An die Empoerten dieser Erde
Menschenrechte nicht respektiert, dann hat das auch für unsere Handelsbeziehungen Folgen.Merkwürdigerweise hat nun aber die Europäische Union Israel gegenüber bekundet, dass sie nicht weniger, sondern im Gegenteil den Ausbau der Handelsbeziehungen will. Das stellt eine Verletzung der Verantwortung für die Menschenrechte dar, die die Europäische Union hat. Mit einem Land in Handelsbeziehungen zu treten, das illegale Kolonien unterhält und auf besetztem Boden Unternehmen errichtet, ist etwas, das man nicht annehmen darf.
Ich weiß, dass ich von vielen, auch von Freunden, die sehr von Israel beeinflusst sind, als jemand angesehen werde, der sich zu sehr gegen Israel sträubt. Sie fragen mich dann, warum ich immer wieder Israel kritisiere und nicht mal den Sudan oder Tschetschenien. Ich antworte jeweils, dass das damit zusammenhängt, dass ich in den letzten Jahren viel in Palästina gewesen bin und gefühlt habe, dass man auf Israel Druck ausüben muss. Boykott kann ein Mittel sein, damit das Land endlich versteht, dass seine Politik den Palästinensern gegenüber unmenschlich ist und beanstandet werden muss.
Das kommt natürlich auch in unserem Russell-Tribunal zu Palästina immer wieder zur Sprache. Nächste Woche sitze ich erneut in Kapstadt mit meinen Kollegen aus der Jury des Tribunals zusammen, und gemeinsam werden wir bekunden, dass diese Art und Weise, die Palästinenser zu behandeln, unmenschlich ist und wir etwas dagegen tun müssen.
A.M.: Wer das Privileg hat, in Ihrem Alter noch so fit zu sein, der wird ja von sehr vielen Leuten zutiefst bewundert. Was um alles in der Welt treibt Sie eigentlich jeden Morgen wieder an, von neuem zu intervenieren, teils sehrprovokative Positionen einzunehmen und sich damit mit Sicherheit nicht nur Freunde zu machen? Was bewegt Sie noch?
S.H.: Was mich bewegt, ist, mit solchen Menschen wie Ihnen, Herr Marty, zusammenzusitzen. Menschen, die die richtigen Fragen stellen, sind für mich besonders wichtig. Nicht wahr, man hat immer das Gefühl, dass man schon tausendmal dieselben Sachen gesagt hat. Aber wenn jemand wie Sie die Fragen gut stellt und auch historische Daten liefert, dann ist das immer wieder ein großes Vergnügen für mich. Natürlich bin auch ich nicht frei von Narzissmus, ganz im Gegenteil, nicht wahr? Ich nehme mich natürlich auch als jemanden wahr, den man beklatscht, und das ist doch wunderbar. Aber es ist natürlich auch für meine Bescheidenheit – ich bin ja nicht nur narzisstisch, sondern auch manchmal sehr bescheiden – immer wieder eine Gefahr, das Gefühl zu haben, das ich an Stelle meiner Botschaft anerkannt bin. Es freut mich zudem immer wieder, mit Freunden zusammenzuarbeiten. Nichts ist mir lieber, als mit einem Mann wie Edgar Morin zusammen ein Buch geschrieben zu haben. Dieses Buch ist kürzlich herausgekommen, und wir haben es Le chemin de l’espérance , Wege der Hoffnung genannt. Das ist es, was mich gerade bewegt. Ich bin glücklich, unseren empörten Freunden auf dieser Welt zeigen zu können, dass es einen Weg zur Hoffnung gibt, den wir alle zusammen jetzt beschreiten können!
A.M.: Gut. Ich schlage vor, jetzt zu den spannenden Fragen aus dem Publikum überzugehen. The floor is yours, undSaalmikrophone sind auch da! Wenn ich eine Bitte äußern darf und wenn Sie damit einverstanden sind, so wäre es am interessantesten, wenn Sie Ihre Fragen so kurz und präzise wie nur möglich fassen. Wer möchte gerne die berühmte erste Frage stellen? Bitte schön!
Frage aus dem Publikum: Sie schreiben in Ihrem letzten Buch über gewaltlosen Widerstand. Sie sagen einerseits, es sei unmenschlich, was in Palästina passiert, plädieren aber andererseits für Gewaltlosigkeit. Sie waren ja auch während des Zweiten Weltkrieges ein französischer Widerstandskämpfer. Wo machen Sie jetzt den Unterschied fest mit Blick auf Palästina? Ich darf zu dieser Frage noch hinzufügen, dass ich selber Palästinenser bin.
S.H.: Das ist eine sehr interessante Frage, und sie ist gar nicht so leicht zu beantworten. Keine historische Situation gleicht einer anderen. Was wir damals erlebt haben, nämlich das Urschlimme eines nationalsozialistischen Deutschlands einerseits und das immer noch sehr traurige Kapitel der Regierung Vichy, also des Frankreichs Pétains andererseits, dagegen musste man natürlich kämpfen. Angesichts der Schlagkraft der Wehrmacht und der Gestapo musste man sich auf alle Arten wehren, sogar auf kämpferische und gewaltvolle Art und
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