Amnion Omnibus
ein Jammer, daß sie nach wie vor keine Beweise vorlegen konnte.
Aus Erbostheit war die Repräsentantin der KombiMontanStation fast dem Schlaganfall nahe. Punjat Silat stöhnte vor sich hin, als wären seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt worden. Aber niemand ergriff das Wort. Es hatte den Anschein, als fühlten die Mitglieder des Regierungskonzils sich überfordert. Die Mehrheit wartete wohl auf Cleatus Fanes Stellungnahme.
Er mutete ihnen keine überlange Spannung zu. Während er rauhbeinig vor sich hin lachte, winkte er mit der Hand, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Die leichte Schräghaltung seines Kopfes verriet, daß er im Ohr, als er aufstand, die Stimme seines Herrn hörte; dieser Umstand beeinträchtigte jedoch keineswegs seine Fähigkeit, sich an die Versammlung zu wenden.
»Meine liebe Direktorin Hannish, das alles ist doch völlig absurd«, behauptete er mit gespielter Belustigung. Ein Lächeln, das so gezwungen wirkte, als müßte er an sich selbst einen Gewaltakt begehen, bildete Fältchen um seine Augen, doch plötzlich verflog es, als kostete es ihn zuviel Mühe. »Ich gewinne allmählich den Eindruck, daß ich endlich verstehe, was hier vorgeht.
Bitte bezweifeln Sie’s nicht, wenn ich sage, ich bin sicher, daß Sie in gutem Glauben handeln. Ich bin der Überzeugung, daß Sie Ihre Informationen vor uns genauso wiederholen, wie Sie Ihnen gegeben worden sind. Verhielten alle mit Öffentlichkeitsarbeit betrauten Verantwortlichen sich so, wäre die Welt besser. Aber Sie verfügen – berichtigen Sie mich, falls ich mich irre, Direktorin Hannish – auch über keine Aufzeichnung dieser Anweisung. Generaldirektor Fasner soll angeblich das Geheimhalten eines wirksamen Antimutagens angeordnet haben. Er hat angeblich befohlen, Kapitän Thermopyle eines gar nicht von ihm begangenen Verbrechens zu beschuldigen, um im Regierungskonzil das Autorisierungsgesetz durchzudrücken. Nur können Sie dafür keine Beweise anführen.“
»Das ist nicht ganz richtig«, unterbrach Koina ihn rasch. »Ich bin befugt worden, dem Sonderbevollmächtigten Igensard die DA-Buchhaltung zur Einsichtnahme freizugeben. Seine Buchprüfer können darin an Stellvertretenden Sicherheitsdienstchef Taverner geleistete Zahlungen feststellen.« Gönnerhaft winkte Cleatus Fane ab. »Wie bewundernswert, ja wirklich.« Unvermittelt ersetzte Sarkasmus seine falsche Heiterkeit. »Sehr entgegenkommend.
Aber die bloße Tatsache geleisteter Zahlungen beweist überhaupt nichts. Sie besagen nicht, wofür sie getätigt wurden. Und in dieser entscheidenden Hinsicht geben Sie nur wieder, was Warden Dios Ihnen erzählt hat.« Nun wandte er sich von ihr ab und an die Zuhörer.
»Verehrte Konzilsmitglieder, Konzilsvorsitzender Len, es ist doch alles leicht durchschaubar, oder nicht? Koina Hannish erhebt in Warden Dios’ Auftrag Anschuldigungen gegen Generaldirektor Fasner. Natürlich glauben wir ihr. Wir kennen keinen Anlaß, um an ihrer Ehrlichkeit zu zweifeln. Und wir sind alle gehörig erschrocken.« Mit einem Mal hob er die Faust. »Aber bedenken Sie die Informationsquelle. Beachten Sie, was Direktorin Hannish uns vorhin geschildert hat. Warden Dios sucht Milos Taverner als ›Kontrolleur‹ des Cyborgs Kapitän Thermopyle aus. Warden Dios weiß, daß Taverner ein ›flexibles Treueverständnis‹ hat – kurzum, ›käuflich‹ ist. Selbstverständlich wußte er’s, weil er ja selbst Taverner bestochen hatte. Und allem zum Trotz guckte er ein und denselben Mann zu dem Zweck aus, einen unifizierten VMKP-Cyborg während einer gefährlichen und überaus heiklen Aktion im Bannkosmos zu überwachen.“
Obwohl sie sich auf einer höchst unsicheren Gratwanderung befand, bereitete es Koina grimmigen Trost, daß Cleatus Fane den von ihr genannten Grund, weshalb man Angus Thermopyle in eine Falle gelockt hatte, nicht in Frage stellte. Er mußte sich auf einen Teil ihrer Darstellung stützen, um den Rest abstreiten zu können.
Er konnte den Drachen nicht in Schutz nehmen, ohne gleichzeitig zu dulden, daß die Glaubwürdigkeit Holt Fasners – des Mannes, der die letzte Verantwortung für die VMKP hatte – angekratzt wurde.
»Oberflächlich betrachtet, verehrte Konzilsmitglieder, Konzilsvorsitzender Len, möchte man darin eine sonderbare Entscheidung sehen. Eine abwegige Wahl. In Wirklichkeit ist sie jedoch vollständig plausibel. Erstens hat er dadurch erreicht, daß wir keine Gelegenheit erhalten, uns Taverners vielleicht ganz aufschlußreiche
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