Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Analog 01

Analog 01

Titel: Analog 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
Vom Netzwerk:
zwar schnell. Er hatte nur das Wochenende zur Verfügung. Samstag und Sonntag. Aber noch nicht einmal Kodex 9 wußte, wo Morissey sich befand. Kull wußte es. Ordway wußte es. Aber die würden Morissey ganz bestimmt nicht mitbringen. Sie würden mit einem gefälschten Gutachten aufwarten, demzufolge der große Erfinder nicht transportfähig war.
    Blieb Faust. Wußte Faust Bescheid? Würde Faust darauf drängen, seinen Erfinder zu suchen, ohne selbst diesbezügliche Schritte zu unternehmen?
    Irgend etwas übersah er. Irgendwo waren in der Unzahl von Spielen und Rätseln, die Faust herstellte, auch noch andere Hinweise versteckt. Straßenkarten? Mit einem X an der entsprechenden Stelle? Ein einfacher Hinweis? Nein, Faust würde keine Entlarvung durch etwas so Offensichtliches riskieren. Universal Patents wartete wahrscheinlich nur auf so etwas. Sie könnten das betreffende Produkt ganz einfach vom Markt nehmen. Nein, etwas viel Subtileres. Sehr viel subtiler.
    Aber wo beginnen? Keine Ahnung. Er mußte sich entspannen, seinem Geist freien Lauf lassen. Vielleicht würde ihm etwas einfallen. Er ging in sein Kunstzimmer, setzte sich direkt vor die „Leinwand“, stülpte die Schädelkappe über den Kopf und begann mit dem Entspannungsprozeß. Er war wirklich besonders erregt, denn es dauerte fast fünf Minuten, bevor er seine Imagination einsetzen konnte. Er hatte das hier schon oft getan, und trotzdem staunte er immer wieder. Gedankenmalerei. Zuerst dachte man an ein Bild, wie etwa van Goghs Straße nach Arles . Die Kappe griff die Alpha-, Beta-, und Gammawellen des cerebralen Kortex auf. Diese wurden dekodiert, passierten einen Scanner und wurden in elektrische Impulse umgewandelt, die die präparierte Leinwand pigmentierten. Nun war die Leinwand mit Millionen und Abermillionen winzigster Farbtupfer übersät, kleinste Fleckchen, die aus noch kleineren Teilfleckchen farbigen Harzes bestanden: Blau, Gelb, Rot plus Schwarz und Weiß, aber alle unter einer Schicht Firnislack verborgen. Die Impulse seines Gehirns beeinflußten diese Fleckchen und bewegten sie so lange, bis die Lackschicht abschmolz und die Farbe auf die Leinwand zauberte. Wenn sich dazu viele tausend anderer Fleckchen gesellten, ergab das Ganze schließlich ein farbiges Bild.
    Aber was sollte er heute gedankenmalen? Er wußte es nicht. Er ließ seinen Gedanken freien Lauf. Er überdachte die Ereignisse des ersten Verhandlungstages. Aber der Gerichtssaal verblaßte schon bald, wurde zuerst verschwommen, dann ganz unkenntlich. Szenen aus seiner Kindheit überlagerten das Bild. Die Frontseite der Jugendherberge. Dort war er schwimmen gegangen. War das das Gesuchte, nach dem er Ausschau hielt? Nein, er würde den Rekorder noch nicht einschalten. Er sah keinen Sinn darin, die weiße Ziegelwand der Jugendherberge in Springfield zu zeichnen. Weiter. Nun tauchte ein anderes Gebäude auf. Wieder mit weißen Steinen gemauert. Er schloß die Augen und entspannte sich total. An diese Struktur erinnerte er sich nicht. Interessant. Im Hintergrund erstreckte sich eine langgezogene, flache Hügelkette. Plötzlich begann sein Herz schneller zu schlagen. Denn da war etwas, an das er sich durchaus erinnern konnte. In dieser Szene ging die Sonne gerade unter, und ihre letzten Strahlen beleuchteten Klippen im Zentrum des Panoramas. Er kannte diese Felsformation. Es war das Antlitz von Stony Man, einer Klippenformation im Shenandoah-Nationalpark in Nordvirginia. In seiner Jugend war er viele Male den steinigen Pfad zum Stony Man hochgeklettert.
    Das Gebäude, das sein Unterbewußtsein ihm zeigen wollte, lag im Shenandoahtal, nicht allzu weit von Washington D.C. entfernt. Er konnte den Standort genau ausmachen.
    Aber – weshalb sollte er sich für dieses Gebäude speziell interessieren?
    Er ließ seinen Verstand zu der weißen Wand zurückwandern. Das Haus hatte zwei Stockwerke und machte einen friedlichen Eindruck. Davor ein grüner Rasen, Blumenbeete. Alles sorgfältig gepflegt. Ein heller Waschbetonweg führte zur Straße und wieder zurück.
    Und plötzlich fielen ihm die Besonderheiten auf. Ein Schild am Eingang sprang ihm in die Augen: „ZUTRITT VERBOTEN“. Auch eine eingehendere Untersuchung der Fenster ergab Merkwürdiges: Sie waren vergittert. Und über dem Gitter waren rechteckige elektrische Anschlüsse zu sehen.
    Warum? Um jemanden im Innern festzuhalten? Um die Öffentlichkeit fernzuhalten? Oder gar beides?
    Nun bemerkte er zum erstenmal noch eine weitere

Weitere Kostenlose Bücher