge Mann verspürte, war von ihm völlig mißverstanden worden. Es mochte sein, daß für die anderen Techniker ein Aufpasser erforderlich gewesen war, damit sie nicht abhauten. Bei diesem Jungen war es überflüssig: Er war noch jung genug, um an Holt Fasners Rechtschaffenheit zu glauben – ungefähr im gleichen Alter wie damals Warden Dios, als er unter den Einfluß des Drachen geriet.
    Er hätte Servil mühelos unschädlich machen können. Sobald der junge Mann die Waffe herausholte, sprangen die übrigen Techniker in Deckung, duckten sich hinter Computerkonsolen, flitzten gebückt zwischen den Reihen der Arbeitsplätze zum Ausgang. Das lenkte ihn ab, die Mündung der Schußwaffe wies an Dios vorbei, während Servil unwillkürlich einen Moment lang überlegte, wie er seine Kollegen aufhalten könnte; es wäre eine Kleinigkeit für Dios gewesen, ihm die Waffe zu entwinden.
    Aber Warden Dios regte sich nicht. Er hob nicht einmal zur Selbstverteidigung das Impacter-Gewehr. Er brauchte den Jungen. Und ihm war vollauf klar, daß er mit Druck nichts bei ihm erreichte. Niemand hätte damit ihm, als er in diesem Alter war, irgend etwas abgerungen. Wenn er verläßlichen Rückhalt haben wollte, mußte er Servil für sich gewinnen; Holt Fasners Bann brechen.
    Als er einsah, daß er seine Kollegen unmöglich zum Bleiben bewegen konnte, ruckte seine Waffe zurück in Dios’ Richtung. Zur Sicherheit umklammerte er sie mit beiden Händen. Höchste Bedrängnis flackerte in seinen Augen, Ausdruck einer dramatischeren Zwangslage, als seine Nerven zu verkraften vermochten.
    Warden Dios ließ das Gewehr auf den Fußboden klappern und streckte die leeren Hände hoch, zeigte sie dem jungen Mann vor. »Ist Holt Fasners Kopiervorgang«, fragte er ruhig, sobald er anhand seiner IR-Sicht sah, daß die Angespanntheit des Technikers ein wenig abebbte, »für Sie so wichtig?«
    Servil zuckte zusammen. Seiner Aura war zu entnehmen, er hatte nicht erwartet, daß Dios wußte, an was er und seine Kollegen gerade arbeiteten.
    »Ist Ihnen überhaupt klar«, hakte Dios sofort nach, »welche Absichten er mit den Daten verfolgt?«
    Der Techniker faßte die Kugelspritze fester. »Das muß mir nicht klar sein.« Das Zittern schien sich seiner Stimme eingefressen zu haben; er konnte es nicht überwinden. »Der Generaldirektor hat das Kopieren angeordnet. Das ist ’n ausreichender Grund.« – Warden Dios senkte die Arme nach den Seiten, so daß die anderen Gewehre ihm von den Schultern rutschten. »Wir wollen uns deswegen nicht streiten.« Mit den Fingerspitzen zog er die Pistolen aus dem Gürtel und ließ auch sie auf den Fußboden fallen. »Sie können wieder an die Arbeit gehen, wenn Sie’s möchten. Ich mache keinen Finger krumm, um Sie daran zu hindern.«

Weitere Kostenlose Bücher