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Analog 01

Analog 01

Titel: Analog 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
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„Herzleiden? Ja, das ist richtig. Ein Transport wäre sehr risikoreich.“
    Speyer dachte darüber nach. Dann wandte er sich an Kull. „Wissen Sie wirklich alles über Robert Morissey?“
    „Ja, Euer Ehren.“
    „Und er ist tatsächlich so krank, daß er nicht transportfähig ist?“
    „Soweit mir bekannt ist, ja, Euer Ehren.“
    „Dann erbringen Sie ein diesbezügliches medizinisches Gut achten. Andernfalls erwarte ich von Ihnen, daß Sie Mr. Moris sey mitbringen.“
    „Ja, Euer Ehren.“
     
    Später, als Quentin Thomas und Ellen Welles unter dem Vordach des Gerichtsgebäudes standen, beobachteten sie Kull und Ordway in einer hitzigen Diskussion. Wie sie weiter beobachteten, trennten die beiden Männer sich schließlich, und jeder bestieg ein Fahrzeug, das sich bald im Verkehrsstrom verlor.
    Sie wissen beide, daß Robert Morissey bei klarem Verstand und vollkommen gesund ist, dachte Thomas. Herzleiden? Ha! Aber mit den Geldmitteln, die Universal Patents zur Verfügung standen, konnten sie wahrscheinlich fünfzig Ärzte finden, die sich zum Ausstellen eines Gutachtens bestechen ließen. Thomas schnitt eine Grimasse. Er wußte nicht, ob er angeekelt oder belustigt sein sollte. „Gehen wir essen“, sagte er zu Ellen Welles.
     
    „Du solltest sie sehen, Atropos. Vielleicht bringe ich dir am Montag ihr Bild mit. Ich kann dir versichern, mit dieser Maske und den schwarzen Kleidern sieht sie einer Fliege sehr ähnlich. Und da wir gerade davon sprechen, Madame …“
    Der Richter schob mit Hilfe einer Pinzette eine protestierende Fliege durch das Fütterloch des Terrariums. Ihre ersten, panischen Flügelschläge führten sie direkt in das wartende Netz. Atropos, im Zentrum des Netzes, erkannte die Natur ihrer Mahlzeit sofort anhand der elektrischen Ströme, die durch die Seidenfäden flossen. Blitzschnell hangelte sie sich über die Retikel und umspann ihr sich wehrendes Opfer mit einem seidenen Leichentuch. Als das geschehen war, biß sie der Fliege in den Kopf und begann unverzüglich, das sterbende Geschöpf auszusaugen.
    Speyer sah fasziniert zu.
    Plötzlich wurde ein ärgerliches Zischeln und Summen aus den Dutzenden verhüllter Käfige laut, die in den Regalen des Studierzimmers standen. Ein Lächeln huschte über die Züge des Richters. „Ah, meine Kinderchen, ich komme.“ Er ging hinüber zum Brutkasten, in dem er die Fliegen züchtete. „Geduld, meine Lieblinge. Es ist genug für alle da.“
     
    Es war acht Uhr abends, und sie saßen gerade über ihren Kaffeetassen in einem Restaurant in der Nähe des Gerichtsgebäudes.
    „Sie haben noch gar nicht gefragt, wie wir heute nachmittag abgeschnitten haben.“
    „Nein“, sagte Ellen Welles. „Wie haben wir abgeschnitten?“
    „Nicht so gut.“
    Sie erwiderte nichts.
    „Es liegt an den neuen Patentstatuten und dem rechtlichen Gerangel, das sich darum entwickelt hat“, sagte er weiter. „Seit dem Mittelalter gab es nichts Vergleichbares mehr. Die Medici und Borgias würden sich wahrscheinlich bei einer modernen Patentrechtsverhandlung ausgesprochen wohlfühlen.“
    „Gab es denn in diesen Tagen bereits Patente?“
    „Oh, gewiß doch. Natürlich hatten ihre Patente mehr den Charakter von Handelsmonopolen. Sie beinhalteten nicht notwendigerweise Erfindungen. Das kam erst später. Aber im Florenz des Jahres 1450 konnte ein Stadtrat einem bevorzugten Kaufmann beispielsweise das Monopol auf die Herstellung von Schießbaumwolle oder Kerzen oder Brokat geben. Hätte ein anderer danach versucht, in Florenz Kerzen herzustellen, so hätte er das Patent verletzt. Das war ein Verbrechen, für das er hingerichtet werden konnte. In Florenz war die Standardstrafe für Patentverletzungen das Erdrosseln. In Milano wurde mittels Musketen exekutiert, die jeweils verschieden geladen wurden, je nachdem, ob der Täter ein Christ, ein Jude oder ein Moslem war. In Rom wurde vorzugsweise gehängt. Und in Genua schlugen sie dem Täter den Kopf ab.“
    „Und in Venedig?“ fragte sie.
    Plötzlich bereute er seine kleine Geschichtslektion. Irgendwie hatte er sich selbst hineingeritten. „Gift“, sagte er mit Grabesstimme. „In Venedig ließen sie den Täter Gift trinken.“
    Doch sie lächelte ihm unbefangen zu.
    „Kommen Sie“, sagte sie. „Ich fahre Sie nach Hause.“
     
    Spät in der Nacht schritt Quentin Thomas mit auf dem Rücken verschränkten Armen in einem Zimmer seines Apartments auf und ab. Er mußte Morissey finden und in den Zeugenstand beordern. Und

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