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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
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und nein, natürlich sind wir nicht geschieden. Man muss verheiratet sein, um sich scheiden zu lassen.«
    »Ach so.« Luke klang enttäuscht. »Jacks Mum hat sich scheiden lassen, und jetzt hat er zwei Wohnungen und zwei Dads und kriegt zwei Weihnachtsgeschenke. Wie das bei der Zahnfee ist, weiß ich aber nicht. Die war gestern Abend da, Lizzies Vorderzahn ist rausgefallen.«
    Jess schlug die Hand vor den Mund. Lizzie hatte ihren zweiten Zahn verloren, und keiner von ihnen war dabei gewesen! Vielleicht war sie selbst beim nächsten Zahn dabei, vielleicht auch Conor, aber sie würden es nicht gemeinsam erleben. Sie würden alle besonderen Momente im Leben der Zwillinge unter sich aufteilen müssen.
    Conor war der fairste Mensch, den sie kannte. Er würde sich nicht mit ihr um das Sorgerecht streiten, oder seine Vorstellung davon, wie oft er die Kinder sehen durfte, um jeden Preis durchsetzen. Sie würde Weihnachten und das Ostereiersuchen bekommen, obwohl er immer auf viel bessere Verstecke kam. Und dafür müsste sie ihm dann etwas zurückgeben. Wochenenden vielleicht und ein paar Wochen in den Sommerferien. Sie lehnte den Kopf ans Treppengeländer und presste sich den Hörer so fest ans Ohr, dass es wehtat. Sie musste einfach etwas anderes spüren als diese Panik, und etwas Besseres als Schmerz fiel ihr gerade nicht ein.
    »Das hat voll geblutet«, erzählte Luke immer noch, »aber es war gar nicht rot, es war braun. Und Lizzie kann die Zunge durch das Loch stecken. Wohnt Daddy wieder bei uns, wenn er aus dem Urlaub zurückkommt?«
    Jess holte tief Luft. »Mal sehen. Aber weißt du was? Am Samstag komme ich und hole euch ab, und dann fahren wir alle mit dem Zug zurück nach Dublin!«
    Sie klang wie Saffy. Ihre Stimme hatte denselben unechten, fröhlichen Klang wie Saffys, wenn sie mit den Zwillingen sprach. »Das wird toll, oder?«
    Luke antwortete nicht. Er war weg. Er hatte den Hörer anscheinend einfach hingelegt. Irgendwo im Hintergrund hörte sie ihn lachen.
    »Luke? Hallo!« Jess sah durch die verschmierte Glasscheibe der Wohnungstür, als wäre er dort draußen im Garten und nicht weit weg in Cork. »Hallo? Hallo?«
    Das Gras war etwa dreißig Zentimeter gewachsen, seitdem Conor das letzte Mal den Rasen gemäht hatte. Dadurch sah der Garten etwas verwildert aus, aber wenigstens konnte man so das ganze Plastikspielzeug nicht mehr sehen, das dort immer herumlag. Es hatte eben alles auch sein Gutes.
    Jess hatte am Bett von Saffys Mutter ein Buch über das Glücklichsein gelesen. Len, der Hippie-Freund, hatte es dort liegen gelassen. Eigentlich war es ganz einfach. In allem auch das Gute sehen. Jeden Abend darüber nachdenken, wofür man dankbar war. Etwas pflanzen. Es pflegen. Freundlich zu Fremden sein. Dreimal pro Woche Sport treiben. Das müsste doch eigentlich zu machen sein. Sollte man meinen.
    Sie lauschte den fernen Stimmen am anderen Ende der Leitung. Ihre Mutter rief den Hund, ihr Vater lachte. Lizzie rief: »Jetzt bin ich dran! Jetzt bin ich dran!«
    »Mum! Dad! Luke! Lizzie!« Jess rief immer lauter, bis sie fast schrie. »Kann mich jemand hören? Ich bin noch dran.« Aber es kam niemand.
    »Die Arme schön hoch und die Hüften etwas nach vorn, Bauch einziehen. Genau! So bleiben!«
    Die Kosmetikerin bewegte die Sprühpistole an Gregs Beinen auf und ab. Er spürte, wie der kühle Sprühnebel an seinen Muskeln entlangglitt. Es fühlte sich gut an. Um genau zu sein, fühlte es sich richtig toll an. Er hatte jede Minute der letzten Tage genossen, sogar die langweiligen. Eine ganze Stunde lang stillzustehen, während der Modellbauer jede einzelne Feder seiner Flügel um einen Millimeter stutzte, vier verschiedene Lendenschurze anzuprobieren, während sich die Frauen aus dem Fundus darüber stritten, in welchem er heißer aussah, zwanzig Minuten zwischen den Takes warten zu müssen, während die ganzen Statistinnen in ihre Ausgangspositionen gebracht wurden – er hatte jeden Moment genossen.
    »Muss ganz schön langweilig sein«, sagte die Kosmetikerin.
    »Nee, eigentlich nicht.« Greg schüttelte den Kopf. Wie sollte ihm langweilig sein, wenn er der wichtigste Mensch am Set war? Sich alle Aufmerksamkeit auf ihn richtete? Alles von ihm abhing?
    Die Kosmetikerin schaltete die Sprühpistole aus, bückte sich und tupfte ihm mit einem Wattebausch einen Fleck aus der Kniekehle. Er betrachtete sich in dem bodentiefen Spiegel hinter ihr, über ihren ziemlich großen, aber wohlgeformten Hintern hinweg. Die vier

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